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Die Frau an Seiner Seite

Die Frau an Seiner Seite

Titel: Die Frau an Seiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heribert Schwan
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spürte sie die Sympathie der Unionsanhänger und ihre positive Wirkung beim Wahlvolk. Dabei gab sie sich keinerlei Illusionen über den Wahlausgang hin. Die Wahlprognosen waren zuletzt derart ernüchternd ausgefallen, dass sie ernsthaft in Erwägung zog, ihren Mann zum Rückzug zu überreden und Schäuble das Feld zu überlassen. Hannelore wollte die drohende Abwahl ihres Mannes verhindern. Doch warum sollte sie gerade jetzt auf ihn Einfluss haben, wenn er in den vergangenen Jahrzehnten doch alle Bitten und durchdachten Empfehlungen seiner Frau ignoriert hatte. Nach reiflicher Überlegung ließ Hannelore den Dingen ihren Lauf
    Am 27. September 1998 votierten nur noch 35,1 Prozent der Wähler für die Unionsparteien. Eine Regierungsmehrheit zusammen mit der FDP kam nicht mehr zustande. Die Bundestagswahl brachte eine klare Mehrheit für die SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Helmut Kohl übernahm die Verantwortung für die schwere Niederlage seiner Partei und kündigte noch am Wahlabend seinen Rücktritt vom Amt des Parteivorsitzenden an. Wolfgang Schäuble wurde sein Nachfolger. Selbst Kohl-Kritiker und ärgste Feinde bescheinigten dem Pfälzer einen würdevollen Abgang, einen staatsmännischen Rücktritt. Hannelore und die beiden Söhne mit ihren Partnerinnen waren in der schweren Stunde der Niederlage in Bonn. Die Stimmung war schlecht, für alle war es trotz der schlechten Prognosen eine schwere Enttäuschung. Hannelore, die Niederlagen ihres Mannes generell nur schwer verdauen konnte, hätte ihn nur zu gern vor diesem Wahldesaster bewahrt. Der Abschied von der Macht fiel Helmut Kohl sichtlich schwer. Bei der Amtsübergabe an seinen Herausforderer und Wahlgewinner Gerhard Schröder konnte er seine Tränen nicht verbergen. Helmut Kohl war nicht mehr Kanzler, nicht mehr Parteivorsitzender, aber wenigstens noch Ehrenvorsitzender der CDU. Er blieb Bundestagsabgeordneter und richtete sich auf ein neues Leben ein. Hannelore machte sich keine Illusionen darüber, dass dieses neue Leben ein Leben ohne Politik sein würde. Ihre angeblich durch die Penicillineinnahme hervorgerufene Lichtallergie bekam nach der verlorenen Bundestagswahl einen neuen Schub. Hannelore gab sich viel Mühe, nach außen hin ihr tatsächliches Leiden zu verschleiern. Ihre Arztbesuche nahmen zu, ebenso die Verzweiflung, weil sie für absehbare Zeit keine Verbesserung ihrer Lage erkennen konnte.
KRANKENAKTE
    Seit ihrer Geburt hatte Hannelore Kohl gesundheitlich immer wieder kritische Phasen überstehen müssen und war nicht nur einmal dem Tod nahe. Da waren zunächst die unkalkulierbaren Risiken ihrer Frühgeburt gewesen, später der Kampf gegen Untergewicht und Mangelernährung. Bombenkrieg, Evakuierung und Flucht veränderten ihr Leben wie das Millionen anderer Menschen in dieser Zeit. Mit der mehrfachen Vergewaltigung und der damit offenbar verbundenen Verletzung des Halswirbels begannen für Hannelore Jahre seelischer und körperlicher Qualen, die bis zu ihrem Tod nicht enden wollten. Überliefert sind zahlreiche Krankheitsgeschichten seit Mitte der Sechzigerjahre. Nach einer harmlosen bakteriellen Infektion reagierte sie nach Einnahme von Penicillintabletten heftig allergisch. Helmut Kohl beschrieb diese Situation als hoch dramatisch: Hautrötungen am ganzen Körper, Ausschlag, Juckreiz und sogar Atemnot. Zum ersten Mal musste der damalige Ministerpräsident damit leben, dass seine Frau schwer angeschlagen über Wochen das Bett hütete. Fortan war ihre Penicillinallergie eine ganz wichtige, geradezu existenzielle Tatsache, die es bis zu ihrem Tod zu beachten galt. Von nun an verinnerlichten vor allem die Hausärzte Lösel und Gillmann das strikte Verbot, penicillinhaltige Medikamente jeglicher Art zu verschreiben. Alle Krankenhausärzte wurden vergattert, auf Hannelores Penicillinallergie zu achten
    Hannelore war alles andere als ein Hypochonder. Ein Blick in ihre äußerst umfangreiche Krankenakte würde belegen, wie sehr sie sich immer wieder durch Unvorsichtigkeiten anderer Verletzungen und Schmerzen zuzog. Während Helmut Kohls Kanzlerschaft hatte sie immer wieder gute Gründe, wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen manche eigentlich zwingende Verpflichtung nicht wahrzunehmen. Nichts war simuliert, nichts erfunden, sondern entsprach den Fakten. Selbst die wenigen wirklichen Insider rätselten oft, warum sie ausfiel, warum sie Bonn fernblieb, warum sie fehlte. Es blieb ihr Geheimnis.
    Am 17. Februar 1993 widerfuhr Hannelore Kohl ein

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