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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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der Familie Kennerin geleitet. Geschäftsführer Direktor – des Transportzweiges war Kapitän Manuel Hetch. Der Titel gefiel ihm nicht schlecht; zumindest hörte er sich besser an als Nichtstuender Pleitegänger.
    Quilla hatte den Eindruck, als sei Hetchs Schmerz über die Aufgabe der Folly größer als sein Gesicht zeigte. Deshalb zog sie ihn, als er ihr die Hand schüttelte, an sich und küßte ihn auf die Wange. Hetch errötete prompt, grinste und tätschelte ihr väterlich die Hand. Quilla lachte. Thams Frau sammelte ihre Kinder ein und brachte sie weg. Jes zog Manny Hetch beinahe in das Zubringerschiff hinein. Kurz darauf hob das Boot ab und verschwand am bewölkten Himmel.
    Quilla legte das Tragegeschirr an. Mish und Jason küßten sie noch einmal, und Laur reichte ihr einen schweren Sack mit Verpflegung und schärfte ihr ein, vorsichtig zu sein. Palen stand am Rande der Lichtung und verschränkte ungeduldig ihre beiden Armpaare. Die Aeriten gingen nach Haven zurück, und bald darauf schlossen sich die Kennerins ihnen an. Quilla schaute ihnen nach, dann wandte sie sich Tabor zu.
    „Du hättest bis zum Frühling warten können“, sagte er. „Dann hätten wir zusammen nach Süden gehen können.“
    Quilla schüttelte den Kopf. „Ich möchte diesmal alleine gehen.“
    „Und du wirst deine Ansicht – über uns – nicht ändern?“
    „Nein. Tut mir leid.“ Sie streichelte seinen Arm. „Ich möchte nicht, daß sich unser Verhältnis ändert, das sagte ich ja schon. Aber ich möchte nicht verheiratet sein. Ich glaube nicht, daß das nötig ist.“
    „Für mich schon.“
    Sie sah ihn schweigend an. Tabor entfernte sich wortlos und verschwand. Quilla sah ihm einen Moment lang nach, dann ging sie zu Palen.
    „Bist du endlich fertig?“ fragte Palen. „Hast du jetzt jedem auf dieser verdammten Insel auf Wiedersehen gesagt? Hast du auch bestimmt keinen vergessen?“
    Quilla lachte. „Es ist alles gebongt, Kassie. Laß uns gehen.“
    An diesem Abend zog Palen, achtzehn Kilometer von Haven entfernt, ihren Umhang fester um die Schultern, verfluchte den feinen Regen, sah Quilla scharf an und warf dann einen Blick auf das schnell erlöschende Feuer.
    „Du hast den ganzen Tag vor dich hingelächelt“, sagte sie. „Was hast du nur? Hast du irgendwas vor?“
    „Nein.“ Quilla zog sich die Kapuze über den Kopf und tätschelte ihr kleines Bäuchlein. „Ich lasse etwas in mir heranwachsen, Palen. Etwas, das sich verändert.“
    Die Eingeborene schnaubte. „Davon verstehe ich etwas. Kommst du jetzt?“
    Quilla umrundete das Feuer. Sie verbanden ihre Umhänge miteinander und legten sich hin. Quilla legte ihren Kopf auf Palens Schulter, und die Kasirin umarmte sie mit ihren vier Armen. Kurz darauf waren sie eingeschlafen.

 
2. Hart
     
    Ich sitze da und sehe ihnen beim Essen zu, wie sie miteinander reden und über ihre Witze lachen. Wie üblich scheinen sie mein Schweigen auch diesmal nicht wahrzunehmen; und wie immer ist es mir auch egal. Meya hat herausgefunden, wie man Wortspiele macht, und ist damit beschäftigt, eines nach dem anderen zum besten zu geben. Es sind dumme, kindische Wortverdrehungen, die Jes bestimmt zum Kreischen bringen würden, wenn er nicht damit beschäftigt wäre, Raumfahrer zu spielen und durch das All zu hüpfen. Er ist ebenso wertlos wie sie.
    Mish redet über die Sprache der Kasiren. Auf Kasiri kann man keine Wortspiele machen, sagt sie. Sie lehnt sich zurück und tätschelt ihren Bauch. Soviel, wie sie vorgibt, hat sie gar nicht gegessen. So platt wie der Bauch ist auch die Frau. Meine Mutter. Mish. Mein Vater hingegen faßt mehrmals nach, stopft sich voll, streicht sich das Haar aus der Stirn und betrachtet meine Mutter über sein Weinglas hinweg. Geilheit. Geilheit! Quilla, meine große Schwester, meine geliebte, liebe Quilla, hat einen Bauch, der sich wie ein aufgeblasener Luftballon gegen die Tischkante drückt. Quilla mit ihrem ungeborenen Balg; sie nippt an ihrem Wein und lächelt. Geheimnisvoll, still. Als würde sie das Rätsel des Universums in ihrem Bauch spazierenführen. Sie redet mit Jason über dies und das, über die Farm, die Transportgesellschaft, die Leute. Sie streckt den Arm nach dem Weinkrug aus. Sie knabbert Käse. Die Schwangerschaft hat sie sinnlich und langsam gemacht, und ihr Gesicht ist ebenmäßiger, und ihre Augen sind klarer als früher. Selbstgefällige Schlampe. Sie hat den Samen einer Made in sich, wird eine Made gebären und plappert von der

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