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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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geballten Rechten so urkräftig und boxerrecht zwischen die Augen, daß dem so gewaltig Getroffenen mit Blitzesschnelle die ganze Himmelskarte vor seinem inneren Gesichte vorüberflog und er bewußtlos neben dem Grabe zusammenknickte. O'Toole war denn auch nicht faul, die ihm jetzt gebotene Freiheit zu nutzen; rasch übersprang er das ihm nächste Gewirr von Ästen und Strauchwerk und floh dem Strome zu, als Ben eben wieder zu dem Grabe zurückkehrte.
    »Jones!« rief er hinter dem Davonspringenden her. – »Jones, – wo zum Teufel wollt Ihr denn hin? Ei, so hole doch die Pest den Halunken!« brummte er dann halblaut in den Bart. »Wenn der glaubt, daß ich ihm in solchem Dickicht nachrenne, ist er verdammt irre, und fort kann er auch nicht, so viel weiß ich; denn vom Schwimmen versteht er nichts, und die Boote sind besetzt; – wird schon wiederkommen. Aber zum Donnerwetter«, wandte er sich dann, als er mit dem Fuß an den regungslosen Körper stieß, gegen diesen, »wirklich tot und nur noch einmal zu guter Letzt gestöhnt? Nun, dann komm, Tusk, dann wollen wir auch keine langen Umstände mit dir machen. Dank es überhaupt dem Kapitän, der dir den Strick erspart hat!« – Er stieß bei diesen Worten den Körper in die Grube zurück, suchte nach dem Spaten, und der nächste Augenblick fand ihn eifrig beschäftigt, den nur betäubten Genossen – lebendig zu begraben.

Kapitel 29
    Lautlos trieb die ›Schildkröte‹ mit dem Strom hinab. Bob Roy hielt das schwankende Steuer fest im Griff, und die Männer, die sich noch immer um den Lotsen drängten, machten es ihm unmöglich, den nahen Freunden auch nur das geringste Zeichen zu geben. Wohl eine Stunde konnte in peinlicher Erwartung verflossen sein; lange schon waren die Ruderschläge des fernen Bootes verhallt, und weiter, immer weiter ließen sie den Platz zurück, der ihnen bald so verderblich geworden wäre. Aber noch immer wußten sie nicht, wo sie sich eigentlich befänden, und ob mit der Vermeidung des einen Feindes die Gefahr auch wirklich vorbei sei.
    Edgeworth lud jetzt so rasch und geräuschlos wie möglich die beiden Büchsen; aber kein Auge wandte er dabei von dem Mörder seines einzigen Sohnes, der jetzt in grimmem Trotz, doch ohne weiteren, überdies nutzlosen Widerstand zu leisten, von Seilen umwunden an Deck lag. Bob Roy dagegen beobachtete seinerseits kaum weniger aufmerksam und immer noch mißtrauisch das Steuer, an dem unstreitig irgendein fremdartiger Körper hing. Was es aber sei, konnte er unmöglich erkennen, und er hoffte nur auf das nicht mehr ferne Tageslicht. Bis dahin sollte er jedoch nicht über den Gegenstand seiner Neugierde und Besorgnis in Ungewißheit gelassen werden; noch stand er und suchte durch irgendeine vielleicht zufällige Bewegung des Anhängsels dessen Natur zu erkennen, als plötzlich sein scharfes Gehör ein leises Stöhnen vernahm. Es blieb ihm jetzt kein Zweifel mehr, daß irgendein Mensch – ob Freund oder Feind, mußte noch dahingestellt bleiben – an dem weit in den Strom hinausragenden Holze hing.
    Wäre das übrigens wirklich ein Feind gewesen, so hätte er sicherlich schon früher das getan, was der gefesselte Bill in verzweiflungsvoller Anstrengung umsonst versuchte; den nahen Kameraden ein Zeichen zu geben. Wenn aber das Gegenteil der Fall war, weshalb hängte er sich da so heimlicherweise an ihr Boot und verriet durch keinen willkürlichen Laut seine Gegenwart? Um die Ungewißheit, die ihm peinlich wurde, loszuwerden, winkte er dem Kapitän. Dieser aber, hätte er seine Bewegungen auch wirklich in der dunklen Nacht erkennen können, achtete nicht auf ihn, und die übrigen Leute waren ebenfalls so mit sich selbst beschäftigt, daß er endlich beschloß, die Sache auf eigene Hand abzumachen.
    »Hallo the boat!« sagte er in dem gewöhnlichen Anruf mit halb unterdrückter Stimme und bog sich, so weit er konnte, über Bord hinaus dem fremden Gegenstande zu. – Keine Antwort erfolgte, und es war augenscheinlich, der ›Passagier hintenauf‹ wünschte inkognito weiterzureisen.
    »Hallo the boat!« wiederholte Bob Roy und schüttelte das eine Ende der langen Steuerfinne, das er in der Hand hielt, ein wenig, um wahrscheinlich dem am anderen Ende Befindlichen dadurch anzudeuten, daß er gemeint sei. Die Worte – es waren die ersten, die nach jenem Kampfe an Bord der ›Schildkröte‹ gesprochen wurden, erregten die Aufmerksamkeit der übrigen, und sie wandten alle die Köpfe zurück, während Edgeworth, die

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