Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Titel: Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Jenni
Vom Netzwerk:
sein Leben gern erzählte. Er wohnte in Algier, verließ nur selten das Viertel Bab el-Oued und kannte die Sahara überhaupt nicht; das schien den Colonel zu beruhigen, der aus seinem vorigen Leben nur ein paar kurze Anekdoten zum Besten gab.
    Salagnon zeichnete Euridice, und sie wurde es nie müde, so betrachtet zu werden. Kaloyannis ließ einen Blick zärtlicher Bewunderung auf seiner Tochter ruhen, und der stumme Colonel ermaß all das mit scharfem Blick. In den heißen Stunden war die Landschaft draußen nicht mehr zu sehen, sie wurde von der grellen, weißen Sonne geradezu erdrückt; die hochgeschlagenen Ränder der Zeltwände ließen einen Luftzug herein, der über die schweißgetränkte Haut glitt und erleichternd wirkte. »Das ist das Prinzip der Beduinenzelte«, sagte der Colonel. Dann gab er eine genaue Beschreibung und eine ethnologische Erklärung jener schwarzen Zelte mitten in der Wüste ab, die er selbstverständlich persönlich besucht hatte; selbstverständlich. Kaloyannis war belustigt, er behauptete, nie einen Beduinen gesehen zu haben und nicht zu wissen, ob es in Algerien überhaupt welche gab. Er kannte die Araber nur von der Straße, abgesehen von Ahmed und seinen Krankenpflegern, und die einzigen exotischen Geschichten, die er erzählen konnte, waren Anekdoten über kleine Schuhputzer. Und die erzählte er. Die Grazie seiner Gutmütigkeit und der Schwung seiner Worte gab ihnen das Gefühl, in ein anderes Land versetzt zu sein.
    Salagnon erzählte, was sie auf den Wiesen gesehen hatten. Er erinnerte sich an den Geruch, als habe er einen Muskelkater davon bekommen, ihm taten Nase und Kehle weh.
    »Es ist widerlich, was ich in dem deutschen Panzer gesehen habe. Ich weiß nicht einmal, wie man das beschreiben soll.«
    »Ein Einziger von ihren Tigern kann mehrere von unseren Panzern hopsgehen lassen«, sagte der Colonel. »Man muss sie zerstören.«
    »Äußerlich war er nicht einmal beschädigt, aber drinnen war alles hinüber, nur noch Brei.«
    »Zum Glück haben wir die moderne Technik«, sagte Kaloyannis. »Kannst du dir vorstellen, das mit der Hand zu machen? Vier Insassen eines Autos durch ein Loch in der Tür mit einem Schweißbrenner ins Jenseits zu befördern? Man müsste sich dem Fahrzeug nähern, würde sie durch die Scheiben sehen, würde die Düse durch das Schlüsselloch schieben, um die Flamme ins Innere des Fahrzeugs zu richten. Es würde ziemlich lange dauern, ehe der ganze Fahrgastraum in Flammen stände; durch die Scheiben könnte man alles verfolgen, während man den Schweißbrenner gut festhält; man würde sehen, wie sie direkt hinter der Scheibe verbrennen, man würde die Düse gut festhalten, bis alles im Inneren geschmolzen wäre, und am Ende würde der Lack der Karosserie nicht einmal Blasen aufweisen. Kannst du dir vorstellen, das aus solcher Nähe mitzuerleben? Man würde alles hören, und der Anblick für denjenigen, der den Schweißbrenner hält, wäre unerträglich. Das würde man nicht durchstehen.
    Die amerikanischen Piloten, zum großen Teil durchaus ordentliche Typen, die aufgrund ihrer seltsamen Religion ein ziemlich stark ausgebildetes Gefühl für Sittlichkeit haben, würden es nie ertragen, Menschen zu töten, wenn ihnen die Technik nicht dabei zu Hilfe käme. Der Pilot, der das tut, kriegt nichts davon mit. Er visiert nur den Panzer in einem Fadenkreuz an, drückt auf einen roten Knopf auf seinem Steuerknüppel und sieht nicht einmal den Einschlag, da er dann schon weit weg ist. Dank der modernen Technik kann man mit Schweißbrennern unzählige Typen in Fahrzeugen vernichten. Ohne die Industrie hätten wir so viele Menschen nicht töten können, das hätten wir nie ertragen.«
    »Sie haben einen eigentümlichen Humor, Kaloyannis.«
    »Ich habe Sie noch nie lachen sehen, Colonel. Das ist kein Zeichen von Stärke. Und auch nicht von guter Gesundheit. Sie sind derart steif, dass Sie in tausend Teile zerbrechen, wenn man Sie schubst. Und wie würden Sie dann aussehen, mit all diesen Teilen, die auf einem Haufen liegen? Wie ein Puzzle aus Holz?«
    »Ihnen kann man wirklich nichts übel nehmen, Kaloyannis.«
    »Das ist der Humor der Algerienfranzosen, Colonel. Immer ein bisschen zu weit gehen, damit der andere die Sache besser schluckt.«
    »Ihr Humor in dieser Geschichte mit dem Schweißbrenner ist aber ziemlich gallig, finde ich.«
    »Ich enthülle nur die philosophische Wahrheit dieses Krieges, Colonel, und wenn die Wahrheit bitter ist wie Galle, was kann ich

Weitere Kostenlose Bücher