Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
ihn hierin mit einem Eifer, der die würdige Wittib bald für ihre Speisekammer besorgt machte. Während des Essens wurde denn auch nach amerikanischer Sitte fast kein Wort zwischen den Männern gewechselt. Jeder schien zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um an irgend etwas anderes zu denken, und erst als die Mahlzeit beendet und die Bowle mit dem dampfenden Gebräu gefüllt war, lösten sich wieder ihre Zungen, und Cotton fing nun an – ein Gegenstand, den sie bis dahin alle vermieden hatten, – von der Insel zu reden, über die er von dem Gefährten Auskunft verlangte.
»Hol's der Henker!« rief er dabei. – »Ich sehe ein, daß ich's am Ende doch nicht umgehen kann. Die Pest über die Schufte; aber sie hetzen mich wie einen Wolf, und es ist ordentlich, als ob sie mir nur mit Willen den einen Schlupfwinkel offengelassen hätten. Gut – sie treiben mich zum Äußersten, so mögen sie's denn haben. – Wer dick aufstreicht, darf sich nachher nicht wundern, wenn ihm das Brot zu fett wird; – es wäre möglich, daß ich der Brut auch noch einmal zu fett würde. Sander, ich bin euer Mann. – Nehmt mich morgen oder meinetwegen noch heute nacht mit auf die Insel hinunter; – aber nein, heute und morgen muß ich mich erst einmal ordentlich ausruhen; – ich bin halbtot gehetzt, und abgemattet mag ich mich da unten nicht vorstellen. Aber nun sagt mir auch, wie steht's mit der Insel? – Wie sind die Bedingungen, unter denen man aufgenommen werden kann, und – was hat man dafür zu tun? Es ist nicht um der Gewissensbisse mehr; aber man möchte doch gern, ehe man in eine solche Falle geht, ein klein wenig vorher wissen, was dort von einem verlangt wird. Nun? Ihr schweigt? Ihr habt doch nicht etwa Angst, daß ich Euch verraten könnte?«
Sander schüttelte den Kopf und sah eine Weile sinnend vor sich nieder. – Sollte er jetzt dem Manne von der Gefahr erzählen, in der sie schwebten? – Daß alles auf dem Spiele stand und ihre ganze Sicherheit an einem Haar hing? – Nein, – Mrs. Breidelford war noch im Zimmer oder ging doch wenigstens aus und ein, und erfuhr sie das, so blieb natürlich keine Hoffnung, auch nur einen Cent von ihr zu erhalten.
»Das hat keine Gefahr, Cotton«, sagte er endlich. »Also, Ihr wollt mit hinüber? – Kennt Ihr denn schon die Wirksamkeit der Insel?«
»Ih nun, Rowson hat mir einmal einen kurzen Überblick gegeben. – Es existiert auch ein gewisses Zeichen, nach dem sie einen aufnehmen.«
»Allerdings; – kennt Ihr aber auch den Schwur, den Ihr leisten müßt?«
»Ich kann ihn mir wenigstens sehr lebhaft denken«, brummte Cotton. – »Doch – heraus mit der Sprache; – seid nicht so verdammt geheimnisvoll! Donnerwetter, Mann, bei mir habt Ihr doch weiß Gott nichts zu fürchten, denn wenn irgendeiner in der weiten Welt Ursache hat, Schutz zu suchen, so bin ich es.«
Mrs. Breidelford hatte in diesem Augenblick das Geschirr hinausgetragen, und Sander bog sich rasch zu Cotton hinüber und flüsterte: »Laßt die Alte nur erst zu Bette sein. Ich habe Euch wichtige Nachrichten mitzuteilen, von denen aber gerade sie nichts zu wissen braucht.«
»So? Über die Insel?«
»Ruhig! – Sie kommt wieder; – reden wir jetzt lieber von etwas anderem.«
In diesem Augenblick trat die würdige Dame wieder ein, und Sander erzählte jetzt lachend dem Kameraden, wie sie vorhin unten vor ihrer Tür einen ganz unschuldigen Mann verhaftet hätten, von dem sie fürchteten, daß er ihnen gefährlich werden könnte.
»Nun, wie ist's?« sagte da Mrs. Breidelford und trat mit zum Tisch. – »Wie steht's? Schon verabredet? Geht Cotton mit hinunter? 's ist das beste, Mann, was Ihr tun könnt, und ich würde noch diese Nacht dazu benutzen. Luise, sagte mein Seliger immer, schneller Entschluß, guter Entschluß. – Nur nicht zaghaft, wenn du auch eine Frau bist. – Ein merkwürdiger Mann war Mr. Breidelford – Gentlemen, und –«
»– Mußte ein solch unglückseliges Ende nehmen«, fiel Sander hier mit einem Seitenblick auf Cotton ein.
»Unglückseliges Ende, Sir?« rief Madame schnell, und ihre Blicke flogen von einem der Männer zum andern. – »Unglückseliges Ende? Oh, ich weiß recht gut, was Sie damit meinen, Sir. – Pfui, schämen Sie sich, Mr. Sander, solche niederträchtigen Gerüchte auch noch in den Mund zu nehmen, seine Zunge solchen nichtswürdigen Verleumdungen zu leihen. – Aber ich sehe wohl, wie es ist; mein Seliger, das liebe gute Herz, hatte ganz recht – Luise,
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