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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Matrosen wissen, dass man dem Gott der Tiefe eine gewisse Achtung bezeugen muss.«
    »Hast du Neptun mal kennengelernt?«
    »Red keinen Quatsch, den gibt es nicht. Jedenfalls hab ich ein schlechtes Gewissen wegen der Hydranten, aber wirklich Sorgen macht mir
Thames Water
. Die Stadtwerke.«
    »Lass mich raten. Die sind fanatische Anhänger des finsteren Cthulhu.«
    »Ich glaub nicht, dass sie überhaupt religiös sind, aber man will es sich nicht gern mit Leuten verscherzen, die einem Abwässer in den Oberlauf leiten können.«
    »Weißt du was«, sagte ich, »ich glaube nicht, dass ich deinen Fluss jemals gesehen habe.«
    Beverley drehte sich ein wenig, so dass sie bequem gegen meine Brust lehnte. »Meine Wohnung ist neben der Kingston-Umgehungsstraße. Nur eine Doppelhaushälfte, aber mein Garten geht bis zum Ufer runter.« Sie hob den Kopf, bis ihre Lippen meinen Mund berührten. »Wir könnten schwimmen gehen.«
    Wir küssten uns. Sie schmeckte nach Erdbeeren und Sahne und Kaugummi. Gott allein weiß, wie die Sache weitergegangen wäre, wenn nicht ein Range Rover mit quietschenden Reifen vor uns zum Stehen gekommen wäre. Beverley löste sich so schnell von mir, dass mir fast die Lippen aufgerieben wurden.
    Eine kräftige Frau in Jeans stieg aus dem Range Rover und marschierte zu uns herüber. Sie hatte dunkle Haut und ein rundes, ausdrucksvolles Gesicht. Im Moment drückte es ein hohes Maß an Verärgerung aus. »Beverley«, fauchte sie, wobei sie mich kaum beachtete, »jetzt kriegst du wirklich Ärger. Steig ein.«
    Beverley seufzte, küsste mich auf die Wange und stand auf. Auch ich rappelte mich hoch und verbiss mir dieSchmerzen, die von meinem lädierten Rücken durch den ganzen Körper zuckten.
    »Peter«, sagte Beverley, »das ist meine Schwester Fleet.«
    Fleet betrachtete mich kurz und kritisch von oben bis unten. Sie schien Anfang dreißig zu sein und war wie eine Sprinterin gebaut   – breitschultrig und mit schmaler Taille und muskulösen Oberschenkeln. Sie trug ein Tweedjackett, darunter ein schwarzes Poloshirt, und ihr dichtes Haar war in einer Stoppelfrisur geschnitten. Ich hatte plötzlich das seltsame Gefühl, sie schon von irgendwoher zu kennen, wie wenn man einem C-Promi begegnet, dessen Name einem nicht sofort einfällt.
    »Würde Sie gern kennenlernen, Peter, aber das ist nicht der richtige Zeitpunkt«, sagte Fleet und befahl Beverley: »Steig ein!«
    Beverley warf mir einen traurigen Blick zu und folgte dem Befehl.
    »Warten Sie«, sagte ich, »ich kenne Sie von irgendwoher.«
    »Sie waren mit meinen Kids auf der Schule«, sagte Fleet über die Schulter und stieg in den Range Rover. Sie hatte die Tür noch nicht richtig hinter sich geschlossen, als sie auch schon anfing, Beverley anzuschreien. Ich konnte es zwar nur gedämpft hören, aber die Worte »unverantwortlich« und »kindisch« waren klar zu verstehen. Beverley sah zu mir heraus und verdrehte die Augen. Ich fragte mich, wie es wohl sein mochte, mit so vielen Schwestern aufzuwachsen. Es war bestimmt schön, wenn man von seiner Schwester mit ihrem Range Rover abgeholt wurde, selbst wenn man dafür auf dem ganzen Heimweg ausgeschimpft wurde.
     
    Londoner Straßenkrawalle sind eigenartig: Sobald man sich einen Schritt aus ihrem Aktionsgebiet entfernt, ist alles wieder völlig normal. Auf der Minusseite musste man verzeichnen, dass Covent Garden fast abgefackelt worden war, aber auf der Plusseite stand, dass keine wichtigen U-Bahn - und Buslinien davon beeinträchtigt waren. Es war dunkel, ich war klitschnass, das Folly war mir immer noch versperrt und ich hatte keine richtige Lust auf eine weitere Nacht auf dem Stuhl in Nightingales Krankenzimmer. Deshalb tat ich das, was man eben tut, wenn einem keine andere Option mehr offensteht: an den einen und einzigen Ort gehen, wo sie einen reinlassen
müssen
, wenn man vor der Tür steht.
     
    Ich beging den Fehler, die U-Bahn zu nehmen. Sie war überfüllt, die Leute waren ausgegangen und nun auf dem Heimweg. Selbst so spät am Abend war es in den Waggons noch warm und stickig, aber ich war nass, ziemlich ramponiert und hatte unübersehbar einen gewissen Migrationshintergrund, daher erhielt ich mehr Ellbogenfreiheit als alle anderen.
    Rücken und Beine taten mir weh, ich war hundemüde, und irgendetwas war mir entgangen. Der Vorstellung, dass ein guter Polizist über ein Bauchgefühl verfügt, hatte ich nie vertraut. Ich hatte Lesley bei der Arbeit beobachtet und jedes Mal, wenn sie richtig

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