Die Flüchtlinge
werden konnte. In diesem Jahr wollten wir unsere erste Ernte einfahren eine kleine Ernte; die Vorhut dessen, was in den folgenden Jahren noch auf uns zukommen sollte. Hetch schätzte, daß wir etwa gerade soviel produzieren würden, um seine erste Rate begleichen zu können, aber er bot uns an, den Kredit zu verlängern. Da wir von seiner Großzügigkeit beinahe völlig überwältigt waren, nahmen wir sein Angebot dankbar an. In diesem Winter sah die Zukunft trotz der versuchten Invasion geradezu rosig aus. Ich sah, wie mein Land blühte und gedieh; sah, wie meine Leute arbeiteten und zahlreicher wurden, und stellte fest, daß sie sich immer mehr an das Leben auf Aerie gewöhnten. Sie fingen sogar an, die Schrecknisse der Vergangenheit zu vergessen. Die Luft schmeckte sauber und frisch und hoffnungsvoll; ich konnte nicht anders – ich mußte bei der Arbeit singen.
Zehn Monate nach dem, was Hoku „die Große Erlösung“ nannte, tauchte eine Reparaturbrigade der Föderation auf und begab sich mit einer riesigen Ausrüstung in eine Kreisbahn. Mit ihr kam eine Inspektorin der Sicherheitsabteilung Transportwesen. Wir gingen zum Landeplatz hinunter, um sie kennenzulernen. Die Inspektorin war eine lebhafte, uniformierte Frau mit scharfen Gesichtszügen. Sie marschierte die Rampe hinunter und musterte Kapitän Hetch.
„Ich nehme an, daß Sie der Eigentümer des Schrotthaufens sind, der diesen Planeten umkreist“, sagte sie.
„Darauf können Sie Ihren Hintern verwetten“, sagte Hetch schlagfertig. „Ich kann ihn Ihnen allerdings auch versohlen.“
Jes grinste.
Die Inspektorin preßte ihre Lippen so hart aufeinander wie ein kalter Winter und marschierte den Hügel hinauf auf unser Anwesen zu.
Sie hatte einen vierzehnseitigen Fragebogen mitgebracht, setzte sich an unseren Eßtisch und feuerte an Mish und mich – die Eigner des Planeten eine Frage nach der anderen ab. Des weiteren nahmen an der Sitzung Hetch und Ved Hirem und Hoku als Leiter der Dorfgemeinschaft teil.
Ved, der wegen seiner Langatmigkeit bekannt war, konnte sich plötzlich ungeheuer sputen. Nachdem sie die gesamten vierzehn Seiten ihres Fragebogens ausgefüllt hatte und alles über Aerie und seine Bewohner, die örtlichen Gegebenheiten, die Beziehungen zwischen den Eingeborenen und uns, das Klima, die Ernteerträge, unsere Importe und Exporte wußte und die Daten der Folly, ihres Kommandanten und die der Mannschaft abgefragt hatte, förderte sie einen anderen Fragebogen zu Tage und machte sich mit grimmiger Befriedigung auch über diesen her. Sie verhörte Mish, Jes, Hetch und die Mannschaft der Folly in bezug auf die Zerstörung des Greifers. Merkit bot ihr ein Bier an. Laur bestand auf einer Essenspause. Während der Mahlzeit schwieg die Inspektorin sich aus; danach ging die Fragerei weiter. Sie ließ niemanden gehen. Meya schlief schließlich in meinen Armen ein.
Schlußendlich ließ sie ihr Köfferchen zuschnappen und erhob sich. „Die Installation des neuen Greifers wird zweihundertneunundvierzigtausendsiebenhundertzweiundachtzig Fremark kosten“, sagte sie. „Sie kriegen dann die Rechnung.“
In dem ihren Worten folgenden Chaos sprang Manny Hetch auf und schlug mit der Faust auf den Tisch. Sein Gesicht wurde purpurrot.
„Was, bei allen Satansbraten der Hölle, meinen Sie damit? Was glauben Sie, wer Sie …“
„Ich meinte nicht Sie, Kapitän, sondern Aerie.“
„Genau das meine ich ja! Nicht wir haben Ihren verdammten Greifer ruiniert, sondern ein Schiff von Neuheim! Schicken Sie denen gefälligst eine Rechnung, verdammt noch mal!“
„Die Föderation ist kein Wohlfahrtsinstitut, Kapitän. Wenn wir zulassen, daß die Leute Föderationseigentum zerstören, wären wir bald bankrott.“
„Aber darum geht es doch gar nicht!“ brüllte Hetch. „Es geht hier um die Strafverfolgung einer juristischen Person, die öffentliches Eigentum beschädigt hat: Artikel vierhundertneun, Absatz fünfzehn! Halten Sie sich an die Vorschriften! Schicken Sie die Rechnung nach Neuheim!“
Die anderen stimmten ihm murmelnd zu. Mish war aufgestanden. Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt und sah aus, als sei sie zu einem Sturmangriff bereit. Ich nahm sie bei der Hand, aber sie schüttelte mich ab.
Die Inspektorin sah Hetch an und schlug nun ihrerseits auf den Tisch. „Das können wir nicht!“ donnerte sie, um überhaupt gehört zu werden. „Vor drei Standardwochen ist Neuheims Sonne zur Nova geworden. Da ist nichts mehr, wohin man eine
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