Die Flüchtlinge
dummer Wächter.
Tri-Kapitän Delta-Drei legte einen schlanken Finger auf ihre Lippen, spannte die Muskeln an und sprang über die Kisten.
„Wa …“ sagte der Wächter. Dann hatte Delta-Drei auch schon die Hände an seinem Hals. Leblos fiel der Wächter zu Boden. Sie wirbelte herum und vollführte eine rasche Geste.
„Komm“, sagte sie, zog einen Blaster aus ihrem Gürtel und betrat den Korridor. Jes und Mish folgten ihr leise.
„Wir müssen auf die Brücke“, sagte Delta-Drei. „Jes, du übernimmst die Vorhut. Aber schieß nur dann, wenn es sich nicht vermeiden läßt.“
Sie drückte ihm einen Blaster in die Hand. Jes nickte und machte sich auf den Weg.
Das Dumme war nur, daß sie jetzt weder Delta-Drei noch einen Blaster bei sich hatten. Außerdem, fiel Jes ein, würde ein Blaster alles durchbohren. Wieso durchbohrte er eigentlich nicht auch die Schiffswand und ließ das Vakuum hinein? Darüber würde er später noch einmal nachdenken müssen. Der Wächter hätte ebensogut ein Berg sein können – so gering war nämlich ihre Chance, an ihm vorbeizukommen.
Mish lugte durch die Latten einer neben ihnen stehenden Kiste, dann schob sie eine Hand hinein. Jes sah, daß sie eine Schachtel auf sich zuzog. Vorsichtig glitt ihre Hand durch die Stoffe. Unter ihren Fingern klickte es. Jes musterte den Wächter, der einen Blick in den Laderaum warf und seine Aufmerksamkeit dann wieder den Robotern zuwandte. Als er sich auf Mish konzentrierte, sah er, daß sie einen großen, funkelnden Edelstein in der Hand hielt. Er öffnete den Mund, um ihr zu sagen, daß dies nicht die richtige Zeit sei, die Ladung zu filzen.
„Wie steht’s?“ sagte jemand.
Jes erstarrte.
„Alles klar. Noch eine Ladung, dann sind wir fertig!“
„Gut. Avila verlangt, daß der Laderaum versiegelt wird, wenn die Ladung drin ist.“
„Geht kein Risiko ein, wie? Glaubt er, daß die Roboter ihn ausplündern werden?“
„Hüte deine Zunge, Soldat. Du bist nicht unentbehrlich.“
„Jawohl.“
Die Schritte entfernten sich. Jes hörte, wie der Wächter leise fluchte. Er lehnte sich gegen die Kiste und holte tief Luft. Es roch nach Obst. Er schob seine Finger zwischen die Kistenplatten. Beeren. Sie plündern offenbar auch die Felder und Lagerhäuser, dachte er.
„Das hier versiegeln“, rief eine Stimme aus der Ferne. Mish berührte Jes’ Schulter und machte ihm mit einer Geste klar, daß er sich darauf vorbereiten solle zu rennen. Er nickte. Am anderen Ende des Laderaumes erklang das Geräusch einer sich schließenden Luke. Mish stand auf und warf den Edelstein weit von sich. Als er auf den Boden fiel, gab es ein hartes, klackendes Geräusch.
„Stehenbleiben!“ schrie der Wächter und rannte in die Richtung, aus der der Lärm gekommen war, Mish und Jes jagten auf die Tür zu. Als sie sie erreicht hatten, tauchte vor ihnen plötzlich ein zweiter Wächter auf und stieß gegen Jes, der überrascht zu Boden fiel. Der Wächter stieß einen überraschten Ruf aus und taumelte. Mish wirbelte herum, gab ihm einen Schubs, der ihn in den Laderaum warf und stürzte sich auf die Kontrolltafel. Als sich der Eingang schloß, hörte Jes ein saugendes Geräusch.
Vakuum. Er dachte an implodierende Beeren, dann an die beiden Wachen. Er rang nach Atem. Ein ungutes Gefühl breitete sich in seinem Magen aus. Mish riß ihn auf die Beine.
„Wir müssen uns verstecken“, keuchte sie erregt.
Jes schnappte nach Luft. „Die Rettungsboote“, sagte er röchelnd.
„Zu weit weg. Das Magazin. Kannst du laufen?“
Jes nickte und lief, während er sich die Seite hielt, hinter ihr her. Sie eilten um eine Kurve. Er knickte sich den Fuß um, lief aber dennoch weiter. Hinter ihnen erklangen Stimmen. Mish stieß eine Tür auf und winkte ihm zu. Die Folly kippte erneut weg. Jes rutschte aus. Mish fiel in den Raum hinein, vor dessen Tür sie stand. Die Tür fiel hinter ihr zu.
„Halt! Keine Bewegung!“
Mit klopfendem Herzen blieb Jes liegen. Seine Nase spürte, wie kalt der Schiffsboden war. Jemand hob ihn hoch.
„Ein Kind“, sagte einer der Soldaten. „Seht euch das an.“
Er drehte Jes herum, damit ihn auch die anderen sehen konnten. Jes blickte in den Korridor hinein. Sämtliche Türen waren verschlossen. Er fing an zu heulen.
„Ich will nach Hause“, plärrte er laut.
Die Soldaten lachten.
„Aber gewiß wirst du nach Hause gehen, Bübchen. Aber zuerst machen wir einen kleinen Spaziergang. Kalet, bring ihn auf die Brücke. Avila dürfte die
Weitere Kostenlose Bücher