Die Flüchtlinge
wirkte künstlich. „Ich glaube, daß du schon mal geschmuggelt hast.“
Hetch beugte sich vornüber und warf ein paar Decken in das Loch hinein.
„Es wird ziemlich kalt da unten sein. Nun geh schon rein. Und sei still; das Versteck ist nicht schalldicht. Ich sag dir Bescheid, wenn alles wieder in Ordnung ist.“
„Okay. Jes, du gehst zuerst.“
„Und warum?“
Mish berührte seine Schulter. „Hetch hat einen Funkspruch von Neuheim aufgefangen. Sie wollen die Folly durchsuchen. Sie dürfen aber nicht wissen, daß wir an Bord sind.“
Jes warf Hetch einen kurzen Blick zu, dann ließ er sich in das Versteck hinab. Mish folgte ihm. Hetch rückte die Bodenplatte wieder über die Öffnung. In der plötzlichen Schwärze streckte Jes die Hand aus und tastete nach der seiner Mutter.
Er schloß die Augen und öffnete sie wieder. Es machte keinen Unterschied: Die Finsternis war ebenso intensiv wie die Stille. Jes konnte den Schlag seines eigenen Herzens hören. Ungeduldig wand er sich hin und her. Mish legte eine Hand auf seine Schulter. Er hielt inne und fragte sich, wieviel Zeit wohl vergangen war, seit Hetch sie hier zurückgelassen hatte. Mish wußte es vielleicht, aber er konnte sie nicht fragen. Er bewegte sich erneut; der Griff ihrer Finger wurde stärker. Tri-Kapitän Delta-Drei würde sich niemals verstecken, dachte er ein wenig grimmig. Sie würde die Feinde im Nahkampf erledigen, anstatt sich in einem Loch zu verstecken. Wenn er jetzt so darüber nachdachte, fiel ihm ein, daß sie nicht einmal mit einem Schmuggler zusammenarbeiten würde. Na ja, daß Hetch ein Schmuggler war, hatte er ja nicht von Anfang an gewußt.
Delta-Drei wäre das allerdings nicht verborgen geblieben. Sie wußte alles.
Er fragte sich, wieso sie alles wußte.
Das Pochen in seinen Ohren wurde unregelmäßig. Mishs Finger gruben sich tiefer in sein Fleisch. Jes hob den Kopf. Er hörte das Geräusch sich nähernder Schritte. Ein einzelner Mann? Nein.
Zwei? Mehr als zwei. Jemand ging direkt über ihnen dahin. Er hörte Stimmen, konnte aber nicht verstehen, was sie sagten. Die Schritte entfernten sich.
Langsam atmete Jes aus. Mish löste ihren Griff und berührte sanft seine Wange. Das Geräusch ihrer streichelnden Finger war übermäßig laut.
Die Folly taumelte plötzlich; dann fing sie sich wieder. Jes hörte das Geräusch der sich öffnenden Hauptschleusen. Er packte Mishs Hand. Er wußte, was sie erwartete, wenn man ihnen die Luft absaugte. Delta-Drei hatte dieser schrecklichen Gefahr mehr als einmal ins Auge geblickt. Der Laderaum war nun von Stimmen erfüllt. Mish zog ihn enger an sich.
„Möglicherweise hat man uns an ein anderes Schiff angedockt“, flüsterte sie.
„Warum?“
Als sie den Kopf schüttelte, fühlte er, wie ihr Haar an seiner Wange entlangstrich. Über ihnen erklang das Geräusch sich bewegender Roboter. Mish legte ihm die Hand über den Mund.
„Ich glaube, es sind nur Roboter draußen“, meinte sie. „Sie laden etwas ein.“ Sie machte eine Pause. „Wenn sie etwas auf die Bodenplatte stellen, kriegen wir vielleicht keine Luft mehr.“
„Hetch hat gesagt, wir sollen uns nicht rühren.“
„Das gilt jetzt nicht mehr.“ Mish kniete sich hin. Ihre Finger glitten über das Metall. Jes langte nach oben.
„Hier“, flüsterte Mish. Er berührte ihre erhobene Hand und fühlte die Randlinie.
„Halt dich bereit.“
Jes spannte seine Muskeln an. Die Roboter entfernten sich heulend.
„Jetzt!“
Sie stemmten sich gegen die Bodenplatte. Sie bewegte sich nur an einer Seite.
„Fester.“
Beim nächsten Mal gelang es ihnen, sie ein paar Zentimeter anzuheben. Sie schoben sie ein Stück zur Seite. Ein bleiches Licht erhellte das Versteck. Jes blinzelte. Mish holte tief Luft und steckte den Kopf hinaus. Sofort duckte sie sich wieder.
„Los, mach“, sagte sie drängend auf Kasiri. Jes schob die Bodenplatte beiseite und kroch hinaus. Mish folgte ihm.
An der Hauptluke bewegten sich ein paar Roboter. Sie trugen große Kisten zum Laderaum. Eine der Kisten fiel um und zerbrach. Kostbare Textilien ergossen sich über den metallenen Boden. Mish schlich zwischen den Kisten dahin. Jes folgte ihr. Dann lugte sie um eine Ecke und zuckte zurück. Als Jes ihr über die Schulter blickte, sah er einen Wächter an der Eingangstür stehen. Der Mann trug eine schwarzrote Uniform. Auf seinem Ärmel prangte das Wappen von Neuheim. Er war mit einem Gewehr bewaffnet.
Jes ballte die Hände zu Fäusten. Nur ein
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