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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Weise Marie am besten in ihre Wohnung geschafft werden könne. Das wollte nun die gute Frau im Anfang allerdings gar nicht zulassen; da sie aber doch wohl einsehen mußte, die Unglückliche würde sich, von der Freundin gewartet und gepflegt, viel schneller erholen, als das bei ihr möglich sei, so gab sie endlich nach, ja erbot sich sogar, die Kranke in ihrem eigenen Kabriolett hinüberzuschicken, damit sie nicht die Aufmerksamkeit des stets müßigen und gaffenden Volkes zu sehr errege.
    Der Bote, der nach Livelys Farm hinausritt, sollte zu gleicher Zeit vor Daytons Haus halten und Nancy beauftragen, das kleine Zimmer im oberen Stock herzurichten, damit sie, wenn sie dort ankämen, alles bereit fänden. Scipio, der zu diesem Dienst erwählt war, hatte denn auch eben Squire Daytons Wohnung verlassen und den breiten, nach Livelys Farm hinausführenden Reitpfad eingeschlagen, als der Squire selbst zurückkehrte und von Nancy die hinterlassene Botschaft seiner Frau empfing. »Eine kranke Freundin? Woher?« fragte er erstaunt.
    »Missus sagte nichts davon«, erwiderte das junge Mädchen, »aber Sip, der eben hier war und einen Brief nach Livelys Farm hinausbringen soll, meint, es wäre die Schwester eines Bootsmanns, der sie mit dem Dampfschiff von New Orleans gebracht hätte.«
    Squire Dayton ging, ohne hierauf etwas zu erwidern, in sein Zimmer hinauf, schloß in den dort stehenden Sekretär ein ziemlich großes Paket Papiere, zog den Schlüssel wieder ab und schritt dann in tiefem Nachdenken und augenscheinlicher Unruhe rasch zum Union-Hotel.
    Marie hatte sich unterdessen beinahe vollständig von ihrer ersten Aufregung erholt. Adele war nämlich eifrig bemüht gewesen, ihr das Ganze, was jetzt ihre Seele ängstigte und quälte, als einen fürchterlichen Traum zu schildern, der aber auch weiter nichts als eben ein Traum sei; denn ihr Eduard lebe, sei gesund und werde sie noch heute abend in seine Arme schließen. Das aber, was sie da immer von hohen Palmen, einer wunderschönen, stolzen Frau und wilden Gestalten phantasiere, die ihr Leben bedrohten, sei auch eben nur eine Phantasie, der sie sich nicht so willenlos hingeben, sondern die sie bekämpfen müsse. Da waren Schritte auf der Treppe zu hören, und gleich darauf fragte dicht vor ihrer Tür Squire Daytons Stimme, in welchem Zimmer sich die Kranke befinde. Kaum aber hatte Marie diese Töne gehört, als sie, ein Bild starren Entsetzens, von ihrem Lager emporfuhr.
    »Um Gottes willen, was ist dir wieder, Marie?« fragte Adele erschreckt.
    »Hier? Gleich hinter dieser Tür?« fragte noch einmal der Squire draußen, als ihm diese wahrscheinlich von unten herauf bezeichnet worden war.
    »Heiland der Welt, – das ist er!« schrie Marie entsetzt. »Das ist der Fürchterliche! Schützt mich vor ihm; – er will mich wiederhaben.«
    »Marie, beruhige dich doch nur«, bat sie Adele; »das ist ja Squire Dayton, der Gatte dieser Dame, ein braver, wackerer Mann, der dich vor jedem Schaden bewahren wird.«
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und der Squire trat ein. Marie heftete dabei fest und prüfend den Blick auf ihn und schien mit peinlich-ängstlicher Spannung in seinem Innern zu lesen; als aber Dayton nach einigen flüchtig mit seiner Frau gewechselten Worten auf sie zuging, ihre Hand erfaßte und sie mit seiner gewinnenden Stimme und den sanftesten Tönen begrüßte, ließ die Furcht in ihrem ganzen Wesen nach; sie sank auf ihr Lager zurück und wurde ruhig. Nur noch manchmal, wenn sie die Augen schloß und dann nur den Laut seiner Worte vernahm, fuhr sie wieder empor und sah sich scheu im Zimmer um, als ob sie sich überzeugen wolle, wo sie denn eigentlich und was ihre Umgebung sei.
    Der Wagen fuhr indessen vor, und die Frauen geleiteten Marie die Treppe hinab, Tom aber, der mit dem Squire noch zurückblieb, erzählte diesem jetzt umständlich, was es eigentlich für eine Bewandtnis mit dem armen Mädchen habe, wie er sie gefunden und wie sein Verdacht durch alles Gehörte immer mehr verstärkt würde, hier irgendeine planmäßige Büberei zu vermuten, wenn es auch jetzt noch nicht möglich sei, sie zu ergründen. Mr. Hawes' Gegenwart müsse indessen viel dazu beitragen, Licht auf die Sache zu werfen.
    »Und Sie glauben, daß Sie die Unglückliche an einer Insel gefunden haben?« fragte ihn der Squire, der bis jetzt der Erzählung des jungen Mannes mit dem gespanntesten Interesse gefolgt war.
    »Glauben?« sagte Tom. – »Das weiß ich gewiß, es ist die

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