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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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rasch hinaus in die Weite; mehr und mehr drangen sie zum Zentrum vor, wo noch der trotzige Alte in voller Stärke die weiße, wehende Fahne schwang; immer näher rückten sie dem Panier, immer näher und näher, und jetzt – jetzt hatten sie es erreicht, jetzt trieben sie die hier versammelten Kerntruppen erst langsam und schwerfällig, dann immer rascher vor sich hin, und nun, einmal zum Weichen gebracht, zeigte das ganze Gefilde bald nichts als flüchtige Massen, die sich links und rechts in wilder, unordentlicher Eile durch die wehenden Wipfel des Urwaldes jagten. Hinterdrein aber, daß die alten Bäume gar bedenklich dazu mit den wehenden Zweigen schüttelten, die jungen schlanken Weiden aber den Flüchtigen sehnend die Arme nachreckten, stürmten die kecken Nordbrisen immer toller, immer mutwilliger und drangen durch den rauschenden Hain und sprangen über die leichtgekräuselte Flut. Droben am Himmel indes, in all ihrer siegreichen Herrlichkeit, stieg die glühende, funkelnde Sonnenscheibe empor, zu stolz, um den Feind zu verfolgen, den sie geschlagen hatte, zu rein aber auch, um sich ihr helles Himmelslicht durch seinen giftigen Hauch verhüllen zu lassen.
    Adele stand in Hedwigs Zimmer an dem Eckfenster und blickte sinnend zu dem aufsteigenden Tagesgestirn hinüber, dessen Strahlen eben die Nebel teilten und ihr holdes Antlitz mit zartem; rosigem Hauche übergossen.
    »Sieh, Hedwig«, sagte sie jetzt plötzlich und wandte sich nach der Schwester um, – »sieh nur, wie die Sonne jetzt auch den letzten Zwang abzuwerfen scheint und frei und rein aus all den häßlichen Schatten heraustritt; man sieht fast, wie sie hochaufatmet und ordentlich froh ist, all den Zwang und Dunst überwunden zu haben. – Ach, ist mir's doch gerade so, wenn ich aus der Stadt komme und den Fuß in den freien, herrlichen Wald mit seinen Blüten und Blumen setze.«
    Mrs. Dayton war neben sie getreten und schlug das große, treue Auge zu dem reinen, von keinem Wölkchen getrübten Firmament empor. Zwei klare Tränen hingen aber an ihren Wimpern, und sie wandte sich ab, um sie zu verbergen.
    »Hedwig«, sagte Adele leise und ergriff die Hand der Schwester, – »was fehlt dir? Du bist seit gestern abend so ernst geworden. – Hat dich Maries Zustand –?«
    Mrs. Dayton schüttelte leicht den Kopf und sagte seufzend: »Weiß ich's denn selbst, was mich drückt? Seit gestern, ja, seit wir von Livelys zurückritten, ist mir das Herz so beklemmt, daß ich in einem fort weinen möchte und doch nicht sagen kann, warum.«
    »Jener Vorfall dort hat dich so angegriffen«, beruhigte sie die Schwester, »liegt mir's doch selber seit der Zeit ordentlich in den Gliedern. Es war recht häßlich, daß wir auch gerade draußen sein mußten.«
    »Ach nein, – das ist es nicht allein«, erwiderte Mrs. Dayton unruhig; – »auch hier; – das ganze Verhältnis in Helena wird mir von Tag zu Tag drückender. Dayton lebt jetzt mehr außer dem Hause als bei uns und ist seit kurzer Zeit total verändert.«
    »Ja, das sei Gott geklagt!« beteuerte Adele. »Sonst war er froh und heiter, oft sogar selbst ausgelassen lustig; – weißt du noch, wie du über mich lachtest, als ich mich deshalb vor ihm gefürchtet hatte? Und jetzt ist er ernst wie ein Methodist, spricht wenig, raucht viel und fährt vom Stuhl auf, wenn nur irgend jemand unten vorbeigeht.«
    »Er hat davon gesprochen, daß wir Helena verlassen wollen«, sagte Mrs. Dayton. – »Wollte Gott, das könnte heute geschehen! – Helena wird mir mit jedem Tag verhaßter, je wilder und roher die Einwohner zu werden scheinen.«
    »Das sind nicht die Einwohner«, entgegnete Adele; »die verhalten sich ziemlich ruhig; nur die vielen fremden Bootsleute, die hier fortwährend kommen und gehen, werden die Ursache des ewigen Haders und Unfriedens. Ach, ich wollte ja auch froh sein, wenn ich Helena verlassen könnte! Ist denn Mr. Dayton die Nacht noch nach Hause gekommen? Ich hörte die Tür öffnen.«
    »Ja, er kehrte etwas nach zwei Uhr und todmatt zurück. Das ewige Reiten, und noch dazu in Nacht und Nebel und in der feuchten Sumpfluft, muß ihn ja endlich aufreiben. Aber es wird bald Zeit, daß ich ihn wecken lasse; er wollte um acht Uhr aufstehen.«
    »Wer war denn der fremde Neger, dem ich heute morgen hier unten im Hause begegnete?« fragte jetzt Adele. »Er schaute ganz entsetzlich wild und verstört drein; – ich erschrak ordentlich, als er mich ansah.«
    »Den hat Dayton, wie er mir nur flüchtig

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