Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)
zurück und versuchte eine Arbeit zu finden. Er fand mehrere Anstellungen, gab sie aber alle auf, sie langweilten ihn. Im Oktober seines zwanzigsten Lebensjahres kratzte er alles Geld zusammen, das er besaß, und machte sich auf den Weg nach Algier.
Während der ganzen Überfahrt regnete es, rußige Wolken regneten sich über dem braunen Wasser ab, ständiger Wind machte den Aufenthalt auf dem Oberdeck unangenehm. Die flachen Wellen des herbstlichen Meeres schlugen mit kurzem Knall gegen die Schiffsflanke, ein angsteinflößender dumpfer Hall, der sich durch den ganzen Schiffsrumpf und bis in die Knochen der vergeblich nach Schlaf suchenden Passagiere ausbreitete wie Fußtritte gegen einen am Boden liegenden Menschen. Wenn sich das Mittelmeer nicht von seiner lächelnden, sonnigen Seite zeigt, kann es furchtbar gemein sein.
Am Morgen näherten sie sich einer grauen Küste, an der nichts zu erkennen war. Algier ist nicht so, wie man es sich erzählt, dachte Salagnon auf die Reling gelehnt. Er erriet nur die Silhouette einer farblosen Stadt an einem Berghang, einer kleinen Stadt an einem leichten Hang ohne Bäume, der bei Hitze aus öder Erde und gegenwärtig schlammig sein dürfte. Salagnon lief Algier im Oktober an, und das Schiff aus Marseille musste Regenwände durchqueren, um die Stadt zu erreichen.
Zum Glück hörte es auf zu regnen, als das Schiff anlegte, die Wolkendecke riss auf, als er über die Gangway lief, und als er die Treppe hinaufstieg, die vom Hafen in die Stadt hinaufführte – denn die Stadt liegt ein wenig höher –, war der Himmel blau. Die weißen Fassaden mit ihren Arkaden trockneten schnell, und eine unruhige Menge drängte sich bald wieder über die Straßen, Kinder umschwärmten ihn, um ihm verschiedene Dienste anzubieten, doch er hörte nicht zu. Ein alter Araber, der eine abgenutzte Schirmmütze trug, bei der es sich vielleicht um eine Dienstmütze handelte, wollte sein Gepäck tragen. Salagnon lehnte höflich ab, umklammerte fester den Griff seines Koffers und fragte ihn nach dem Weg. Der Mann brummte ein paar offensichtlich nicht sehr freundliche Worte, und zeigte vage auf einen Teil der Stadt.
Salagnon lief die Straßen hinauf, in den Gossen strömte braunes Wasser zum Meer hinab; rötlicher Schlamm floss aus dem arabischen Teil der Stadt, durchquerte das europäische Viertel, durchquerte es einfach, und ergoss sich ins Meer. Er bemerkte Abfälle, die in diesem Strom schwammen, darunter Flocken aus geronnenem, purpurfarbenem, fast schwarzem Blut. Die Wolken waren verschwunden, die weißen Mauern glänzten und spiegelten das Licht wider. Er orientierte sich an den blauen Schildern an den Straßenecken, französischen Schildern mit französischen Straßennamen, was ihm nicht einmal auffiel, so selbstverständlich kam ihm das vor: doch unter den Namen, die er lesen konnte, befanden sich verschnörkelte arabische Zeichen, die er nicht lesen konnte und die er für Ornamente hielt. Er fand das Haus, dessen Anschrift er so oft geschrieben hatte, ohne große Umwege und Salomon begrüßte ihn erfreut.
»Komm, Victorien, komm! Es freut mich, dich wiederzusehen!«
Salomon zog ihn am Arm in eine kleine, etwas schmutzige Küche, das benutzte Geschirr stand im Spülbecken. Er holte eine Flasche und Gläser, die er auf die Wachstuchdecke stellte. Mit einem Geschirrtuch von zweifelhafter Sauberkeit fegte er schnell die Krumen weg und wischte die größten Flecken ab.
»Setz dich, Victorien! Ich freue mich so, dass du da bist! Probier das mal, das ist Anisette, das trinken wir hier.«
Er füllte die Gläser, forderte ihn noch einmal auf, sich zu setzen, nahm selbst Platz und blickte seinem Gast fest in die Augen; aber seine rot umrandeten Augen hatten ihren festen Blick verloren.
»Bleib hier, Victorien, bleib so lange du willst. Fühl dich hier ganz wie zu Hause, ganz wie bei dir.«
Aber nach dem herzlichen Empfang wiederholte er sich, jedes Mal ein wenig leiser, bis er schließlich ganz verstummte. Salomon war gealtert, er lachte nicht mehr, redete nur laut und schenkte den Anisette mit unsicherer Geste ein. Ein paar Tropfen fielen neben das Glas, weil seine Hände zitterten. Sie zitterten die ganze Zeit, aber das merkte man nicht, denn wenn er nichts in den Händen hielt, versteckte er sie unter dem Tisch oder in seinen Taschen. Die beiden tauschten Neuigkeiten aus und erzählten ein bisschen aus ihrem Leben.
»Und was ist aus Ahmed geworden?«
»Ahmed? Verschwunden.«
Salomon seufzte,
Weitere Kostenlose Bücher