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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Büchse im Anschlag, leise dem Steuer zuschritt. »Hm«, meinte der lange Hosier, als seine freundliche Anrede noch immer erfolglos blieb, – »verstockter Geselle, wie es scheint, – verdammt schweigsam, – liebt trockene Unterhaltung, müssen ihn einmal ein wenig anfeuchten.« Und indem er dem Worte die Tat folgen ließ, hob er das bis dahin niedergedrückte Steuer, welches er in den Händen hielt, empor und tauchte dadurch, da es fast auf der Mitte balancierte, das andere Ende, an welchem er den geheimnisvollen Besuch vermutete, natürlich unter Wasser. Dann zog er die Spitze wieder so weit wie früher herunter, lehnte sich mit der Brust darauf und rief nun noch einmal, als ob in der Zwischenzeit gar nichts Besonderes vorgefallen wäre: »Hallo the boat!«
    Lauteres Schnaufen und Atemholen war die Folge dieses Versuchs, aber immer noch kam keine Antwort, wonach Bob ohne besondere Umstände die Taufe wiederholte, das Steuer diesmal aber etwas länger unter Wasser hielt als früher.
    »So, mein Herzchen«, sagte er dann, als er es zum zweiten Male an Deck niederdrückte, »wenn du jetzt nicht redest, so lasse ich dich wieder hinab und stemme dann hier den Stock unter die Finne, nachher wirst du –«
    »nehmt mich – nehmt mich an Bord!« stöhnte da eine menschliche Stimme, und Edgeworth, der jetzt wohl einsah, daß ihnen von dieser Seite keine Gefahr drohe, ließ den Hahn seiner Büchse fahren und legte sie an Deck.
    »Ja, – nehmt mich an Bord!« brummte Bob Roy leise vor sich hin. »Das ist leicht gesagt, aber wie? – Die Jolle ist nicht da. – Kannst du nicht am Ruder heraufklettern, mein Herzchen?«
    »Nein, – ich kann – nicht!« lautete die Antwort, und die Sprache bewies, wie der Fremde erschöpft und kaum noch fähig sei, sich dort festzuhalten, viel weniger denn mit den nassen, schweren Kleidern an der schlüpfrigen Stange heraufzuklimmen.
    »Wir wollen ihm ein Tau zuwerfen«, flüsterte Edgeworth.
    »Wird auch nicht viel helfen«, meinte Bob; »er scheint halb fertig zu sein; – ich werde wohl wieder hinausmüssen.«
    »Wenn es nun einer jener Buben wäre!«
    »Glaube es kaum«, sagte Bob und warf Jacke und Hose an Deck; »aber wenn auch, er ist kaputt und – auf solche Art möchte ich ihn doch nicht dahinten umkommen lassen. Steht einmal, ein paar von euch, hier bei dem Tau; aber haltet fest; – ich will hinunter und es ihm um den Leib schlagen. Nachher kann er sich mit größter Bequemlichkeit wie ein Katfisch an Deck ziehen lassen.« Und damit kletterte er rasch, das eine Ende des Taus in der Hand, auf dem Steuerruder hinaus, bis er einen fest an das nasse Holz geklammerten Arm ergreifen konnte. An dem fühlte er sich hin, ließ sich rasch neben ihm ins Wasser hinab, schlang das Tau um den Körper des Frem den, zog den Knoten fest und rief nun, während er selbst mit der Rechten in die Schlinge griff: »Holt an Bord!«
    Wenige Minuten später lag der Gerettete an Deck, aber es bedurfte geraumer Zeit, ehe er sich nur insoweit erholt hatte, daß er einzelne an ihn gerichtete Fragen verständlich zu beantworten vermochte. Kälte und Angst hatten ihn fast seiner Sinne beraubt, und er mußte in wollene Decken einge schlagen und tüchtig gerieben und geknetet werden. Sein erstes Wort nach allen diesen Vorbereitungen war ebenfalls eine Art instinktiven Gefühls für das beste Hilfsmittel; er stöhnte: »Whisky«, und die Bootsleute, welche selbst die vorzüglichste Meinung von solcher Arznei hegten, waren rasch mit dem Labsal zur Hand. Als er sich aber so weit erholt hatte, daß er einen etwas umständlichen Bericht über sich geben konnte und zugleich einsah, er befinde sich unter guten, ehrlichen Menschen – wobei er allerdings noch manchmal scheu den Blick nach dem erschossenen Insulaner wie nach dem gebundenen und wohlbewachten Lotsen warf – entdeckte er dem alten Edgeworth, wer er sei und was ihm begegnet wäre.
    Es war O'Toole, der, als er das Ufer des Mississippi erreicht hatte, ohne Zögern in den Strom sprang und so weit er konnte hinausschwamm, um in dem Nebel jede Verfolgung unmöglich zu machen. Da der Mississippi stieg, wußte er auch, daß er, sobald er die Strömung erreichte, Treibholz genug finden würde, um sich darauf auszuruhen. Zu diesem Zweck hielt er, soweit er das vermochte, quer über, bis er plötzlich das Flatboot vor sich sah und an dessen Steuerruder stieß. Wohl erfaßte er es augenblicklich, aber der Lärm an Bord machte ihn schon unschlüssig, ob er es nicht

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