Die Flüchtlinge
übernommen und ins Haus zurückgebracht. Quilla seufzte und schüttete die Badewanne über den Rand der Plattform hinweg aus. Tabor sammelte die nassen Handtücher ein. Als er fertig war, stand Quilla bereits unter der Dusche und seifte sich ein. Als er zu ihr kam, küßte sie ihn schnell und glitt in die große Wanne. Als das heiße Wasser ihre Haut berührte, schnappte sie nach Luft.
Tabor drehte das Wasser ab, blieb eine Weile am Eingang stehen und lauschte den fernen Geräuschen, die vom Stall zu ihnen herüberdrangen. Er hörte Meyas hohe Stimme und dann den Antwortruf eines Erwachsenen. Zwischen dem Anwesen und dem Stallgebäude bewegten sich Eingeborene hin und her. Sie trugen Teller und Töpfe voller Speisen. Die Sonne hatte den Rest des Morgennebels aufgelöst, und der Tag versprach schön und warm zu werden. Eins der Kinder hatte eine Sandale auf der Plattform zurückgelassen. Tabor hob sie auf, sah sie sich an, legte sie dann auf den Kleiderstapel und nahm neben Quilla in der Badewanne Platz.
„So geht es nicht“, sagte er nach einer Weile. Quilla wandte sich um und sah ihn an.
„Was geht so nicht?“
„Ein Vater auf Besuch zu sein. Ich habe die Kinder in den letzten zwei Jahren nur zwölfmal gesehen. Das ist nicht genug, Quilla.“
„Dann zieh doch hierher. Du weißt, daß du bei mir leben kannst, wenn du willst; und wenn nicht, kannst du dich immer noch in Haven niederlassen. Die Kinder könnten mit uns beiden zusammen sein; einmal bei dir in Haven, ein anderesmal auf unserem Anwesen. Das heißt, natürlich nur dann, wenn du hier nicht leben willst.“
„Was für ein Leben wäre das?“ Tabor ließ sich so tief sinken, daß das Wasser ihm bis ans Kinn reichte. „Wenn ich in Haven wohnen würde. Sie wüßten gar nicht, wo sie hingehören. Es sind auch meine Kinder, Quilla. Ich möchte mit ihnen zusammen sein.“
„Sei doch realistisch, Tabor. Wie soll ein allein lebender Lahmer mit einem zwei Jahre alten Zwillingspärchen fertig werden? Nicht einmal ich komme damit zurecht. Aber zum Glück habe ich Mim, Laur, Mish und Jason, die mir zur Seite stehen. Sogar Meya.“
„Kinder brauchen einen Vater.“
„Sie haben doch einen. Außerdem haben sie ein ganzes Haus voller Angehöriger, die sich um sie kümmern und sie lieben. Es geht ihnen hier ausgezeichnet.“
„Aber sie sind nicht mit mir zusammen.“
„Dann zieh eben nach Haven.“
„Warum kommen sie nicht mit mir nach Cault?“
„Tabor, du weißt sehr gut, daß das nicht gehen würde. Im Winter sind die Berge völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Was wäre, wenn ihnen etwas zustieße? Selbst im Sommer ist es in den Bergen gefährlicher als hier im Winter. Sie könnten sich verletzen, und dann könntest du ihnen nicht einmal helfen.“ Sie sah ihn offen an. „Ich verstehe dich nicht. Du willst zwar die Kinder, bist aber nicht bereit hierzubleiben. Allein kannst du dich dort oben nicht um sie kümmern.“
„Ich will ja gar nicht alleine mit ihnen da oben sein.“
„Was willst du denn dann, um Mutters willen?“ fragte Quilla ärgerlich.
„Daß du mich heiratest.“
Quilla wandte sich verärgert ab und machte Anstalten, die Badewanne zu verlassen, aber er packte ihren Unterarm und hielt sie mit sanfter Gewalt fest.
„Quilla, hör mir zu. Ich habe dich schon vor Jahren heiraten wollen. Ich habe dich nicht bedrängt, als du schwanger warst, auch wenn du es nicht einmal für nötig hieltest, mich davon in Kenntnis zu setzen. Ich habe seitdem keinen Ärger gemacht. Ich möchte nur mit meinen Kindern zusammen sein. Und mit dir.“
„Und was hat das mit einer Eheschließung zu tun?“
„Alles, verdammt noch mal!“
Er holte tief Luft und ließ sie los. Quilla nahm wieder Platz, sah ihn jedoch nicht an.
„Du sagst, daß du mich nicht an dich ketten willst, daß alles so bleibt wie jetzt, wenn wir verheiratet sind. Außer, daß wir ständig zusammen leben. Ich sehe nun mal nicht ein, warum wir nicht ständig zusammen leben können, ohne verheiratet zu sein.“
„Weil ich altmodisch bin. Vielleicht habe ich auch Angst.“
„Wovor?“
„Daß du mich verlassen könntest.“
„Ich glaube nicht, daß du das Recht hast, so etwas zu sagen. Ich glaube nämlich nicht, daß ich dein Eigentum bin. Ich gehe meinen eigenen Weg. Wenn ich das Bedürfnis hätte, dich zu verlassen, würde es keinen Unterschied machen, ob wir nun verheiratet sind oder nicht.“
„Ich bin dreiunddreißig Jahre alt, Quilla. Du bist vierundzwanzig.
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