Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
sagte er immer –«
»Lassen Sie's gut sein, meine liebe Mrs. Breidelford«, sagte Sander rasch und versuchte, ihre Hand zu ergreifen, die sie ihm jedoch unwillig entriß, – »'s war wahrhaftig nicht so böse gemeint; Sie müssen auch nicht gleich immer das Schlimmste darunter verstehen. Haben Sie mir nicht selbst einmal versichert, daß Ihr Seliger gesagt hätte – Luise, sagte der gute Mann, der nun im Grabe liegt – denk nicht gleich von jedem das Schlimmste; die Welt ist besser, als man sie macht?«
»Ja, Mr. Sander, das hat er gesagt, mehr als tausendmal hat er das gesagt«, fiel hier die Frau, an ihrer schwachen Seite angegriffen, schnell beruhigt wieder ein, »und darin bin ich ihm auch gefolgt. – Breidelford, sagte ich oft – ich weiß, du hast recht, und wir sind alle sündige Menschen, aber ich kenne meine Schwäche, und wenn ich auch in manchen Stücken selbst schwach und fehlerhaft sein mag, meine Nebenmenschen achte ich und verehre ich und bisse mir eher die Zunge ab, ehe ich mir ein böses Wort gegen sie über die Lippen kommen ließe.«
»Nun sehen Sie wohl, beste Madame«, fiel hier Cotton, mit einem spöttischen Zucken um die Mundwinkel, beruhigend ein, – »es ist manches nicht so schlimm, wie es aussieht. Aber – um was ich Sie noch bitten wollte, – Sie redeten mir da erst von Zigarren. – Denken Sie, ich habe seit drei Wochen keine vernünftige Zigarre geraucht und vergehe fast vor Sehnsucht danach. – Nicht wahr, Sie tun mir den Gefallen?«
»Und habe nachher mein bestes Zimmer so verräuchert, daß ich mich zu Tode husten kann? Der Geruch zieht einem in die Betten, daß es zehn Pfund Seife nicht wieder herausbringen!« erwiderte Mrs. Breidelford.
»Wir rauchen jeder nur eine einzige«, beteuerte Sander; – »seien Sie nicht so hartherzig! – Ach, Mrs. Breidelford, ich habe auch auf der Insel einen Kasten mit Bändern und Pariser Blumen stehen.«
»Wie die Herren artig und höflich sein können, wenn sie von einem armen Frauenzimmer etwas haben wollen«, sagte Mrs. Breidelford, aber schon bedeutend milder gestimmt. – »Also Bänder und Blumen? Ach, Du lieber Gott, was sollte eine alte Frau, wie ich es bin, mit Bändern und Blumen? Übrigens, sehen möchte ich sie doch einmal; es wäre doch möglich –«
»Alte Frau?« wiederholte staunend Sander. »Alte Frau? Mrs. Breidelford, ei, ich möchte Ihnen nicht gern widersprechen, aber so viel weiß ich doch, daß Sie es in manchen Stücken mit den Jüngsten –«
»Oh – Schmeichler!« – sagte Madame und schlug naiv lächelnd nach ihm. – »Aber ich sehe schon, ich werde die Zigarren holen müssen. Nein, ich danke, ich brauche kein Licht; – ich bin gleich wieder oben.« Und mit raschen Schritten verließ sie das Zimmer und eilte die Treppe hinab.
»Ihr könnt nicht auf die Insel!« flüsterte Sander schnell, als sich die Tür hinter der Frau schloß. – »Der Mulatte, der mit Euch floh, ist gefangen und hat alles bekannt. – Wir sind verraten und müssen so bald wie möglich fliehen.«
»Was? Die Insel verraten?« rief Cotton wirklich erschreckt. – »Also auch der letzte Zufluchtsort abgeschnitten? – Pest und Tod! Das fehlte noch, – und was habt Ihr jetzt im Sinn?«
»Mrs. Breidelford muß mir Geld vorstrecken. Sie weiß noch nichts von der uns drohenden Gefahr und braucht es auch jetzt noch nicht zu erfahren.«
»Hat sie Geld?«
»Sie leugnet es zwar immer; ich bin aber fest überzeugt, daß sie Tausende liegen hat. – Sie ist zu schlau, um für nichts jahrelang die Hehlerin eines solchen Geschäfts gewesen zu sein.«
»Und Ihr glaubt, daß sie Euch gutwillig Geld gibt?« fragte Cotton rasch.
»Ruhe! – Nicht so laut! – Ich hoffe es wenigstens, das bleibt auch meine einzige Aussicht; denn wir alle müssen jetzt flüchten, und verbreitet sich erst einmal das Gerücht im Lande, daß ein solches Nest ausgehoben und die Mannschaft zerstreut sei, dann wäre der, der ohne Geld entkommen wollte, rein verloren. Jeder erbärmliche Farmer würde zum Polizeispion und jeden den Gerichten überliefern, der ihm nur irgend verdächtig vorkäme.«
»Und wann wollt Ihr fort?« fragte Cotton.
»Ich ginge gleich«, erwiderte Sander mürrisch; – »aber noch hoffe ich, daß wir bis morgen abend ungestört bleiben; dann haben wir unten unsere Hauptversammlung und auch Teilung der Beute. – Jedenfalls muß ich mich aber auf das äußerste vorsehen und dabei soll mir die Schatzkammer unserer freundlichen Wirtin
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