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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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drehte seinen Kopf von einer Seite auf die andere. Kleims Finger preßten sich in sein Kinn. Sie taten weh.
    „Ein Kennerin, Sir? Nicht unmöglich. Augen und Färbung stimmen. Der Mann hatte allerdings keine Schlitzaugen.“
    „Dann hat eben seine Frau welche.“
    „Dann ja, Sir. Mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit.“
    Die Hand ließ ihn los. Jes starrte Avila widerwillig an.
    „Du bist also ein Kennerin, Junge, stimmt’s?“
    „Ich will Raumfahrer werden“, murmelte Jes.
    „Das wirst du auch werden.“ Avilas Stimme war voller Humor. „Sie sollten Ihrem Schiffsjungen ein Lob aussprechen, Kapitän. Er hat mir einen guten Dienst erwiesen.“
    „Tatsächlich?“
    „Wenn Jason Kennerin schon sein Leben riskiert, um eine Handvoll Fremde zu retten – zu was wird er dann wohl bereit sein, wenn es um seinen Sohn geht? Eine hübsche, unblutige Eroberung, Hetch. Ich danke Ihnen, Fletcher!“
    „Sir?“
    „Lassen Sie Kleim und die drei anderen hier und gehen Sie von Bord. Komm mit, kleiner Kennerin.“ Avila packte Jes’ Oberarm und zog ihn aus seinem Sitz. „Ich werde dir zeigen, wie richtige Schiffe aussehen.“
    Als Avila mit ihm die Brücke verließ, warf Jes einen kurzen Blick über seine Schulter. Hetchs Gesicht war wie versteinert.
     
    Nachdem die Folly die Ladung übernommen hatte, waren die beiden Schiffe voneinander getrennt worden. Wer sich nun von einem zum anderen bewegen wollte, mußte sich einem Prozeß unterwerfen, der Schutzanzüge, Sicherheitsleinen – und in Jes1 Fall Angst mit sich brachte. Er hing zwischen den beiden Schiffen an einer Leine, hatte einen aufgeblasenen Anzug an und schaute nach „oben“. Über ihm befand sich die Hülle der Folly, auf der das Licht der Sterne blitzte. Links von ihm schwebte Avilas Schiff. Sie war, abgesehen von den zahlreichen Waffenmündungen, die auf ihrem Rumpf zu erkennen waren, mit der Folly identisch. Jes sah die Nieten und Schweißnähte, die das Schiff zusammenhielten. Beide Schiffe waren mit den Insignien einer Handelsgesellschaft versehen. Der Soldat, der Jes folgte, stieß den Jungen in den Rücken. Sofort nahm er das Tempo wieder auf. Er wurde den Eindruck nicht los, daß die beiden Schiffe sich aufeinander zubewegten, um ihn zwischen sich zu zerquetschen. Hände zogen ihn durch eine Luke und brachten ihn in die Luftschleuse. Seine Ohren schmerzten.
    Tri-Kapitän Delta-Drei pflegte, wenn sie von einem Schiff auf das andere umstieg, in einem schlanken, nadelähnlichen Gleiter zu fliegen und brachte Schleusen hinter sich, ohne daß ihr je die Ohren schmerzten. Jes war mittlerweile drauf und dran, daran zu zweifeln, daß es sie überhaupt gab.
    Avilas Schiff war neu. Es glänzte. Als man Jes den Schutzanzug auszog, konnte er sich in den Schiffswänden spiegeln. Als sie ihn eingekleidet hatten, hatte er genau aufgepaßt. Er erinnerte sich an jeden Handgriff und jede Bewegung. Diesmal sah er mit der gleichen Sorgfalt zu. Ein Soldat packte ihn an der Schulter, dann marschierten sie hinter dem General her durch einen langen Korridor. Jes kam an geschlossenen Türen, herumlungernden Soldaten und einem Freifall-Pfahl vorbei. Der Gang ähnelte zwar dem auf der Folly, war aber viel sauberer. Und furchterregender. Eine Tür öffnete sich, und ein junges Mädchen sah heraus. Als es die Soldaten erblickte, rümpfte es die Nase und zog sich wieder zurück. Es hatte gesund aussehende Wangen und gut gepolsterte Arme. Jes erinnerte sich an die hohlwangigen und verängstigten Flüchtlinge, die sein Vater vor drei Jahren nach Aerie gebracht hatte und dachte: Sie hat den Leuten die Lebensmittel weggegessen. Da hätte sie die Leute auch gleich fressen können. Der Gedanke überraschte ihn.
    Die Brücke war größer als die der Folly. Es gab mehr Sitze und Kontrollen. Man schob Jes in einen etwas abseits gelegenen Sessel und schnallte ihn sorgfältig an. Neben ihm stand ein Wächter. Avila nahm vor den Kontrollen Platz und drückte mehrere Knöpfe.
    „Grafit Eins an alle Einheiten. Grafit Eins an alle Einheiten. Wir starten in vier; ich wiederhole, in vier. Befehl gilt für Grafit Eins, Folly, Helmsholm, Grafit Zwei, Equinox, Frenes Bester und Grafit Fünf. Bestätigen und wiederholen. Ende!“
    Die Anlage summte, dann wiederholte Hetch als erster den Befehl. Avila gab zuerst ihm, dann den sechs anderen Schiffen grünes Licht.
    „Grafit Eins, Anfang! Sieben, sechs, fünf, vier, drei, zwei, eins. Jetzt!“
    Jes sah auf den Bildschirm. Das Schiff glitt

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