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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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er die großen, grauen Augen der schlafend Geglaubten fest und entsetzt auf sich gerichtet sah: »Verdammt, sie schläft nicht!«
    »Nun, Sir?« fragte die Witwe, die trotz der fürchterlichen Angst, die ihr für den Augenblick den Atem zu nehmen drohte, dennoch ihre Geistesgegenwart behielt. »Das ist dann wahrhaftig nicht Eure Schuld. Wenn Ihr so verwünscht langweilige Geschichten erzählt, könnt Ihr kaum verlangen, daß man die Augen offen behält. – Jesus, die Lampe geht ja beinahe aus! – Wie spät ist's denn?«
    Die Blicke der beiden Männer begegneten sich. Was sollten sie tun? – Wie sollten sie sich benehmen?
    »Zehn Uhr muß es vorbei sein«, sagte Sander endlich; »ich habe die Stöcke der Wachen schon unten an der Straßenecke gehört.«
    »Dann will ich noch ein wenig Öl für die Lampe holen«, sagte Mrs. Breidelford, während sie aufstand und sich nach der Tür wandte. – »Nachher zeige ich Euch Euer Bett. – Ihr müßt beide vor Tagesanbruch unterwegs sein und wollt doch vorher ein wenig schlafen.«
    Sie faßte die Klinke und wollte eben die Tür öffnen; aber das Herz drohte ihr dabei vor Furcht und Entsetzen die Brust zu zersprengen. Der Blick des Mörders, dem sie begegnete, hatte ihr das Schrecklichste verraten; ihr Leben stand auf dem Spiele. – Nur noch zwei Schritte, und sie konnte die Tür von außen verriegeln und das Freie erreichen, – nur noch eine Sekunde, und sie war gerettet. Ihr Fuß betrat die Schwelle, und Sander, der an einen Gewaltstreich kaum gedacht hatte, sah ihr unschlüssig nach. Da sprang Cotton, der ihre Absicht ahnte und jetzt wußte, daß es das Äußerste galt, rasch auf sie zu und faßte, als sie gerade die Tür hinter sich zuziehen wollte, ihren Arm.
    »Mörder!« schrie die Frau in Todesangst, und der Ruf hallte gellend und schauerlich in dem leeren Hause wider, »Mör –« Es war ihr letztes Wort gewesen. – Cottons Faust, voll riesiger Kraft geführt, schmetterte sie mit einem einzigen Schlage zu Boden, und Sander sprang in wildem Entsetzen empor. Kein Laut unterbrach die Stille, und der ausgestreckte Körper der unglücklichen Frau lag auf der Schwelle ihres eigenen Zimmers.
    »Cotton«, flüsterte Sander endlich und sah sich erschreckt um, »was habt Ihr getan? – Ist sie tot?«
    »Ich weiß nicht«, brummte der Mörder und wandte sich scheu von der zu Boden Geschlagenen ab. – »Macht jetzt schnell, daß wir finden, was wir brauchen! – Wo hat sie denn wohl ihr Geld aufbewahrt? Donnerwetter, Mann, steht nicht da, als ob Ihr mit Tran begossen wärt; jetzt ist keine Zeit mehr zum Gaffen; 's ist geschehen, und an uns liegt's nun, den Zufall so gut wie möglich zu nutzen.«
    »Wie soll ich wissen, wo sie ihr Geld hat?« sagte Sander. »Doch wohl dort, wo sie schläft.«
    »Dann kommt«, entgegnete Cotton; – »der Platz muß gleich hier nebenan sein; – ich sah die Tür offenstehen, als ich eintrat. – Nun? – Fürchtet Ihr Euch etwa, über den Kadaver zu treten? Ihr habt wohl noch keine Leiche gesehen?«
    Cotton hatte die Lampe ergriffen und war über den Körper weggestiegen – Sander folgte ihm, doch die Schlafkammertür fanden sie verschlossen, und der Mörder drehte sich noch einmal gegen sein Opfer um.
    »Ach, beste Mrs. Breidelford«, sagte er höhnisch, und sein Gesicht verzog ein in diesem Augenblick wirklich teuflisches Lächeln, – »dürfte ich Sie wohl einmal um Ihre Schlüssel ersuchen?«
    Er bog sich rasch zu dem Körper nieder und hakte das Schlüsselbund auf; Sander hatte ihm die Lampe aus der Hand genommen, und beide betraten jetzt das Schlafzimmer der Witwe. Vergebens durchstöberten sie aber hier alle Winkel und Kästen; vergebens wühlten sie selbst das Bett auf und durchsuchten jede einzelne Schublade. Es war alles umsonst, keinen Cent an Geld fanden sie, nur einzelne Schmucksachen, die sie zu sich steckten, die ihnen aber doch für den Augenblick nicht das waren, was sie brauchten. Wer kannte in dieser Wildnis den Wert solcher Sachen, und mußte nicht allein schon ihr Besitz den Verdacht noch mehr auf sie lenken? –
    »Schöne Geschichte«, knirschte Sander endlich, als er eine Masse wertlosen Plunders mit wildem Fluche neben sich auf die Erde schleuderte; »müßt Ihr immer gleich mit Fäusten dreinschlagen. Hättet Ihr mich gewähren lassen – «
    »So wäre Madame jetzt auf der Straße und schrie Zeter und Mordio!« erwiderte Cotton unwillig. »Sie hatte gemerkt, was wir wollten, und wäre auf jeden Fall

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