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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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wenn ich fragen darf?« unterbrach sie Sander hier. »Sie werden begreifen, daß ich nicht jede Gesellschaft –«
    Luise Breidelford sah sich einen Augenblick um, als ob sie selbst hier fürchtete gehört zu werden, und flüsterte dann, während sie mit dem Lichte rasch an ihm vorbei- und die Stiegen hinaufschritt: »Henry Cotton. – Ihr werdet begreifen, daß ich Ursache hatte, vorsichtig zu sein, ehe ich Gäste aufnahm.«
    »Hm«, sagte Sander und blieb, sinnend das rohe Treppengeländer mit der einen Hand erfassend, noch einen Augenblick unten an der Treppe stehen, – »hm – wunderbar; – Henry Cotton jetzt hier, und heute morgen –; doch – was tut's? Vielleicht ist es sogar gut, daß ich ihn hier treffe.« Und mit flüchtigen Sätzen folgte er der schon vorangeschrittenen Lady, die jetzt ein Seitenzimmer öffnete und dem späten, wenig willkommenen Gaste hineinleuchtete.
    Es war ein kleines, düsteres Gemach, von innen und nach der Straße zu mit Gardinen verhangen, die Wände nicht tapeziert; doch die Spalten der Stämme, aus denen sie bestanden, wohlverklebt und das Ganze übertüncht; der Fußboden auch ziemlich rein und sauber gehalten. Die Möbel schienen übrigens wenn auch einfach, doch bequem, und das im Kamin lodernde Feuer, über dem ein breitbäuchiger kupferner Kessel zischte, gab dem Ganzen etwas Heimliches und Gemütliches. Dies aber schien besonders dem hier schon früher eingetroffenen Gaste wohlzutun. Er lag, die Hände auf der Brust gefaltet, in einem großen Sorgenstuhle, dem sonstigen Leibsitz der Eigentümerin, behaglich zurückgelehnt und mußte so ganz in die Betrachtung des vor ihm stehenden halbgeleerten Glases vertieft sein, dessen purpurroter, funkelnder Inhalt von einer hellbrennenden Studierlampe beleuchtet wurde, daß er den jetzt Eintretenden kaum eines Blickes würdigte. Er tat auch wirklich, als ob er hier Herr im Hause und nicht ein Flüchtling und vogelfreier Verbrecher wäre, auf dessen Einlieferung sogar schon bedeutende Prämien gesetzt worden waren. Übrigens wußte er recht gut, daß ihm seine Wirtin niemanden bringen würde, der ihm gefährlich war, und es freute ihn sogar, Gesellschaft zu bekommen, da er in der alleinigen Gegenwart von Mrs. Breidelford wohl nicht mit Unrecht einen höchst langweiligen Abend befürchtete. Madame hatte nämlich, um selbst nicht in die Gefahr zu kommen, daß ihr Dienstmädchen ahnen konnte, wer ihr Gast sei, das Mädchen heute nachmittag, und noch ehe Cotton ihr Haus betrat, unter irgendeinem Vorwande zu ihren Eltern geschickt, von wo sie vor morgen früh auf keinen Fall zurückkehren würde. Sander schritt auf den Tisch zu, an dem der Flüchtling saß, und sagte lachend: »Nun, wie geht's, Sir? Die Bewegung gut bekommen?«
    Cotton sah staunend zu ihm auf, und es dauerte wohl eine halbe Minute, ehe er den früheren Kameraden und Gehilfen erkannte; dann aber streckte er ihm rasch und freudig die Hand entgegen und sagte schnell: »Ach, Sander, bei Gott, das ist köstlich, daß ich Euch hier finde; haben uns verdammt lange nicht gesehen.«
    »Nun, so verdammt lange ist das eigentlich nicht her«, meinte der junge Verbrecher, die dargebotene Hand ergreifend, »es müßte denn sein, daß Ihr einen so ausgedehnten Begriff von zehn oder zwölf Stunden hättet.«
    »Von zehn oder zwölf Stunden?« fragte Cotton verwundert, und Sander erzählte ihm jetzt lachend, wie und auf welche Art er einer seiner Verfolger geworden sei und sehr wahrscheinlich, vielleicht auch etwas unfreiwillig, das Leben des mit dem Pferde gestürzten Cook gerettet habe.
    »Ei, zum Teufel, das hätte ich wissen sollen!« rief Cotton erstaunt und schlug mit der Hand auf den Tisch. – »Die Pest noch einmal, wie hätte ich dem vermaledeiten Hund den Ritt versalzen wollen! Doch – 's ist vielleicht so ebenso gut; es hätte das County nur noch rebellischer gemacht, das mir überdies gerade genug auf den Hacken sitzt.«
    Die beiden Männer unterhielten sich jetzt von seiner Flucht und den am Fourche la Fave vorgefallenen Szenen, über die Sander wenig Bestimmtes wußte, während Mrs. Breidelford geschäftig das Abendbrot auftrug, das sie für ihre Gäste reichlich und schmackhaft bereitet hatte. Diese ließen sich denn auch nicht lange dazu nötigen. Cotton, der schon zu Mittag wirklich fabelhafte Portionen zu sich genommen hatte, fing noch einmal an zu essen, als ob er wochenlang gefastet habe, und Sander, der ebenfalls seit diesem Morgen gehungert hatte, unterstützte

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