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Die Formel des Lebens: Von der Zelle zur Zivilisation (German Edition)

Die Formel des Lebens: Von der Zelle zur Zivilisation (German Edition)

Titel: Die Formel des Lebens: Von der Zelle zur Zivilisation (German Edition)
Autoren: Enrico Coen
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wir festgestellt, dass wir beim Blick auf die Ursprünge biologischen Wandels weder einfache Startpunkte noch klar abgrenzende Faktoren finden. Es gibt keine klaren Anfänge oder Unterscheidungskriterien für Evolution, biologische Entwicklung oder Lernen. Vielmehr ergeben sich diese Wandlungsprozesse aus einer Konstellation von Parametern, die einander in genau dieser Kombination gegenseitig begünstigen. Statt klare Anfänge zu finden, stoßen wir nur auf Kreisläufe und Wechselwirkungen.
    Das gilt auch für den kulturellen Wandel. Unsere Perspektive lässt sich nicht bis auf eine eindeutige Ursache zurückführen, sondern beruht auf einer Formel mit vielen aufeinander einwirkenden Parametern. Es lässt sich also kein bestimmtes Anfangsdatum definieren und kein Unterscheidungskriterium; die menschliche Kultur fand ihren Ursprung, als die verschiedenen Komponenten aufkamen undzusammenfanden. Jetzt wollen wir untersuchen, woher die Prinzipien der kulturellen Umwandlung stammen.
KULTURELLE URSPRÜNGE
    Die Populationsvariabilität beruht beim Menschen auf Unterschieden in Geburt und Erziehung. Mit was für einem Gehirn wir geboren werden, wird mitbestimmt durch unsere spezifisch ererbten Gene und ihren Einfluss auf den Entwicklungsprozess im Mutterleib. Nach der Geburt erwerben wir weitere individuelle Merkmale, wenn wir verschiedene Situationen erleben und daraus lernen. Diese Erlebnisse veranlassen unser Gehirn, ständig Erwartungen und Diskrepanzen aufzubauen; darüber werden wir zu Individuen und entwickeln bestimmte Interpretations- und Handlungsweisen. Die Variabilität, die kulturellen Wandel in menschlichen Populationen ermöglicht, lässt sich zurückführen auf die Eigenschaften von Gehirnen und auf deren Wechselwirkungen, was selbst wiederum das Wechselspiel zwischen Evolution, biologischer Entwicklung und Lernen widerspiegelt.
    Ähnliches gilt auch für die kulturelle Persistenz. Die Übertragung von Wissen und Fertigkeiten von einer Person auf eine andere ist auf unsere Kommunikationsfähigkeit angewiesen. Diese wiederum hängt davon ab, wie jeder von uns sich entwickelt, lernt und handelt. Unser Hirn macht es uns möglich, Sprachen, Gesten und Handlungen zu erlernen und damit wirksam mit anderen zu kommunizieren. So lernen wir womöglich einmal Werkzeuge oder andere Dinge herzustellen, die beständig fortdauern und dazu beitragen, dass Wissen effektiver von einer Person an die nächste überliefert werden kann. Kulturelle Persistenz wurzelt darin, wie unser Gehirn sich herausgebildet hat, sich entwickelt und lernt, so dass wir erfolgreich und mit anhaltenden Auswirkungen kommunizieren können.
    Auch bei der kulturellen Verstärkung spielt unsere Kommunikationsfähigkeit eine Schlüsselrolle. Mittels Kommunikation können sich besondere Gedanken oder Leistungen in einer Population ausbreiten. Was sich aber ausbreitet, hängt davon ab, was wir wertschätzen. Wir werden mit bestimmten Werten geboren, die in den neuronalen Verknüpfungen unseres Gehirns festgelegt sind. DieseWerte sind in unserer evolutionären Vergangenheit verwurzelt. Unsere Grundbedürfnisse nach Sicherheit, Nahrung und einem Partner sind entstanden, weil damit tendenziell Überleben und Reproduktion gefördert werden. Durch Lernen wird auf diese und andere Werte ganz unterschiedlich aufgebaut. So schätzen wir mit der Zeit vielleicht Geld, Berühmtheit, Wissen oder ein schönes Gemälde. Egal, welche Werte wir erwerben, sie wurzeln in unserem biologischen Erbe und veränderten sich dann durch Lernen. Wie die vorigen Prinzipien gründet auch kulturelle Verstärkung auf Evolution, biologischer Entwicklung und Lernen.
    Die Prinzipien von Wettbewerb und Kooperation im kulturellen Bereich haben ähnliche biologische Wurzeln. Der Mensch hat sich als soziales Lebewesen entwickelt und verfügt über ein fein austariertes Gleichgewicht aus konkurrierenden und kooperierenden Antriebskräften. Unsere Wettkampfnatur stammt aus der Notwendigkeit, unser eigenes Überleben und unsere Reproduktion zu sichern. Indem wir um Nahrung, Sicherheit oder Aufmerksamkeit konkurrieren, können wir die Wahrscheinlichkeit einer eigenen Nachkommenschaft steigern. Gleichzeitig ist Kooperation innerhalb einer sozialen Gruppe wichtig, weil wir aus gegenseitiger Unterstützung Nutzen ziehen können. Durch Kooperation mit unserem Partner steigern wir vielleicht die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Kinder überleben und gedeihen. Wettbewerb und Kooperation beeinflussen
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