Die Fluesse von London - Roman
zurückhalten konnte, also erlaubte ichihr mitzukommen, aber mit der glasklaren Anweisung, die Klappe zu halten.
Es gab nur eine Türklingel. Der kleine Vorgarten hatte einem Kiesbelag weichen müssen, auf dem Mülltonnen und ein paar leere, grellrote Blumentöpfe herumstanden. Nachdem ich auf die Klingel gedrückt hatte, informierte mich eine fröhliche weibliche Stimme, dass sie schon komme. Die Stimme gehörte zu einer rundlichen Frau von dem Typ, der eine gute Persönlichkeit entwickelt, weil die einzige Alternative Selbstmord wäre.
Ich zeigte ihr meinen Dienstausweis. »Guten Tag, Ma’am. Mein Name ist Peter Grant, ich bin von der Polizei, und das hier ist meine Kollegin Beverley Brook, und sie ist ein Fluss in London.« Mit solchem Zeug kommt man bei Zivilisten in der Regel durch, weil ihr Hirn sofort in Erstarrungszustand verfällt, sobald sie das Wort »Polizei« hören.
Möglicherweise hatte ich hier ein wenig übertrieben, jedenfalls betrachtete die Frau Beverley mit gerunzelter Stirn und fragte: »Sagten Sie eben, dass sie ein Fluss ist?« Was wieder einmal zeigt, dass man im Dienst niemals aufschneiden sollte.
»Ist nur so ein Witz im Polizeirevier«, erklärte ich lahm.
»Scheint mir ein bisschen jung für eine Polizistin«, bemerkte die Frau.
»Ist sie auch nicht«, antwortete ich. »Sie macht ein Schnupperpraktikum.«
»Kann ich Ihren Ausweis noch einmal sehen?«, fragte die Frau.
Ich seufzte und reichte ihn ihr. Beverley kicherte.
»Ich kann Ihnen auch die Telefonnummer meines Vorgesetzten geben«, sagte ich. Damit hat man sie normalerweise in der Tasche, denn bei unseren geschätzten Bürgerinnen und Bürgern siegt meist doch die Faulheit über das Misstrauen.
»Kommen Sie wegen des Vorfalls im Krankenhaus?«, fragte die Frau.
»Ja«, antwortete ich erleichtert. »Genau das ist der Grund, warum wir hier sind.«
»Eric ist eben in die Stadt gegangen«, sagte sie. »Sie haben ihn knapp verpasst, er ist vor ungefähr einer Viertelstunde weggegangen.«
Das musste natürlich so kommen, dachte ich, innerlich stöhnend. »Wissen Sie, wohin er wollte?«
»Warum wollen Sie das wissen?«
»Wir glauben, dass wir seinen Angreifer in Kürze festnehmen können«, antwortete ich. »Wir müssen aber noch ein paar Einzelheiten von Dr. Framline bestätigen lassen. Wenn wir das sehr bald erledigen können, gelingt es uns vielleicht, den Angreifer noch heute zu verhaften.«
Das brachte sie endlich auf Trab und verschaffte mir nicht nur den Namen des Pubs, zu dem er unterwegs war, sondern auch seine Handynummer. Beverley musste sogar joggen, um mit mir Schritt halten zu können, als wir zum Auto zurückgingen.
»Warum so eilig?«, wollte sie beim Einsteigen wissen.
»Ich kenne den Pub«, erklärte ich. »Liegt an der Ecke Neal und Shelton Street.« Ich fuhr aus der Parklücke, ohne darauf zu warten, dass sich Beverley anschnallte. »Genau gegenüber liegt eine Fußgängerzone mit einer Filiale von Urban Outfitters.«
»Oh-oh. Urban Outfitters«, sagte Beverley. »Damit wäre dann auch dein Dr.-Denim-Hemd erklärt.«
»Hat mir meine Mum gekauft«, murmelte ich.
»Und du meinst, das macht es weniger peinlich?«
Ich jagte den Motor hoch, so gut es bei einem zehn Jahre alten Ford Escort eben ging. Wir überfuhren eine Reihe von roten Ampeln. Hinter mir gab es wütendes Protestgehupe. »In der Gegend hängen immer jede Menge Fahrradkuriere herum«, sagte ich. »Für den Pub und die Cafés sind sie ein gutes Geschäft, und sie haben da viele ihrer Geschäftskunden in der Nähe.«
Einzelne Regentropfen schlugen gegen die Windschutzscheibe und gingen schnell in einen richtigen Regen über. Ich musste das Tempo drosseln, als die Straßen nass wurden. Wie lange würde Dr. Framline mit dem öffentlichen Nahverkehr bis Covent Garden brauchen? Mindestens eine Stunde, aber er hatte einen Vorsprung und wir fuhren durch London, eine Stadt, in der die U-Bahn häufig viel schneller ist als das Auto.
»Ruf Dr. Framline an«, befahl ich Beverley.
Sie brummte, wählte die Nummer, hörte kurz zu und sagte: »Mailbox. Wahrscheinlich ist er in der U-Bahn .«
Ich nannte ihr Lesleys Nummer. »Vergiss nicht: Wer redet, zahlt«, sagte sie spitz.
»Ich kenne die Regeln«, nickte ich.
Beverley hielt das Handy an mein Ohr, damit ich nicht die Hände vom Steuer nehmen musste. Als Lesley sich meldete, hörte ich im Hintergrund den Lärm in der Ermittlungszentrale in Belgravia – wo die richtige Polizeiarbeit
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