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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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eine rote Samtweste zu sehen war, ferner eine Uhrenkette aus Messing und ein gefaltetes Taschentuch in hellem Osterglockengelb. Auf dem Kopf hatte er einen ziemlich mitgenommen wirkenden Homburg, unter dessen Rand ein paar graue Haarsträhnen hervorsahen. Eine Zigarette hing in seinem Mundwinkel. Erlehnte sich gegen den Zaun, einen Fuß auf die unterste Querlatte gestützt, und redete aus dem anderen Mundwinkel mit einem Kumpan   – einem von mehreren erschreckend agil wirkenden alten Männern, die neben ihm am Zaun standen   –, wobei er zum Teich hin gestikulierte und dazwischen heftig und lange an seiner Zigarette zog.
    Er blickte auf, als wir uns näherten, und runzelte die Stirn, als er Nightingale erkannte; dann fasste er mich ins Auge. Ich spürte seine Macht an mir zerren, Bier und Kegeln verhieß sie mir, Nachhausegehen vom Pub im Mondlicht, ein warmes Plätzchen am offenen Kamin, unkomplizierte Frauen. Ein Glück, dass ich bei Mama Themse schon ein wenig Erfahrung gesammelt und mich auf dem Weg hierher mental vorbereitet hatte, sonst wäre ich schnurstracks zu ihm hingelaufen und hätte ihm meine Geldbörse angeboten. Er zwinkerte mir zu und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder Nightingale zu.
    Er rief Nightingale einen Gruß in einer Sprache entgegen, die Baskisch oder Walisisch oder sogar authentisches vorrömisches Gälisch hätte sein können, keine Ahnung. Nightingale antwortete in derselben Sprache und ich kam kurz ins Grübeln, ob ich die wohl auch noch lernen musste. Die betagten Kumpel rückten ein wenig zusammen, um Platz am Zaun zu schaffen   – aber nur für einen, wie mir auffiel. Nightingale schüttelte Vater Themse die Hand. Bei seiner Körpergröße und dem eleganten Anzug hätte man erwarten können, dass Nightingale wie ein Gutsherr wirken würde, der sich zu einem Plausch mit dem gewöhnlichen Volk herabgelassen hatte, aber die Art, wie Vater Themse ihn von oben bis unten abschätzend musterte, war alles andere als unterwürfig.
    Meistens redete Vater Themse, wobei er seine Worte mit kleinen, fließenden Bewegungen der Finger untermalte. Nightingale lehnte sich lässig gegen den Zaun, um den Größenunterschied zu verringern. Er nickte und schmunzelte, wie ich bemerkte, immer genau im passenden Moment.
    Ich überlegte, ob ich mich unauffällig etwas näher heranschieben sollte, um besser zu verstehen, worüber sie redeten, als mir einer der jüngeren Männer einen Blick zuwarf. Er war größer und kräftiger als Vater Themse, hatte aber die gleichen sehnigen Arme und auch sein schmales Gesicht war ähnlich.
    »Lohnt sich nicht«, sagte er. »Dauert mindestens noch eine halbe Stunde, bis sie auch nur die Höflichkeiten ausgetauscht haben.« Er streckte mir eine große, schwielige Hand entgegen und stellte sich vor. »Oxley.«
    »Peter Grant.«
    »Kommen Sie. Ich stelle Sie der Frau vor.«
    »Die Frau« war recht hübsch, mit rundlichem Gesicht und erstaunlich schwarzen Augen. Sie stand auf der Schwelle eines bescheidenen Wohnwagens aus den Sechzigern, der ein wenig abseits auf einem eigenen kleinen Platz am Rand des Jahrmarktareals geparkt war.
    »Das ist meine Frau Isis«, sagte Oxley, und zu ihr: »Das hier ist Peter, der neue Lehrling.«
    Wir gaben uns die Hand; ihre Haut fühlte sich warm an und hatte die gleiche unwirkliche Vollkommenheit, die mir schon bei Beverley und Molly aufgefallen war. »Freut mich sehr«, sagte sie. Ihre Aussprache hätte direkt aus einer Jane-Austen-Verfilmung kommen können.
    Wir setzten uns auf Klappstühlen um einen kleinenKartentisch mit einer rissigen Linoleumplatte, auf der eine einzelne Osterglocke in einer schmalen Vase stand.
    »Darf ich Ihnen einen Tee anbieten?«, fragte Isis, und als ich zögerte, fügte sie hinzu: »Ich, Anna Maria de Burgh Coppinger Isis, schwöre hiermit feierlich beim Leben meines Gatten«, was dem Gatten ein leises Lachen entlockte, »und bei den zukünftigen Siegesaussichten des Ruderteams von Oxford, dass Sie durch nichts, was Sie in meinem Hause zu sich nehmen, irgendeine Verpflichtung eingehen.«
    »Danke«, sagte ich. »Ein Tee wäre schön.«
    »Ich merke schon: Sie fragen sich, wie wir uns kennengelernt haben?«, sagte Oxley.
    Ich meinerseits merkte, dass er mir die Geschichte gern erzählen wollte. »Ich vermute, sie fiel in den Fluss?«
    »Da vermuten Sie falsch, Sir«, antwortete Oxley. »Damals hatte ich eine große Vorliebe fürs Theater, ich warf mich oft in Schale und ruderte nach Westminster runter, um

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