Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau am Tor (German Edition)

Die Frau am Tor (German Edition)

Titel: Die Frau am Tor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Worthmann
Vom Netzwerk:
bekannt gewesen ist. An mir schienen sie nicht allzusehr interessiert zu sein. Aber, mein Gott, ich wäre fast gestorben. Ich weiß bis jetzt nicht, wie ich das überlebt habe...Oder doch, ich weiß es schon. Julia hat ja ihre Pillen. Ich wollte Sie eigentlich anrufen, aber irgendwie habe ich mich nicht getraut. Ich wusste ja nicht, ob Sie allein waren, und überhaupt, was hätte es groß genützt?”
    Sie holte ihre Zigaretten aus der Handtasche. Er ließ sich auch eine geben.
    “ Wissen Sie, was ich gemacht habe? Ich habe mich zugedröhnt, regelrecht zugedröhnt, mit einer dreifachen Ladung von meinen Tabletten. So viel habe ich noch nie auf einmal geschluckt, na ja, fast noch nie. Sie glauben gar nicht, wie ruhig ich war. Ich habe mir ein Taxi nehmen müssen, ich hätte ja gar nicht mehr fahren können.”
    Sie ließ ein kleines, freudloses Lachen hören.
    “ Aber was war denn nun? Was wollten die von Ihnen wissen? Was haben Sie ihnen erzählt?”
    “ Na, was wohl? Sie wollten wissen, ob und wie gut ich ihn gekannt habe. Und natürlich haben sie mich gefragt, was ich an dem Abend...also zur Tatzeit...gemacht habe”
    Ihre Stimme war plötzlich etwas fester, härter, und er glaubte einen winzigen Sarkasmus herauszuhören.
    “ Ich habe ihnen gesagt, dass wir früher mal zusammen waren, dass das aber schon einige Zeit her ist und ich jetzt verheiratet bin und mit wem ich verheiratet bin und dass ich seitdem nichts mehr von ihm gehört habe. Sie haben mich gefragt, wann ich ihn zuletzt gesehen hätte. Und ich habe ihnen gesagt, dass das vor meiner Heirat war, also vor ungefähr zwei Jahren.”
    “ Und? Was haben Sie als Alibi angegeben?
    “ Ich habe gesagt, ich sei allein zu Haus gewesen sei und hätte gemalt.”
    “ Und das haben sie Ihnen abgenommen?”
    “ Ja, jedenfalls haben sie nicht weiter nachgefragt, und es wurde genau so aufgeschrieben. Ich musste es mir anschließend durchlesen und habe dann meine Unterschrift darunter gesetzt und sie haben gesagt, es sei alles in Ordnung. Wenn es noch irgendwelche weiteren Fragen gebe, würden sie sich melden, aber derzeit sehe es nicht danach aus.”
    “ Na, immerhin”, sagte er und registrierte, wie seine Anspannung langsam wich. “Das klingt doch ganz gut, sehr gut sogar”.
    “ Meinen Sie? Hoffen wir's mal”, sagte sie. Sie knöpfte ihre beiden oberen Knöpfe ihrer Bluse auf und die der Jacke. “Ich muss mir erstmal etwas anderes anziehen. Dieses Zeug hier...Aber ich dachte, es sei besser, wegen des guten Eindrucks und so...”
    Er sah an sich herab und bemerkte, dass er immer noch die Kleidung anhatte, die er sonst nur zu Hause zu tragen pflegte, eine ältere Jeans und ein verwaschenes graues T-Shirt, und zugleich fiel ihm ein, dass er für 16 Uhr mit Eva zum Essen verabredet war. Er schaute auf die Uhr. Ihm blieb nur noch eine gute halbe Stunde, einschließlich der Fahrt nach Potsdam.
    “ Ich muss los”, sagte er und sprang auf, “jetzt gleich.”
    “ Gehen Sie nur, gehen Sie nur”, murmelte sie, auf einmal wieder tonlos und müde, und blieb in ihrem Sessel sitzen, als er ging.
    Er hastete zum Auto, eilte nach Hause, zog sich nur ein frisches Hemd über und ein Jackett und fuhr gleich weiter, ohne sich an die Geschwindigkeitsregeln zu halten. Eva wartete bereits auf ihn. Sie saß an einem der Tische, die draußen neben dem Eingang unter zwei großen Schirmen aufgestellt waren. Das heiß empfohlene Thai-Restaurant entpuppte sich als eine der üblichen Asia-Gaststätten, deren Speiseangebot sehr wenig mit dem zu tun hatte, was in asiatischen Ländern und speziell in Thailand normalerweise zubereitet wurde. Aber es fiel ihm verhältnismäßig leicht, sich jeden Kommentars hierzu zu enthalten. Es war schon schwer genug, einfach dort zu sitzen, zu essen und sich mit Eva zu unterhalten.
    Sie sprach ihn auf das Buch an, und er wusste auf Anhieb nicht, was sie meinte, bis es ihm wieder einfiel. Aus dem Stegreif klaubte er ein paar Versatzstücke von dem zusammen, was er zum Thema Globalisierung, Arm und Reich und dem Hunger in der Welt ständig parat hatte, und erntete dafür einen skeptischen Blick.
    “ Ist das denn nicht alles schon tausendfach geschrieben worden?”, meinte sie und stocherte in ihren Glasnudeln und den Stücken überbackenen Hühnerfleischs.
    “ Im Prinzip schon, aber es gibt nach wie vor Aspekte, die noch nicht hinreichend analysiert und ausgeleuchtet sind, vor allem nicht anschaulich, mit Beispielen. Man muss es immer auf die

Weitere Kostenlose Bücher