Die Flüchtlinge
etwas knapp.
„Na prima“, sagte er. „Aber ich habe kein Hemd, das dazu paßt.“
„Zieh doch einfach keins an. Taine wird’s gefallen.“
„Was hast du nur immer mit Taine? Sie hat doch sowieso kein Interesse an mir, und damit hat es sich.“ Er sah bedauernd an sich herab. „Wirklich zu schade mit dem Hemd.“
„Mach mal die Augen zu“, sagte Meya.
„Und warum?“
„Mach sie einfach zu. Sonst werde ich dafür sorgen, daß Quilla die Hose wiederhaben will.“
Jes seufzte und schloß die Augen. Er hörte das Rascheln von Papier und fühlte dann, wie Meyas kleine Hände sich an seinem blauen Hemd zu schaffen machten.
„Was machst du da?“
„Mach bloß nicht die Augen auf! Steh still. Ich bin gleich fertig.“ Sie zog ihm das Hemd aus, packte seinen Arm und zog etwas darüber. Jes streckte gehorsam auch den anderen aus. Er blieb ruhig stehen und unterdrückte ein Lächeln, als sie erneut an ihm herumfummelte. Schließlich gab sie einen Seufzer von sich und sagte: „Okay, jetzt kannst du sie wieder aufmachen.“
Jes sah sich im Spiegel an. Das Hemd lag eng an, hatte aber weite Ärmel. Es war aus dem gleichen feinen Stoff wie die Hose und gab ihrer Farbe erst die richtige Wirkung. Jes lächelte. Dann grinste er und lachte laut.
„Es ist wundervoll. Woher in aller Welt hast du es?“
„Ich habe es selbst geschneidert“, sagte Meya spontan. „Na ja, Mim hat mir dabei geholfen, aber das meiste habe ich gemacht. Ich habe die Knüpfarbeiten gemacht und Haive auch gesagt, welche Farben sie für den Stoff nehmen soll. Das ist schon eine ganze Menge.“
„Da hast du gewiß recht.“ Jes hob seine Schwester hoch, schwang sie herum, gab ihr einen Kuß auf die Stirn und warf sie wieder aufs Bett. Sie suchte die Überreste ihres Päckchens zusammen und ging zur Tür.
„Taine wird durchdrehen, wenn sie dich sieht“, prophezeite sie schelmisch. Jes stieß einen glücklichen Fluch aus und warf ein Hemd hinter ihr her.
Tabor hob seine nackte Tochter hoch und setzte sie auf seine Hüfte. Sie griff nach seinem weichen, hellen Bart und zerrte daran. Tabor bellte. Sein Sohn lachte, schlug mit den Händen ins Wasser und spritzte Quilla naß, die neben der Badewanne auf einer hölzernen Plattform kniete.
„Hör auf damit, Jared“, sagte sie. „Und du, Decca, laß Vaters Bart in Ruhe.“
„Nein“, sagten die Kinder wie aus einem Munde.
Quilla seufzte. „Das ist in diesem Monat ihr Lieblingswort. Ich glaube, sie können gar kein anderes.“
„Doch“, sagte Jared beleidigt. Er griff nach der Seife. Quilla nahm sie ihm aus der Hand, spülte ihn ab und wickelte ihn in ein Badetuch. Er zappelte lebhaft und packte das Tuch mit den Zähnen. Tabor setzte Decca in die Wanne.
„Wann findet das Fest statt?“ sagte er.
„In ein bis zwei Stunden. Mim sagt, daß sie auf die Kinder aufpassen wird, wenn wir uns anziehen.“
„Du bist schmutzig“, sagte Tabor zu Decca. Sie achtete nicht auf ihn, sondern bemühte sich, mit den Zehen eine Seifenblase zum Platzen zu bringen. Tabor legte ein Handtuch über ihre Augen und schüttete Wasser über ihren Kopf.
„Nein!“ heulte sie. „Ich will nicht!“
„Ich muß dir aber das Haar waschen, Schätzchen. Na komm, laß das. Verdammt noch mal, Decca, ich habe schon gebadet.“
„Baden“, wiederholte sie und kicherte. Das Wasser verdunkelte ihr Haar, das sich glatt um ihren Kopf schmiegte. Tabor seifte ihren Kopf ein und spülte ihn kurz darauf wieder ab.
Jared entwand sich Quillas Griff und hüpfte auf die Badewanne zu. Quilla erwischte ihn im letzten Moment und trug ihn zu den Kleidern hinüber. Dampf zog zu den Kaedobäumen hinauf, als Jared mit den Fäusten gegen die spanische Wand hämmerte.
„Vergiß nicht, ihr den Hintern zu waschen“, rief Quilla über die Schulter zurück. Sie zog Jared so weit wie möglich vom Wasser weg und langte nach seinem Hemd. „Sie setzt sich nur zu gern in den Dreck.“
„Hab ich bemerkt. Na komm, steh auf, Decca. Halt dich an meiner Schulter fest. Ja, so ist es richtig.“
„Mim!“ rief Quilla.
„Ich will bei Keka bleiben“, gab Jared bekannt. Er setzte sich hin und hielt sich an dem Bänkchen fest.
Decca versuchte, aus der Wanne zu klettern. „Ich bleib bei Aded!“ rief sie aus.
„Na gut, na gut“, sagte Tabor. Er ließ sie wieder Platz nehmen und spülte sie ab. „So. Jetzt halt mal für einen Augenblick still.“
Als sie in ihren Bademänteln steckten, wurden die Kinder schließlich von Mim
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