Die Flüchtlinge
erlauben würde, den Saft von Aerie wegzuschaffen!“
„Kannst du unter den gegenwärtigen Umständen noch eine Fahrt machen?“
„Möglicherweise. Aber du verstehst nicht …“
„Nimm den Saft in Kommission. Wir werden die Reparaturen und Honorare aus dem Bruttogewinn bezahlen, uns um deine anderen Kosten kümmern und dir die Folly abkaufen. Du kriegst für die erste Fahrt ein Gehalt, und wenn du das Schiff weiterhin als Kapitän führen willst, bekommst du in Zukunft entweder einen festen Lohn oder einen Gewinnanteil, ganz wie du willst. Und Jes nimmst du als Volontär an Bord.“
Jes riß den Mund auf.
Hetch setzte zu einer Erwiderung an, dann sah er den Blick, den Quilla und Mish wechselten.
Quillas Gesicht war kühl und geschäftsmäßig. Mish nickte einmal, lächelte aber nicht dabei. Einen Augenblick lang kam es dem Kapitän so vor, als habe der Raum sich gedreht, als sei irgendein unmerklicher Wechsel vollzogen worden. Er sah seine Umgebung mit völlig anderen Augen. Verwirrt wandte er sich zu Jason um und breitete die Arme aus.
„Ich soll die Folly verkaufen?“ sagte er.
„Wir sollen die Folly kaufen?“ sagte Jason. „Mish, ich glaube nicht, daß Quilla versteht …“
Mish sah Jason an. Dann wandte sich ihr Blick wieder Quilla zu. Sie nickte.
„Ich verstehe die Sache vollkommen“, sagte Quilla. „Entweder kaufen wir die Folly und kriegen damit eine Chance – oder wir kaufen sie nicht und sind für ein paar Jahre von der Föderation abgeschnitten. Und wenn Parallax dann kommt, werden sie uns fast geschenkt bekommen. Und wenn Hetch uns sein Schiff nicht verkauft, kann er es nach zwei weiteren Flügen auf eine Schrotthalde bringen.“
„Aber wir sind Farmer“, sagte Jason, „keine Reeder.“
„Jetzt noch nicht. Wenn Hetch dabei bleibt, wird er sich darum kümmern. Jes kann das Geschäft erlernen und die Gesellschaft später leiten. Der Markt wird sich noch erweitern. Er hat für Hetch eine Menge hergegeben, bis er eines Tages Pech hatte. Uns wird es nicht anders ergehen, aber wir können immer noch besonders darauf achten, für wen wir arbeiten. Wenn Parallax sich in einem Jahrzehnt immer noch nicht rührt, schnappen wir uns die Untersektoren fünf bis neun. Wenn sie dann versuchen, uns zu unterbieten, haben wir immer noch den Saft und der wird uns den längeren Arm verleihen.“
Meya wachte auf. Sie war schläfrig und langte nach Quillas Schultern. Quilla zog sie auf ihren Schoß und küßte sie auf das Haar.
„Für mich sieht das alles sonnenklar aus“, sagte Quilla heiter. Sie stand auf und trug Meya zur Tür. Die anderen sahen ihr still zu.
„Es ist fast Ai’l“ sagte Quilla über die Schulter hinweg. „Ich glaube, wir sollten uns alle hinlegen.“
„Sie ist verrückt“, murmelte Jason, als Quilla die Tür schloß.
Mish schüttelte den Kopf. „Ich glaube, daß sie recht hat, Jase. Ich glaube, sie hat die einzig mögliche Antwort gefunden.“
„Aber die Folly verkaufen?“ fragte Hetch. „Eher trenne ich mich von meiner Seele.“
Zwei Wochen später wurde die letzte Saftladung in das Zubringerschiff gebracht. Merkit und Bakar waren mit der ersten Ladung zur Folly hinaufgeflogen. Jetzt standen Hetch, Tham und Jes an der Rampe. Die gesamte Bevölkerung Havens war gekommen, um sie abheben zu sehen.
Jes, der vor Nervosität kaum auf einem Fleck stehen konnte, gab sich alle erdenkliche Mühe, möglichst unbeeindruckt zu erscheinen. Quilla lächelte. Dann sah sie, daß auch Taine ihren Bruder beobachtete. Sie stand ein wenig abseits von der Menge und machte einen traurigen und verstörten Eindruck. Quilla spürte plötzlich das Verlangen, zu ihr zu gehen und sie zu trösten, aber dann berührte Jason sie am Arm und sagte etwas über die Fracht, und in dem allgemeinen Durcheinander kam ihr das Mädchen wieder aus dem Sinn. Tham, der sein Kleinstes auf dem Arm hatte, verkündete lautstark, daß er – sobald dieser Menschenschinder von einem Kapitän es zuließ – so schnell wie möglich wieder nach Aerie zurückkehren werde. Hetch selbst machte seine Runde und schüttelte den Zuschauern die Hand. Er wollte die Ladung nach Shipwright bringen, die Folly generalüberholen lassen und dann nach Althing Green gehen, um den Besitzerwechsel registrieren und die neue Aerie-Kennerin-Gesellschaft eintragen zu lassen. Die Gesellschaft beschäftigte sich mit dem Anbau von pflanzlichen Gütern und Transportwesen. Sie gehörte allen Aeriten über sechzehn Jahren und wurde von
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