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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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»Zweiter.«
    »Der Zweite Weltkrieg«, sagte ich. »Wo haben Sie gedient   – im Baby-Bataillon?« Selbst wenn er noch 1945 eingezogen worden wäre, hätte Nightingale vor 1929 geboren sein müssen, und auch dann hätte er bei seinem Alter schwindeln müssen. »Wie alt sind Sie wirklich?«
    »Alt«, flüsterte er. »Jahrhundertwende.«
    »Jahrhundertwende?«, fragte ich und er nickte. »Sie wurden also an der Jahrhundertwende geboren   – des 20.   Jahrhunderts?« Er sah aus wie ein gut erhaltener Mittvierziger, und das war an sich schon keine schlechte Leistung für jemanden, der halb tot im Krankenhaus an einer Maschine hing, die in regelmäßigen Abständen »Ping« machte. »Sie sind also über hundert Jahre alt?«
    Nightingale stieß einen keuchenden Laut aus, bei dem ich erschrocken zusammenzuckte, bis mir klar wurde, dass es Gelächter war.
    »Das ist doch nicht natürlich?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Wissen Sie, wie das kommt?«
    »Geschenkter Gaul«, flüsterte er. »Maul.«
    Dem konnte ich nicht widersprechen. Ich wollte ihn nicht zu sehr ermüden, daher erzählte ich ihm von Lesley, der Randale und dass man mich aus dem Folly ausgesperrt hatte. Als ich ihn fragte, ob mir Molly helfen könne, Pyke aufzuspüren, schüttelte er den Kopf.
    »Gefährlich«, sagte er.
    »Es muss aber sein. Ich glaube nicht, dass er aufhört, wenn wir ihn nicht aufhalten.«
    Langsam, mühsam ein Wort nach dem anderen formend, erklärte mir Nightingale genau, wie es zu machen war. Es gefiel mir gar nicht. Es war ein grauenhafter Plan und ließ immer noch die Frage offen, wie ich wieder Zugang zum Folly bekommen konnte.
    »Tyburns Mutter«, flüsterte Nightingale.
    »Sie wollen, dass sie es ihrer Tochter befiehlt?«, fragte ich. »Und wie kommen Sie darauf, dass Mama Themse das tun würde?«
    »Stolz«, sagte Nightingale.
    »Sie wollen, dass ich darum bettle?«
    »Nicht Ihr Stolz, Peter«, sagte Nightingale. »Sondern ihrer.«

13
London Bridge
    Es ist nicht leicht, einen Sattelschlepper durch die Wapping Wall zu steuern, deshalb heuerte ich einen Mann mittleren Alters namens Brian dafür an. Brian hatte eine Halbglatze, einen Bierbauch und einen ausgesprochen unflätigen Wortschatz, und das Einzige, was am Stereotyp des typischen Bierkutschers fehlte, waren ein Schokoriegel Marke Yorkie und ein zusammengerolltes Exemplar des Busen- und Skandalblatts
The Sun
. Aber schließlich hatte ich ihn nicht angeheuert, weil ich Wert auf seine Gelehrsamkeit legte, und tatsächlich lenkte er das Ding geschickt den ganzen Weg bis zu Mama Themses Haus, ohne dass irgendeine Versicherung für irgendeinen Schaden aufkommen musste.
    Wir parkten den Sattelschlepper halb vor Mama Themses Haus, halb vor dem historischen Pub Prospect of Whitby. Dessen Personal nahm wohl an, dass hier eine Lieferung anrollte, von der niemand eine Ahnung hatte, denn alle kamen aus dem Haus gerannt. Ich erklärte ihnen, dass es sich um eine Privatparty handle, und seltsamerweise schien sie das keineswegs zu überraschen. Ich bat Brian zu warten, nahm meine Kiste aus dem Fahrerhaus und stolperte damit zum Haupteingang hinüber.Dort stellte ich die Kiste ab und drückte auf die Klingel. Dieses Mal wurde mir die Tür von der weißen Dame geöffnet, die mir schon beim letzten Besuch unter Mama Themses Kumpaninnen aufgefallen war. Sie trug heute ein anderes, aber ebenso adrettes Twinset und Perlen und hatte ein kleines, dunkelhäutiges Kind an der Hand.
    »Hallo, Constable Grant!«, sagte sie. »Wie nett, Sie wieder begrüßen zu dürfen.«
    »Lassen Sie mich raten«, sagte ich. »Sie müssen Lea sein.«
    »Sehr gut«, sagte Lea. »Ich mag junge Männer, die ein bisschen Verstand im Kopf haben.« Der Fluss Lea entspringt in den Chilterns, nordwestlich von London, und umfließt den nördlichen Teil der Stadt, bis er eine scharfe Biegung nach Süden macht und durch das Lea-Tal zur Themse fließt. Es ist der am wenigsten zugebaute Fluss Londons und auch der größte, deshalb überlebte er sogar den Großen Gestank. Lea musste zu Oxleys Generation der
Genii locorum
gehören   – oder sogar noch älter sein.
    Ich schnitt dem kleinen Mädchen eine Grimasse, und sie tat sofort das Gleiche. »Und wer ist das?«, fragte ich.
    »Das ist Brent«, erklärte Lea. »Sie ist die Jüngste.«
    »Hallo, Brent«, sagte ich. Sie war heller als ihre Schwestern und hatte große braune Augen, die ein gutmütiger Lügner vielleicht Rehaugen hätte nennen können, aber die streitlustigen

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