Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
endlich, des Spielens überdrüssig, auf den Zaun, schlug hier mit den Flügeln und fing nun zum großen Ergötzen der darunterstehenden kleinen Schelme aus Leibeskräften zu krähen an.
Das Kleine aber, das die Mutter noch auf dem Arm trug, hatte nun die munter herumtummelnden Geschwister entdeckt, streckte ungeduldig strampelnd die fetten Ärmchen nach ihnen aus und wollte unter jeder Bedingung an dem Spiele teilnehmen. »Ei, so laß doch den Schreihals herunter, Betsy!« rief ihr da lachend der Gatte zu. »Laß ihn nur nieder, siehst du denn nicht, daß er helfen will?«
»Er wird sich Schaden tun«, sagte besorgt die Mutter; »es ist hier so rauh und steinig.«
»Torheiten! – Der Junge muß Grund und Boden kennenlernen; – er mag seinen Weg suchen.«
Die Mutter ließ, während sie sich von der hohen Schwelle des Hauses niederbeugte, lächelnd den kleinen Schreier auf die ebene Erde nieder, die dieser mit lautem Jubelgekreisch begrüßte. Ohne weiteren Zeitverlust arbeitete er sich auch gleich auf allen vieren zum Vater hin, der ihm freundlich zuwinkte. Der große schwarze Neufundländer aber, der bis jetzt neben seinem Herrn gesessen hatte, sprang nun mit weiten Sätzen dem kleinen Burschen entgegen, hob die schöne, buschige Fahne und das mit kleinen, krausen Löckchen versehene Behänge hoch empor, bellte ihn ein paarmal mit tiefer, volltönender Stimme an und versuchte dann vorsichtig, das Kind am Gurt des kleinen Röckchens zu fassen um ihm die Bahn zu erleichtern oder es seinem Herrn ganz zu apportieren.
»Laß ihn gehn, Bohs«, rief der junge Mann lachend, »laß ihn gehn! – Warte, Bursche, glaubst du, der könne nicht allein kommen? Nun sieh einer den ungeschlachten Schlingel an! Dreht er mir den Jungen ganz herum.«
Der Zuruf galt dem Hunde. Da es ihm nämlich verboten worden war, das Kind in die Schnauze zu nehmen, übersprang er den Kleinen mehrmals mit hohen Sätzen und versuchte dann, ihn mit der breiten kräftigen Tatze zu sich herüberzuziehen. Allerdings rollte er die kleine unbeholfene Gestalt des Kindes dabei rund herum; das aber nahm der Junge keineswegs übel. Er schien sich im Gegenteil sehr über den ungeschickten Spielkameraden zu freuen. Er jauchzte ein paarmal laut auf und setzte dann seine Bahn zum Vater fort, der ihm nun auf halbem Wege entgegenkam und ihn lächelnd zu sich emporhob.
»William«, sagte der Alte, während er sich vergnügt und schmunzelnd die Hände rieb, »William, das ist ein kapitales Stück Wildbret; – das reine Fett, wie man sich's nur wünschen kann, und die Rippen werden erst gut schmecken. Es war doch gut, daß du heute mittag noch einmal zum Rohrbruch gegangen bist; ich dachte mir's schon, daß du dort was findest.«
»Ach, mit dem Denken, Vater«, lachte der junge Mann, während er das rotwangige Kind herzte und küßte und auf den Armen schaukelte, »mit dem Denken ist's eine gewaltig unsichere Sache. So sagt man nachher immer, und wenn man es genau nimmt, so hat man sich beim Pirschen hinter jedem Dickicht, an jedem sonnigen Hügel ein Stück Wild gedacht. – Dafür lobe ich mir aber auch das Pirschen. – Es gibt kein herrlicheres Vergnügen auf der weiten Gotteswelt, – eine gute Bärenhetze vielleicht ausgenommen, und ich glaube, ich könnte gleich aus freien Stücken ein Indianer werden, wenn ich –«
»Wenn ich jemanden dabei hätte, der mir Mais und süße Kartoffeln baute, nicht wahr?« unterbrach ihn lachend der Alte. – »O ja, so zum Vergnügen den ganzen Tag im Walde herumzuspazieren und weiter keine Arbeit zu haben, als gute Stücke Fleisch nach Hause zu tragen, das glaube ich schon, das ließe ich mir auch gefallen, das geht aber nicht. – Mein Junge zum Beispiel würde jetzt schön gucken, wenn sein alter Vater in seiner Jugend weiter nichts getan hätte, als Büchsenläufe schmutzig zu machen. Nein, dafür sind wir – der Henker soll doch die Moskitos holen, sie beißen heute wie besessen –«, und er rieb sich abwechselnd mit den rauhen Sohlen die kaum zarteren, wenigstens ebenso braun gebrannten Spannen seiner bloßen Füße, – »dafür sind wir hierher gesetzt, daß wir im Schweiß unseres Angesichts – wie der alte Schleicher sagt – unser Brot verdienen sollen. Das heißt, wir müssen uns schinden und plagen, um das Jahr über genug Mais und süße Kartoffeln zu haben.«
»Alle Wetter!« lachte Cook, während er erstaunt von seiner Arbeit aufsah. »Ihr haltet ja heute ordentliche Reden, die sind doch sonst
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