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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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das leise Klirren von Glas und das Gurgeln einer Flüssigkeit. Er ging noch näher an die Tür heran und schloß die Augen. Das Kaedoholz roch warm und würzig.
    „Das heißt also: Wenn wir irgend etwas unternehmen wollen, sind wir auf uns allein gestellt“, sagte Mish. „Und zwar ohne Schiffe, ohne Waffen und ohne Unterstützung.“
    Jes fragte sich, welchen Anblick seine Mutter wohl bei diesen Worten bot. Klein, gelassen und schön sieht sie sicher aus, dachte er. Während ihre Augen von einem zum anderen wanderten, blieb ihr Gesicht ausdruckslos – wie die Gestalt auf einem alten, orientalischen Druck. Was das Gesicht seines Vaters anging, so war es sicherlich vor Zorn gerötet, und Kapitän Hetch kratzte seinen kahlen Schädel, als suche er nach nicht vorhandenen Haaren. Es wurde kühler auf dem Korridor.
    „In etwa zehn Tagen?“ sagte Jason.
    „Neuheim-Zeit. Das sind auf Aerie sieben Tage. Tut mir leid, Jase. Ich bin sofort hergekommen, als ich davon erfuhr, aber …“
    „Mach dir nichts daraus, Manny. Mish, wir könnten Cault evakuieren und uns verstecken, bis alles vorbei ist.“
    „Und wann soll das sein? Wenn wir uns verstecken, übernehmen sie den ganzen Planeten. Nein!“
    „Dann hast du vielleicht eine bessere Idee?“ Jasons Stimme klang sarkastisch.
    „Ich weiß nicht, Jase. Aber wir können sie doch nicht einfach einmarschieren und alles übernehmen lassen. Das können wir nicht zulassen.“
    „Ich mag nicht einmal daran denken“, sagte Hetch.
    „Laß uns die Sache überschlafen. Heute abend können wir ohnehin nichts mehr bewirken. Einverstanden, Mish?“
    Jes vernahm eine gemurmelte Zustimmung und eilte leise die Treppe hinauf.
    Als Mish wie üblich in sein Zimmer kam, um nach ihm zu sehen, lag er unter der Decke und tat so, als schliefe er. Sie strich ihm das Haar aus der Stirn und schloß dann die Tür hinter sich. Jes blieb reglos liegen, lauschte dem Schließen der Türen und dem Tappen von Schritten. Als es im Haus still wurde, stand er auf und schaltete eine Lampe an.
    Die Neuigkeiten ängstigten und erregten ihn gleichzeitig. Als Jason die Flüchtlinge nach Aerie gebracht hatte, war er neun gewesen, und die Aufregung, die die Ankunft der Fremden mit sich brachte, hatte in ihm wenig Aufmerksamkeit für ihre Geschichten über die Prozesse und Hinrichtungen erzeugt. Die Sonne Neuheims würde zur Nova werden, soviel wußte er. Statt in aller Ruhe Evakuierungsmaßnahmen einzuleiten, hatte die Regierung dieses Planeten die ganze Welt in eine Orgie des Terrors gestürzt, in der Raub, Mord und Plünderungen vorherrschten. So zumindest hatte Simit, der Lehrer, es ausgedrückt, als er mit geballten Händen und vor Empörung weiß leuchtender Gesichtsnarbe vor der Klasse gestanden hatte. Hetch war nach Aerie gekommen und hatte die Nachricht von den Schwierigkeiten Neuheims mitgebracht. Daraufhin war Jason mit dem pummeligen Kapitän dorthin zurückgekehrt, hatte die Bewohner eines todgeweihten Winterlagers befreit und die zweihundertfünfzig halbverhungerten, geschwächten und verängstigten Flüchtlinge nach Aerie gebracht. Er hatte ihnen ein neues, friedliches Leben geschenkt. Jes erinnerte sich daran, daß die Flüchtlinge befürchteten, man würde sie für ihre Flucht bestrafen, aber da bisher niemand gekommen war, um sich an ihnen zu rächen, war ihre Furcht allmählich in den Trivialitäten des Alltags untergegangen. Aber jetzt hatte man sich ihrer auf Neuheim erinnert. Jetzt würde man kommen.
    Jes saß auf dem Bettrand und strich mit den Fingern über seine Flöte. Als Hetch ablehnte, ihn wie üblich auf einen kurzen Rundflug mitzunehmen, hätte er sich schon denken können, daß er schlechte Nachrichten mitbrachte. Aber Jes vergab ihm. Er ging eine Weile in seinem Zimmer auf und ab, dann schaltete er die Lampe aus, legte die Flöte unter das Kissen und legte sich wieder hin. Wenn man Aerie nicht vom Boden aus verteidigen konnte, mußte man es vom Weltraum aus versuchen. Na klar. An diesem Punkt des Problems angelangt, kam Jes jedoch nicht weiter. Seine Augen verengten sich, als er darüber nachdachte.
    Was würde Tri-Kapitän Delta-Drei in einem solchen Fall tun? Er schloß die Augen.
    Als die Neuheim-Flotte vor ihr auftauchte, riß Kapitän Delta-Drei das Schiff herum und feuerte eine Breitseite ab. Sie beugte sich über die Armaturen und bewegte die Finger so schnell, daß ihre Bewegungen kaum noch auszumachen waren. Die Tiger bockte.
    „Knapp vorbei, Kapitän“, sagte

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