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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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er Schuhe trage. – Es kam ihm so fremdartig vor, daß er sich ihrer ordentlich schämte.
    »Ich bin wirklich froh«, sagte Adele lächelnd, als der alte Mann endlich über den Zaun gestiegen war und hinter den dichten Büschen der Waldung verschwand, »daß wir ihn so weit gebracht haben. In seinen Jahren ist es doch sicherlich gefährlich, dem Wetter auf solche Art zu trotzen.«
    »Mich wundert's, daß er's tat«, meinte Mrs. Lively, »das hab ich aber nur Ihnen zu verdanken, meine gute Miß; so gern er mich hat, mir zuliebe hätte er sie im Leben nicht angezogen. Jetzt will ich aber auch sehen, ob ich ihn nicht dabei behalten kann, und wenn er mir eine Weile die Schuhe getragen hat, ei, dann schwatze ich ihm am Ende auch noch die wollenen Socken auf!«
    Gute Mrs. Lively, wie du in deiner Unschuld da so freundliche Pläne auf rindslederne Schuhe und wollene Socken bautest! – Hättest du deinen Alten in demselben Augenblick, wo du dich deines Sieges freutest, gesehen, deine kühnen Hoffnungen würden sich nicht zu solcher Höhe hinaufgeschwungen haben.
    Und was tat old man Lively?
    Er schritt langsam und vorsichtig, als ob er auf Eiern ginge, in dem teils ungewohnten, teils verhaßten Schuhwerk wirklich in den Wald, wie es seine Frau von ihm verlangt hatte. Kaum aber hatte er das düstere Dämmerlicht der Holzung betreten, da warf er den Blick zurück und schaute sich um, ob er die Heimat noch von da aus erkennen könne. Ja – er sah durch die Büsche den hellen Schein der Häuser schimmern.
    – Weiter wanderte er, noch etwa hundert Schritt, bis er zu einem kleinen Dickicht von Dogwoodbäumen kam, das tief versteckt im stillen Hain lag. Hier lehnte er vorsichtig seine Büchse an einen Hickory, band sich dann die Schuhbänder wieder eins nach dem andern auf, zog die Schuhe aus, hängte sie sorgsam oben hinein in den laubigen Wipfel eines niedern Dogwoodbusches, streckte das linke und dann das rechte Bein, als ob er irgendein lähmendes oder beengendes Gefühl hinausdehnen wollte, schulterte aufs neue, aber diesmal viel rascher und freudiger, seine Büchse und zog nun mit so schnellen und lebhaften Schritten in dem leise rauschenden Walde hin und lächelte dabei so stillvergnügt und selbstzufrieden in sich hinein, daß gewiß jeder, der ihn so gesehen hätte, seine recht herzliche Freude an ihm gehabt haben müßte, ob er auch barfuß mit den hornigen Sohlen durch gelbes Laub und dürre Äste dahinschritt. Von dem Tage an weigerte sich Vater Lively nie, wenn seine Frau ernsthaft in ihn drang, die Schuhe anzuziehen. Sonderbar war es aber, daß er dann auch stets genau wieder an derselben Stelle aus dem Walde kam, wo er ihn zuerst betreten hatte. Seine Frau wußte nicht, warum; er aber desto besser. Er mußte ja die aufgehängten Schuhe erst wieder anziehen, ehe er sich vor dem Hause blicken lassen durfte.

Kapitel 17
    Die beiden Ladies hatten sich jetzt zum Aufbruch gerüstet, ihre Pferde waren vorgeführt, und nur Sander fehlte noch, um sie zur Stadt zurückzugeleiten. Obgleich er aber recht gut fühlte, wie man auf ihn allein warte, ja, es sogar für ganz in der Ordnung fand, daß er die Damen, die er herausgeführt hatte, auch wieder zurückgeleite, so konnte und wollte er doch aus den schon früher angegebenen Gründen den Platz jetzt unter keiner Bedingung verlassen. Eine Ausrede mußte aber gefunden werden, und da ihn die in den Dornen zerrissenen Kleider nicht länger entschuldigen konnten, indem ihn Cook sehr bereitwillig mit einem von seinen eigenen Anzügen versah, so bat er Mrs. Dayton um wenige Worte unter vier Augen. Hier erklärte er ihr, der Doktor Monrove sei ein unmöglicher Mensch, dem nur daran zu liegen scheine, die Leiche unter sein Skalpell zu bekommen. Er selbst aber habe Medizin studiert und fühle sich überzeugt, daß der unglückliche Verwundete durch sorgsame Behandlung noch gerettet werden könne; verließe er ihn aber in diesem Augenblick, so sei er rettungslos verloren.
    Natürlich beschwor ihn Mrs. Dayton, wie er das auch vorausgesehen hatte, nicht von des Armen Seite zu weichen, und dankte ihm zugleich für die Teilnahme, die er für einen wenn auch verbrecherischen, aber dennoch unglücklichen Menschen zeige. Sie selbst hätten den Weg schon mehrere Male allein zurückgelegt und hofften nur, ihn bald, und zwar mit recht guten Nachrichten, wieder bei sich zu sehen. Sander versprach das auch und bat nun Miß Adele, der Mrs. Dayton mit wenigen Worten den Stand der Dinge erklärte,

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