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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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im Innern der Hütte. Dann erst, als sich dem scharfen Ohr nichts Verdächtiges darbot, öffnete der Verbrecher mit sicherer Hand die Pforte und schlüpfte hinein.

Kapitel 12
    Der Mulatte hielt noch immer die wieder fest angedrückte Tür in der Hand. Vorsichtig lauschte er dabei auf den geringsten Ton, um sich erst vollkommen davon zu überzeugen, ob auch wirklich alle schliefen und nicht vielleicht ein einzelner ruhig auf der Lauer liege, um den nächtlichen Feind zu beobachten und zu überfallen. Lange verharrte er in dieser Stellung und glich eher einer aus dunklem Stein gehauenen Statue als einem menschlichen, atmenden Wesen.
    Undurchdringliche Finsternis herrschte in dem kleinen Raum, der die ermüdeten Männer beherbergte. Das Feuer im Kamin war niedergebrannt, und nur zwischen den oberen Balken hindurch fand das matte Dämmerlicht des Mondes einen Eingang. Nichts regte sich; kein Ton wurde laut, außer dem regelmäßigen Atmen der Schlafenden. Der Mulatte konnte das Schlagen seines Herzens deutlich, ja so deutlich hören, daß er schon fürchtete, es müsse ihn verraten, und er preßte die breite, schwielige Hand fest darauf, um diese augenblickliche Schwäche zu besiegen.
    Endlich mochte er sich wohl überzeugt haben, daß ihm hier noch keine Gefahr drohe. Er griff jetzt leise hinauf über die Tür, wohin die Farmer stets auf dort eingeschlagene Pflöcke ihre langen Büchsen legen, und ein triumphierendes Lächeln durchzuckte sein dunkles Gesicht, als er den Lauf der erhofften Waffe fühlte. Schnell und ohne Zögern hob er sie herunter. Nun mußte er aber auch noch die Kugeltasche haben, und dem Jägerbrauch nach hing diese an der anderen Seite beim Kolben, und zwar an demselben Haken, der diesen trug.
    Mit einem Schritt war er drüben; aber »Pest!« knirschte er leise zwischen den Zähnen, als er den leeren Platz dort fühlte. Sie war nicht da, und wo sollte er jetzt zwischen den nur leicht schlafenden Männern die kleine Tasche finden? Mußte ihn nicht das unbedeutendste Geräusch verraten, und wäre es ihm möglich zu entkommen, sobald er erst einmal von diesen kühnen und in der Verfolgung so geübten Söhnen des Waldes entdeckt und wirklich gejagt würde? Hier aber half kein Besinnen; denn er wußte, daß ihn sein weißer Begleiter nicht ohne Gewehr durch die Sklavenstaaten der Freiheit entgegenführen würde. Überdies war er nun doch einmal mitten zwischen den Feinden; die Zähne also fest aufeinander gepreßt, die Rechte am Griff des scharfen Stahls, fühlte er seinen Weg links an der Wand hin und hoffte, dabei die ersehnte Kugeltasche auf irgendeiner Stuhllehne oder auf jeden Fall neben dem Kamin zu finden.
    Jetzt war er an dem Wandschrank, der das einfache Hausund Küchengerät der Familie trug, und unten – er streifte mit dem Beine daran – steckte der Schlüssel. Das mußte jedenfalls der Aufbewahrungsort für Lebensmittel sein, und so stark quälte ihn in diesem Augenblick nagender Hunger, daß er alles andere vergaß, ja selbst die Gefahr nicht achtete, der er sich aussetzte, und so geräuschlos wie möglich die kleine Tür öffnete.
    Mit welcher Gier fühlte er aber dort eine große Schüssel, die, wie er sich bald überzeugte, Milch enthielt. Freudig hob er sie an die trockenen Lippen, um in langen durstigen Zügen die süße Labung einzusaugen. Kaum konnte er sich entschließen wieder abzusetzen, und dann tappte er vor allen Dingen nach fester Nahrung umher, die er auf seine Wanderschaft mitzunehmen gedachte. Er fand zwar nur wenige Stücke Maisbrot, schob diese jedoch schnell vorn in sein Hemd, das der Gürtel zusammenhielt, und hob nun noch einmal das Gefäß an den Mund. »Laßt mir auch noch was drin!« sagte da plötzlich eine Stimme dicht neben ihm, und fast wäre ihm vor lähmendem Schreck das schwere Gefäß aus der Hand gestürzt. Seine Glieder bebten, – regungslos stand er da und wagte kaum zu atmen.
    »Mr. Cook!« sagte dieselbe Stimme jetzt wieder. »Mr. Cook!«
    »Was gibt's« fragte Cook schlaftrunken aus seinem Bett. – »Treib ihn hinaus! – Er ist über den Zaun gesprungen.«
    »Wer?« fragte Sander erstaunt.
    »Der Rappe«, murmelte Cook.
    »Unsinn! – Schwatzt der im Schlafe von Pferden und Zäunen. Ich glaubte, Ihr wärt aufgestanden, um einmal zu trinken.«
    »Ja, ja – was gibt's« rief jetzt Cook, der sich, munter geworden, im Bett aufrichtete. – »Rieft Ihr mich?«
    »Ich bin fürchterlich durstig«, sagte Sander, »und glaubte, ich hörte Euch trinken.

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