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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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diese Arbeit noch weiterhin machen sollte. Mit einer dermaßen angegriffenen Gesundheit sollte sie sich wirklich nicht so oft in der Sonne aufhalten. Mim würde vorgeben, genug andere Arbeit zu haben, aber sie würde darauf bestehen, um jeden Preis. Sie würde Mim schon dazu kriegen.
     
    Jes stand in seinem Zimmer vor dem Spiegel und musterte sein Äußeres. Er war mit sich nicht zufrieden. Das hellblaue Hemd sah zwar gut aus und verlieh ihm die Ausstrahlung poetischer Zerstreutheit, aber die Hosen wollten absolut nicht sitzen. Ihr Blau paßte nicht im geringsten zur Farbe seines Hemdes, und abgesehen davon waren sie am Hintern ausgebeult. Die harte Arbeit auf der Folly hatte ihn schlanker und sehniger gemacht; kein Wunder, daß ihm seine alten Klamotten nun nicht mehr standen. Er entledigte sich ungeduldig seiner Hosen und warf sie auf den Kleiderstapel, der sein Bett bedeckte. Sollte er vielleicht die weiße anziehen? Aber die war schmutzig, die Knie wiesen Maschinenöl-Flecke auf, und sie zu waschen war die Zeit zu knapp. Die gelbe? Nein, darin würde er wie ein grüner Bengel aussehen, der die Eierschalen noch hinter den Ohren hatte. Und gelbe Hose und gelbes Hemd? Zu uniformähnlich. Er fragte sich, ob Jason etwas hatte, was ihm passen würde, aber dann fiel ihm ein, daß ihm dessen Hosen schon vor zwei Jahren zu klein gewesen waren. Und so stand er unentschieden, von der Hüfte nach unten nackt, da und lugte in seinen Kleiderschrank.
    Jemand klopfte an der Tür. „Moment“, rief Jes und hüpfte in die erste Hose, die er zu fassen bekam. Die Tür ging auf, als er gerade dabei war, den Reißverschluß hochzuziehen. Es war Meya.
    „Jes? Kann ich reinkommen?“
    „Das bist du doch schon.“ Er schuf etwas Platz auf dem Bettrand. Meya machte die Tür zu und setzte sich hin. Sie hielt ein Päckchen in der Hand.
    „Ziehst du dich heute schon für morgen an?“ Sie zwinkerte ihm frech zu. „Wenn bis dahin deine Sachen wieder zerknittert sind, wird dich niemand mehr ansehen.“
    „Natürlich ziehe ich mich nicht jetzt schon für morgen an, du Triefnase. Ich versuche nur, mir darüber klarzuwerden, was ich überhaupt anziehen soll.“
    „Ha“, sagte Meya skeptisch und betrachtete mit einem kritischen Blick die über das Bett verstreuten Kleidungsstücke. „Du schaffst mehr Unordnung als jeder andere. Ich bin überall gewesen, selbst Quilla kann sich nicht entscheiden. Sie hat übrigens ganz hübsche Sachen für die Zwillinge. Warte nur, bis du sie gesehen hast. Tabor kommt. Warum ziehst du nicht einfach deinen Raumfahreranzug an? Der sieht doch hübsch aus.“
    „Weil wir morgen auf eine Gesellschaft gehen, Mausezahn. Und wenn man auf eine Gesellschaft geht, putzt man sich eben fein heraus.“ Er setzte sich neben sie aufs Bett. „Ich weiß einfach nicht, was ich anziehen soll. Entweder sind die Sachen alle schmutzig, oder sie passen mir nicht mehr oder haben die falsche Farbe. Vielleicht sollte ich überhaupt nicht auf diese verdammte Gesellschaft gehen.“
    „Dann wird Taine dich zur Schnecke machen“, sagte Meya altklug. „Und außerdem wird sie die ganze Nacht mit einem anderen tanzen, während du zu Hause herumsitzt und dich darüber ärgerst, nichts zum Anziehen zu haben.“
    „Nun langt’s aber, du kleiner Naseweis!“ sagte Jes. Er kitzelte sie, bis sie keuchend und prustend über das Bett rollte. „Ich werde dich lehren, deinen großen Bruder zu verarschen! Da hast du7s!“
    Meya wischte sich die Lachtränen von der Wange und blieb neben ihm liegen.
    „Quilla wird ein Kleid anziehen“, sagte sie wichtigtuerisch. „Es ist orange oder braun und geht bis hierhin.“ Sie deutete auf ihre Knie. „Mim sagte, sie solle es kürzer machen, aber das wollte sie nicht.“
    „Na, das ist ja auch ihre Sache.“
    Meya nahm ihr Päckchen auf, lächelte Jes an und öffnete es. „Na ja, nachdem Quilla sie schon nicht anziehen will, habe ich sie gefragt, ob du sie nicht tragen könntest. Ich habe sie ganz allein gewaschen.“
    Meya zog eine Hose aus ihrem Päckchen und hielt sie Jes vor die Nase. Sie war von einem weichen Frühlingsgrün und bestand aus feinem Stoff.
    „Oh, Meya, die paßt mir doch niemals.“
    „Na klar paßt sie dir. Nun mach schon, zieh sie an. Quilla hat gesagt, ihr hättet beide die gleiche Größe. Na los, sitz nicht einfach so da rum.“
    Jes grinste plötzlich. Dann zog er seine Hose aus und schlüpfte in die andere. An Hüften und Bauch paßte sie. Vorne und hinten saß sie

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