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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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sein, klar. Aber auch ganz anders. Und wieso kam der verschollene Liebhaber der Heldin gerade im richtigen Moment des Weges, um sie bühnenreif zu retten?
    »Was ist mit dem Freund Ihrer Nachbarin?« Crespin hob die Hand und formte mit Daumen und Ringfinger einen Halbkreis, ein Zeichen, das Maitre André offenbar verstand, denn er drehte sich um und ließ einen Ricard ins Glas laufen.
    »Ben? Mittelgroß, durchtrainiert, kurzes blondes Haar, sehr boche , würde ich sagen.« Crespin grinste. »Braune Augen, eine Narbe in der Unterlippe.«
    »Typ Glücksritter?«
    Crespin wiegte den Kopf und schüttelte ihn dann. »Der hätte Alexa auch genommen, wenn sie arm wie Aschenputtel wäre.«
    »Und warum verläßt er sie dann?«
    »Ich hatte immer den Eindruck, daß ihm etwas auf der Seele brennt, Paul.« Crespin schüttelte wieder den Kopf.
    Bremer wunderte sich. Jetzt verteidigte er den Mann auch noch, der ihn rabiat aus dem Weg gestoßen hatte.
    »Marius behauptet, er hätte ihn gesehen, vorletzte Woche. Als alle Welt in Beaulieu war, um dem Eselsrennen zuzusehen.« Crespin seufzte.
    »Kann sein – kann auch nicht sein. Hauptsache, es ist alles wieder gut. Und ich geh jetzt nach Hause, Wäsche waschen.«
    Diesmal ließ der alte Herr Bremer bezahlen und sich von ihm begleiten – die Gasse herunter, an Persson/Schmids Haus vorbei, ein kurzes Stück über die Place des Platanes und wieder hinauf in die Straße, in der Crespins Haus an Alexas grenzte.
    Das Tor zu Alexas Haus stand offen, unter dem Torbogen stand Ruby und kläffte in den höchsten Tönen. Eine schlanke Gestalt mit wehendem dunklen Haar trat heraus und hielt dem Hund etwas hin. Ruby japste noch einmal und fraß ihr dann manierlich aus der Hand.
    » Mon Dieu , was für ein bestechlicher Köter«, sagte Crespin.
    Alexa Senger redete auf die rotbraune Promenadenmischung ein, als wäre das Tier ein verwunschener Prinz, und sah erst auf, als sie nur noch ein paar Schritt entfernt waren. Bremer war wie vom Donner gerührt. Er hatte sie einmal flüchtig gesehen, im Dämmerlicht. Trotzdem hatte er sie sich anders vorgestellt, so, wie man sich reiche Erbinnen eben vorstellt: makellos frisiert und irgendwie unwirklich. Statt dessen stürzte ein Schneewittchen mit wilden Locken und großen braunen Augen auf Crespin zu und fiel ihm um den Hals. So sieht keine Mörderin aus, dachte Bremer – auch wenn er wußte, daß das eine mit dem anderen nichts zu tun hatte. Vielleicht hatte Persson ja tatsächlich Selbstmord begangen?
    Alexa Senger gab sich redlich Mühe, alles auf einmal zu erzählen. Wie sie Gespenster gesehen hatte im Keller, Halluzinationen von der Vergangenheit des Hauses. Und wenn Ben nicht zurückgekommen wäre…
    »Es war Ruby. Ruby hat nach dir gesucht«, sagte Crespin, hielt sie auf Armeslänge von sich und betrachtete sie prüfend. Bremer sah, wie sich plötzlich ihre Augen weiteten.
    »Was haben Sie gemacht, Lucien?« Sie berührte mit dem Zeigefinger das Pflaster neben seinem Mund.
    »Ach das…« Crespin guckte verlegen zur Seite. Bremer platzte der Kragen. »Ihr Freund hatte es sehr eilig, Sie wiederzusehen«, sagte er spitz.
    »Lucien Crespin stand zufällig im Weg.«
    Ihr Blick traf ihn wie das Finale von »Dr. Schiwago«. Sie sah unsicher und gekränkt und verletzt und besorgt und zweifelnd aus, dies alles zugleich, und dabei auch noch so schön, daß er am liebsten alles zurückgenommen, »Verzeihen Sie Ihrem armseligen Diener, Madame« gemurmelt und sich untertänigst zurückgezogen hätte.
    »Es ging alles so schnell… Ich habe gar nichts mitgekriegt. Ich wollte nur raus, raus aus dem Keller, ins Licht.« Sie hatte die dichten Augenbrauen zusammengezogen und machte ein unendlich trauriges Gesicht. Ruby, ein gefühlvoller Köter, sprang an ihre Seite und leckte ihr die Hände.
    »Mußte das sein?« murmelte der alte Herr, als sie weitergingen, einen seligen Hund im Schlepptau, der gemächlich hinter ihnen hertrottete und noch gemächlicher mit dem Schwanz wedelte.
    »Sie waren der einzige Freund, den sie hatte, während der Kerl sich sonstwo amüsiert hat«, sagte Paul.
    »Eifersüchtig?« Crespin grinste ihn an.
    »Sie nicht?«
    Lucien stutzte, blieb stehen, kratzte sich im Nacken und blickte hinunter zu Ruby, der mit Hundegrinsen zu ihm hochschaute.

6
    K aren Stark hatte sich wahrscheinlich noch nie so nutzlos gefühlt. Das und das triste Hotelzimmer verdüsterte ihre Stimmung. Sie zerknüllte einen der vollgeschriebenen Papierbögen nach dem

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