Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
sich dem Hause.
»Alle Wetter«, rief da Monrove, nachdem er einen flüchtigen Blick auf den Kranken geworfen hatte, – »völlig bewußter Zustand, klare Augen, freies Atmen – und unbezweifelt rückkehrende Lebenskräfte; ich bekomme wahrhaftig nur das Bein. – Mr. Hawes, wir werden augenblicklich zur Operation schreiten müssen.«
»Wasser!« stöhnte der Unglückliche. »Ich verbrenne; ich will ja alles – alles bekennen, – nur – nur Wasser, – Wasser!«
Der Doktor, so eifrig er auch seine eigenen Zwecke im Auge haben mochte, begriff doch, daß es sich hier um etwas handle, was für die Farmer von besonderer Wichtigkeit sein mußte. Er unterstützte also den Kopf des Verwundeten, was diesem jedoch einen lauten Schmerzensschrei auspreßte, und hielt ihm dann einen neben dem Bett stehenden Blechbecher an die lechzenden Lippen.
Sander schlug, die Zähne vor machtlosem Ingrimm zusammenknirschend, das kleine Fläschchen rasch wieder in seine Papierhülle ein, die Blase war aber schon durch den darangesetzten Stahl verletzt worden, und ein Bittermandelgeruch erfüllte das Haus.
»Blausäure!« rief der Doktor und wandte sich, während er jedoch den Kranken noch nicht aus dem Arm lassen konnte, halb gegen Sander um. »Blausäure, so wahr ich gesund bin! – Alle Wetter, Sir, Sie werden mir mit dem Glase so lange gespielt haben, bis es zerbrochen ist; es riecht hier ganz danach. Mr. Cook, es ist gut, daß Sie kommen; hier – der Bursche da scheint noch etwas auf dem Herzen zu haben; lassen Sie ihn erst einmal beichten, und dann wollen wir sehen, was die Wissenschaft für ihn tun kann.«
»Lebt er? Hat er gesprochen?« rief Cook und trat schnell zum Bett. »Wie geht es ihm?«
»Schlecht, Sir!« flüsterte der arme Teufel. »Schlecht, – sehr schlecht; – mein Kopf, – o mein Kopf!«
»Ja, die Wunde ist böse«, bestätigte der Doktor; – »Hirnschale hier oben auf jeden Fall sehr bedeutend verletzt, – Knochenhaut getrennt und Gehirn bloßgelegt. Mulatten haben zwar höchst anerkennenswert harte Schädel; – das Instrument aber, mit dem der Schlag geführt wurde, muß tödlich gewesen sein. – Bitte, beeilen Sie sich nur mit den Fragen; ich möchte gern noch imstande sein, den Mann zu trepanieren. Man hat überhaupt viel zu wenig Erfahrung, wielange ein Mensch bei bewußtem Zustande den Gebrauch der Säge an der Hirnschale aushalten kann.«
»Massa Cook«, sagte der Mulatte und streckte langsam die Hand nach dem jungen Farmer aus, »ich kenne Sie noch von früher her. – Sie sind gut; – wollen Sie mir, – wenn ich alles bekenne, eine Liebe antun?«
»Sprich, Dan«, sagte Cook mitleidig und reichte ihm noch einmal den Becher hinüber, da er merkte, daß seine Augen schon wieder matt und glanzlos wurden; – »wenn du aufrichtig alles bekennst, so soll dir weiter nichts geschehen, darauf gebe ich dir mein Ehrenwort; du hast Strafe genug durch diese Wunden gelitten.«
»Und jener Mann«, stöhnte der Mulatte, denn der Doktor war in ganz Arkansas berüchtigt, und er kannte und fürchtete ihn noch von früher her, – »der Leichendoktor soll mich – soll mich nicht haben und – zerschneiden?«
»Unsinn – Leichendoktor – zerschneiden«, rief der Doktor und richtete sich unwillig auf; »zwischen Löschpapier kann ich ihn natürlich nicht trocknen.«
»Er soll dir nichts tun, Dan; – ich habe dir mein Wort gegeben; – weder Messer noch Säge darf er an dich legen; aber du mußt auch aufrichtig bekennen, was du weißt.«
»Mr. Cook«, sagte Monrove, indem er sich schnell an den jungen Farmer wandte, »Sie geben da ein höchst unüberlegtes Versprechen, ein Versprechen, das Sie unmöglich werden halten können, wenn Sie nicht die Wissenschaft mit ihren segensreichen Folgen gänzlich hintansetzen wollen. Ich glaube überdies gar nicht, daß dieses Niggers Leben wird erhalten werden können, wenn es ihm nicht gerade meine Säge erhält.«
»Dann will ich sterben«, stöhnte der Mulatte und sank für den Augenblick wieder bewußtlos zurück.
»Doktor!« sagte Cook, als er ihn eine Weile beobachtet und gesehen hatte, daß er wahrscheinlich kurze Zeit der Ruhe bedürfe, ehe er wieder imstande sein würde, irgendeine an ihn gerichtete Frage zu beantworten. – »Ich will einmal hinübergehen und die Frauen fragen, was wir mit dem armen Teufel am besten anfangen; denn Pflege muß er doch haben. Ich bin gleich wieder hier; aber tut mir den Gefallen und redet, wenn er früher zu sich kommen
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