Die Flüchtlinge
Solides mit Hand und Fuß. Das Rohrsystem besteht aus unserem Saft. Sie sagt, es würde ewig halten. Ich will Hetch bitten, eine für mich mitzubringen. Bis zum nächsten Sommer müßte ihm das eigentlich gelingen.“
„Wenn es etwas Gutes ist – und nicht zu teuer. Sprich noch mal mit Mish darüber.“
„In Ordnung.“
Jason schloß die Augen und fragte sich, wie er das Gespräch am besten auf Tabor bringen konnte. Im ersten Moment war er nicht sonderlich begeistert gewesen, als er erfahren hatte, daß sie mit ihm schlief. Sie war seine Tochter, seine Erstgeborene. Er glaubte, das Recht zu haben, sich zu fühlen, als würde er etwas verlieren. Und doch schien Tabor sie nicht nur glücklicher, sondern auch weniger mißgelaunt zu machen. Jason fühlte sich noch immer schuldig, daß er Quilla so lange vernachlässigt hatte. Er war stets im Glauben gewesen, daß ihre Welt nur aus eitel Sonnenschein bestünde, er hingegen schwer beschäftigt sei. Ihre damalige Flucht hatte ihn aufwachen lassen. Er hatte sich die schwersten Vorwürfe gemacht. Seine größte Schwäche, mußte er sich eingestehen, war die Tatsache, daß er seine Aufmerksamkeit nicht gerecht verteilte und sich zu wenig um seine Kinder kümmerte. Wenn Tabor sich seiner Tochter nicht mehr widmen konnte, würde er allerhand zu tun bekommen. Aber Mish wollte Enkelkinder; sie wollte, daß die Kinder der Kennerins überall zu finden waren, auf dem ganzen Planeten. Er glaubte zwar nicht, daß Mish Tabor dazu überredet hatte, Quilla um ihre Hand zu bitten, aber ganz sicher war er sich nicht. Und dann war da immer noch diese alte Geschichte, die im ersten Jahr passiert war. Nicht etwa, daß er Eifersucht verspürte; das, was Mish und er gemeinsam durchgemacht hatten, würde sie ein Leben lang miteinander verbinden. Aber er fragte sich mit einem unguten Gefühl, ob Mish Quilla und Tabor nicht irgendwie verkuppeln wollte, um Tabor auf irgendeine Weise dafür zu entschädigen, daß er sie nicht hatte bekommen können.
Andererseits fragte er sich auch oft, ob er diese Komplikationen nicht nur erfand, um sich mit irgend etwas zu beschäftigen. Er öffnete wieder die Augen. Quilla hielt ein getrocknetes Kaedoblatt in der Hand.
„Wie im Winter“, sagte sie. „Alles verändert sich.“
„So ist der Lauf der Welt, Quil“, sagte Jason. Und dann: „Welchen Unsinn ich mal wieder rede.“
„Das gilt zumeist für die Kaedos. Ich weiß, in was sie sich verwandeln. Ich weiß auch, daß sie wiederkommen werden. Andere Dinge hingegen …“ Sie seufzte. „Manchmal komme ich mir vor, als stünde ich auf einem Boden, der jeden Augenblick verschwinden kann und mich zurückläßt, ohne daß ich etwas habe, woran ich mich festhalten kann.“ Sie sah ihn an. „Sagt dir das irgendwas?“
„Und ob. Ich habe mich selbst jahrelang nicht anders gefühlt. Ich nehme an, daß man mit Zunehmendem Alter manche Veränderungen nicht mehr so sehr wahrnimmt. Nein, was ich meine ist, daß du möglicherweise die Veränderungen herankommen siehst, aber dir nicht sicher bist, was sie bedeuten und wohin sie führen.“
„Man macht sich einfach mehr Gedanken?“
„Nein. Manchmal hat man tief in irgend etwas hineingesehen und macht sich deshalb keine weiteren Sorgen. Es erleichtert einem das Leben. Ein anderes Mal geht die Sache aber anders aus, als man geglaubt hat. Rätselhafte Sache.“
Quilla zerdrückte das Blatt in ihrer Hand und wischte sich die Überreste ab. „Ich glaube, ich würde gerne wieder mit Palen auf Wanderschaft gehen. Nachdem die Wintersaat im Boden ist, werdet ihr mich wohl für eine Weile entbehren können.“
„Wenn du willst.“ Jason starrte über die Felder. „Hast du irgendwelchen Kummer, Quil? Was Besonderes?“
„Du weißt verdammt gut, worum es geht.“
Jason versuchte eine unschuldige Miene aufzusetzen, aber das mißlang ihm gründlich.
„Na schön. Mish hat mir gesagt, Tabor wolle dich fragen, ob du ihn heiraten willst. Wir haben ihn auf dem Hinweg getroffen. Hat er es dir erzählt?“
Quilla schüttelte den Kopf.
„Das tut mir leid. Er hätte es tun sollen. Wir hätten es tun sollen.“ Jason schaute zu Boden.
„Da wird man wieder wie ein Kind behandelt“, sagte Quilla. „Da wird hinter meinem Rücken über mein Leben entschieden.“
„Es war nicht so gemeint. Ich weiß, daß es jetzt so aussieht, aber ich habe wirklich geglaubt, Tabor würde es dir erzählen, und dann würdest du es uns sagen. Tut mir leid, Quilla. Ich hätte es mir
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