Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
Erfindung. – Kaffee schmeckt nie besser als nach Tisch – morgens und abends ausgenommen –, und für so liebe, liebe Gäste muß man denn doch auch ein bißchen was herbeischaffen, daß sie nicht ganz trockensitzen.«
»Wer ist denn der hübsche junge Mann, der da mit Euch gekommen ist?« flüstere Cook dem jungen Lively zu, neben dem er stand. – »Mir kommt das Gesicht so bekannt vor –«
»Weiß der Teufel, wer er ist«, sagte James und warf dem Fremden einen keineswegs freundlichen Blick zu, – »eingeladen habe ich ihn nicht, und er behandelt Miß Adele, als ob er mit ihr aufgewachsen oder ihr Bruder wäre, und doch weiß ich, daß sie gar keinen Bruder hat.«
»Prächtiges Haar!« sagte Cook.
»Prächtiges Haar?« murmelte James verächtlich. – »Wie ein Bündel Flachs sieht es aus, – und das käseweiße Gesicht könnte mir den ganzen Appetit verderben, wenn mir den nicht schon überdies seine ganze Gegenwart verdorben hätte.«
Cook lächelte; – es war nicht schwer, die Beweggründe zu durchschauen, die des jungen Mannes Ärger erregt hatten. Aber auch Adele schien etwas davon gewahrt zu haben, denn sie warf, während sich ihr Nachbar eifrig mit ihr unterhielt, den Blick mehrere Male halb lächelnd, halb ungeduldig zu ihm hinüber und rief ihn endlich an ihre Seite, indes Mrs. Dayton eine lange Unterhaltung mit den beiden Farmerfrauen über Butter, Käse, junge Ferkel und alte Kühe hatte. »Nun, Sir«, sagte sie und blickte den verlegenen James mit den großen, glänzenden Augen so fest und durchdringend an, daß der arme Bursche, obgleich er gewiß die besten Vorsätze gehabt haben mochte, liebenswürdig zu erscheinen und die verwünschte Blödigkeit beiseite zu werfen, den breitrandigen Strohhut abnahm und erst langsam und dann immer schneller und schneller zwischen den Fingern herumlaufen ließ, »Sie versprachen mir doch unterwegs, das Abenteuer zu erzählen, das Sie neulich mit dem alten Panther hatten; – wie ich höre, hängt dort drüben an dem Persimonbaum[Dattelpflaume] das Fell. Mr. Hawes hier behauptet eben, es sei einem einzelnen, bloß mit einem Messer bewaffneten Manne gar nicht möglich, einen Panther zu besiegen.«
»Nun, ich weiß nicht«, stotterte James, denn hier vor der jungen Dame von seinen Taten zu sprechen, kam ihm fast wie eine häßliche Prahlerei vor, – »ich weiß nicht – Mr. Hawes – es ist auch vielleicht –«
»– schwieriger, mit einem Panther anzubinden, als sich's nachher erzählt«, sagte Sander, und ein spöttisches Lächeln spielte um seine Lippen. – »Ja, ja, man vergißt bei solcher Erzählung gewöhnlich die Hunde, die ihre Leiber dem Feinde entgegenwerfen, schießt das Tier aus sicherer Ferne mit der Kugel nieder und stößt dem schon Verendeten das Messer noch ein paarmal in Brust und Weichen, um an dem aufgespannten Fell die Beweise unserer Heldentaten zu haben. – Ich bin ja auch schon auf solcher Jagd gewesen.«
James blickte zu dem Sprecher auf. Das ganze Wesen des Mannes, der in nachlässiger Stellung dicht neben einem Mädchen lehnte, während er selbst sich schon beklommen und eingeschüchtert fühlte, wenn er ihr nur gegenüberstand, hatte etwas ungemein Widriges, ja Empörendes für ihn. Kaum begriff er aber den Sinn dieser Worte, die dem einfachen Hinterwäldler anfangs fast unverständlich waren, als ihm das Blut schneller und heftiger in die Wangen schoß und damit auch seine fast unüberwindbare Scheu und Verlegenheit mehr und mehr schwand. »Wenn ich einmal behauptet habe«, sagte er, und seine Stimme wurde beinahe von seinem auflodernden Zorn erstickt, »ich hätte einen Panther im Zweikampf und mit dem Messer erlegt, so meine ich damit nicht, daß mir die Hunde oder Pulver und Blei dabei geholfen hätten. Ich weiß nicht, Fremder, wo Ihr solche Ansichten gelernt haben mögt, aber hier in den Wald passen sie nicht. – Kein Mann hier, den James Lively zu seinen Freunden zählt, würde eine Lüge sagen.«
»Bester Mr. Lively«, lächelte Sander, in dessen Plan es keineswegs lag, Streit zu beginnen, »Sie wissen gewiß recht gut, daß das, was man Jägergeschichten nennt, unter die Rubrik von Lügen gesetzt werden darf. Ein Jäger hat das Privilegium, Poet zu sein, und wie der Novellist in seiner Erzählung die trockenen Tatsachen nicht rein und ungeschmückt hinstellen darf, so ist es jenem ebenfalls nicht allein erlaubt, sondern es wird sogar teilweise verlangt, daß er seine Jagdabenteuer in einem bunten Kleide
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