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Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Titel: Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Jenni
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winzigen Weg des Löffels zwischen der an ihre Lippen gedrückten Schale und ihrem stets offenen Mund, der mit dem gurgelnden Geräusch einer Pumpe die Nahrung aufsog. Er wusste nicht, wie er ein Wort zu jemandem sagen oder jemand auf sich aufmerksam machen sollte, um nur mit ihm in dieser lärmenden Masse von Männern zu reden, die es eilig hatten und die nur damit beschäftigt waren zu essen, mit nichts sonst.
    Ein blonder Schopf überragte all diese schwarzhaarigen Köpfe, die alle über ihre Schale gebeugt waren. Salagnon ging auf den Mann zu. Ein steifer, hochgewachsener Europäer saß mit aufrechtem Oberkörper da und aß, ein Legionär in kurzärmligem Hemd und ohne Kopfbedeckung, Schulter an Schulter mit den Annamiten, aber ihm gegenüber war ein freier Platz, an dem er sein weißes Käppi abgelegt hatte. Er aß ohne Eile, leerte seine Schalen nacheinander und machte nach jeder eine kurze Pause, in der er aus einem kleinen lasierten Tonkrug trank. Salagnon deutete einen Gruß an und setzte sich ihm gegenüber.
    »Ich glaube, ich brauche Hilfe. Ich würde gern etwas essen, all das hier macht mir Appetit, aber ich weiß nicht, was ich bestellen soll und auch nicht, wie man das macht.«
    Der Legionär kaute weiter, wobei er den Oberkörper kerzengerade hielt, und trank einen Schluck direkt aus dem Tonkrug; Salagnon wiederholte seine Bitte höflich, aber ohne zu betteln, er war nur neugierig und wollte angeleitet werden und fragte daher den Legionär noch einmal, wie er es machen solle; die Annamiten rings um sie aßen weiter mit gebeugtem Rücken, ohne den Kopf zu heben und mit jenem schlürfenden Geräusch, das sie absichtlich machten, sie waren in allem so sauber und diskret, bis auf dieses Geräusch, das sie sich beim Essen zu machen zwangen. Die Sitten sind voller unergründlicher Rätsel. Sobald einer fertig war, stand er auf, ohne den Blick zu heben, und jemand anders nahm seinen Platz ein. Der Legionär zeigte auf sein Käppi auf dem Tisch.
    »Wir essen schon zu zweit«, sagte er mit einem starken Akzent.
    Er trank den Tonkrug leer. Salagnon legte das Käppi sorgfältig ein Stück zur Seite.
    »Dann essen wir eben zu dritt.«
    »Haben Sie Geld?«
    »Wie ein Soldat, der gerade mit seinem Sold das Schiff verlassen hat.«
    Der Mann stieß einen lauten Schrei aus, der die Annamiten, die ihre Suppe schlürften, völlig kalt ließ, aber ein alter Mann kam daraufhin herbei, schwarz gekleidet wie die anderen. Ein schmutziges Geschirrtuch, das er hinter den Gürtel geklemmt hatte, war wohl seine Tracht als Koch. Der Legionär leierte mit seinem kräftigen Organ eine ganze Liste von Dingen herunter, sein starker Akzent war selbst im Vietnamesischen herauszuhören. Ein paar Minuten später trafen Gerichte ein, farbige Fleischstücke, die in der Soße glänzten und wie lackiert wirkten. Unbekannte Düfte umschwebten sie wie farbige Wolken.
    »Das geht aber schnell …«
    »Sie kochen schnell … Viets kochen schnell«, bellte der Legionär mit lautem Lachen und setzte einen neuen Tonkrug an die Lippen. Salagnon hatte den gleichen, er trank, es war stark, schlecht und stank etwas. » Schum! Reisschnaps. Wie Kartoffelschnaps, aber aus Reis.« Sie aßen, tranken und waren schließlich total betrunken, und als der alte, nicht sehr saubere Koch das Feuer unter der großen schwarzen Pfanne löschte, in der er sämtliche Gerichte zubereitete, konnte Salagnon sich nicht mehr auf den Beinen halten, er schwamm in einer allgemeinen gesalzenen, scharfen, süß-sauren Soße, die ihn bis zu den Nasenlöchern einhüllte und auf seiner schweißüberströmten Haut glänzte. Als der Legionär aufstand, stellte Salagnon fest, dass der Mann fast zwei Meter groß war und eine dicke Wampe hatte, in der ein gut zusammengerollter normaler Mensch hätte Platz finden können; er war Deutscher, hatte ganz Europa kennengelernt und fühlte sich in Indochina wohl, wo es ein bisschen zu heiß sei, heißer als in Russland, aber die Russen in Russland seien unerträglich. Sein schlechtes Französisch verunstaltete die Worte und verlieh allem, was er sagte, eine seltsame Knappheit, die die Dinge mehr erahnen ließ als sie tatsächlich auszudrücken.
    »Kommen Sie spielen.«
    »Spielen?«
    »Chinesen spielen immer.«
    »Chinesen?«
    »Cholon, die Chinesenstadt. Opium, Spiel und viele Nutten. Aber passen Sie auf, bleiben Sie bei mir. Wenn es ein Problem gibt, schreien Sie: ›Legion, zu mir!‹ Wir müssen immer marschieren, sogar im Dschungel. Und

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