Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
– Wo steht denn das Wasser?«
»Draußen vor der Tür, auf dem kleinen Brett – gleich links«, erwiderte Cook; – »der Flaschenkürbis zum Ausschöpfen hängt dicht darüber am Nagel. Wollt ihr aber nicht lieber Milch trinken? Im Schrank steht eine ganze Schüssel voll; sie wird doch bis morgen früh sauer.«
Der Mulatte setzte schnell und leise die Schale nieder und zog das Messer aus der Scheide. Seine Entdeckung schien jetzt unvermeidlich, denn in der Dunkelheit durfte er, ohne sich zu verraten, keinen Schritt wagen. Wußte er doch gar nicht, wohin und auf wen er treten konnte.
»Nein, ich danke«, sagte Sander, – »Wasser wäre mir lieber; das ist aber eine Finsternis hier, man kann Hals und Beine brechen.«
»Blast die Kohlen im Kamin ein wenig an!« rief ihm Cook zu. »Rechts in der Ecke liegen ein paar Kienspäne.«
Der Mulatte faßte sein Messer mit festerem Griff und hoffte jetzt nur noch, sobald das Feuer emporflackerte, auf die erste Überraschung der Männer, um das Freie glücklich zu erreichen. Vorher durfte er keinesfalls wagen, seinen Platz zu verlassen, da er im Dunkeln ja kaum die genaue Richtung kannte, die er zu nehmen hatte, und ihm überdies dort, wo er sich gerade befand, noch allein die Hoffnung blieb, nicht entdeckt zu werden. Sander blies jetzt mit aller Macht in die heiße Asche, vermochte aber keine Flamme zu erwecken, sondern blies sich nur die Asche ein paarmal selber in die Augen. Endlich sprang er unwillig wieder auf und rief: »Der Teufel mag das Feuer holen; – nicht ein Krümel von einer Kohle ist mehr zu finden.«
»Ihr könnt ja nicht fehlen und braucht gar nicht aus dem Hause zu treten«, sagte Cook, – »wenn Ihr auf die Schwelle tretet, habt Ihr den Wassereimer gleich linker Hand.«
»Wieviel Uhr ist's?« fragte jetzt James, der ebenfalls wieder munter geworden war.
»Es kann noch nicht so spät sein!« erwiderte Sander. »Aber, Donnerwetter, jetzt habe ich mir die Knochen an einem Büchsenschloß geschunden, und – was ist denn das? Die Tür steht hier ja auf. – Da wird wahrscheinlich einer von den verwünschten Kötern hereingekommen sein. Wer läßt aber auch die Büchse hier unten stehen!«
»Nun, meine Büchse kann es doch wahrhaftig nicht sein!« rief Cook. »Die habe ich gestern abend selbst hinauf auf ihren Platz gelegt.«
»Dann ist sie auch von selber wieder heruntergekommen«, brummte Sander; »denn hier steht sie, und das Zeichen davon trage ich am Schienbein.«
»So hat sie der verwünschte Junge gehabt. – He, Bill!«
»Oh, laßt den um Gottes willen schlafen; es wäre schade, das schöne Schnarchen zu stören. Der Herr sei uns gnädig, der bläst ja wie nach Noten!«
Sander legte bei diesen Worten das Gewehr wieder an seine Stelle hinauf, trat dann in die Tür, fand den Eimer und trank das kühlende Wasser mit Ausrufen unverkennbaren Wohlbehagens.
»Ach«, sagte er, als er den langstieligen Flaschenkürbis wieder an den Nagel hängte. »Das tat gut! Es gibt doch nichts Herrlicheres als einen Schluck Wasser, wenn man so durstig ist.«
»Besonders, wenn halb Whisky drin ist«, fiel hier Cook ein, der ebenfalls zum Eimer trat, um seinen Durst zu löschen. – »Wo sind denn aber die Hunde? – He Deik – he Red Bohs, Watch, hallo, hier! Wo steckt ihr Kanaillen alle?«
Die Tiere, die bis jetzt hinten am Hause gelegen hatten, kamen winselnd hervor, wedelten vor der Tür herum und wollten an ihrem Herrn hinaufspringen.
»Fort mit euch, ihr Bestien – nieder!« rief aber Cook. – »Was liegt ihr alle miteinander dort hinten unter dem Hirschfleisch? Einer ist genug. – Du, Watch willst du hinaus! Du, Bohs! So hol' doch der Teufel die Hunde! – Willst du fort, Kanaille!«
»Was haben sie denn?« fragte James.
»Ei, die Sappermenter wollen mit aller Gewalt hier herein«, rief Cook ärgerlich, – und schnüffeln, als wenn sie eine wilde Katze auf dem Baum hätten. – Hol' sie der Henker!«
Nur mit vieler Mühe gelang es ihm, die Tür zu schließen; denn die beiden größten der Hunde schienen sich ihren Weg in das Innere der Wohnung erzwingen zu wollen. Endlich aber schob er den hölzernen Pflock vor, tappte, während er Sander dabei führte, zu seinem Lager zurück und legte sich wieder nieder, schimpfte jedoch dabei noch fortwährend auf die ›Bestien‹, wie er sie nannte, die draußen vor der Tür lagen und winselten.
Sander schlief endlich wieder ein, Cook wälzte sich aber noch immer unruhig auf dem Bett herum; denn die Hunde
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