Die Frau an Seiner Seite
nicht als Reaktion auf den Vorfall des Jahres 1993 zurückgeführt werden könnten. Unverdrossen kämpfte Hannelore Kohl gegen die Auswirkungen ihrer Lichtallergie, verlegte ihre gesamten Aktivitäten auf den späten Abend oder in abgedunkelte Räume. Sie konsultierte eine ganze Reihe von Ärzten, verließ sich aber am liebsten auf die Empfehlungen der ihr vertrauten Mediziner Gillmann und Möbius. Befunde anderer Ärzte nahmen die beiden Mediziner zur Kenntnis, bewerteten sie und sprachen Empfehlungen aus, denen Hannelore in der Regel ohne weiteres Nachfragen folgte. Es gibt kritische Stimmen, die glauben, dass Hannelore Kohl auch deshalb an den beiden Ärzten festhielt, weil sie ihre Selbstdiagnose »Lichtallergie« stützten und nicht alles unternahmen, die Lichtallergie und ihre Folgen wirklich infrage zu stellen. Gillmann und Möbius wurden schon damals von mehreren namhaften Fachärzten, die Hannelore Kohl immer wieder aufs Neue konsultierte, darüber informiert, dass nach ihrem Befund die Krankheit, wenn sie denn eine Lichtallergie sein sollte, nicht mit letzter Sicherheit eine Folge der Tragödie aus dem Jahr 1993 sein könnte. Doch Hannelore und ihre beiden vertrauten ärztlichen Ratgeber überzeugten die Gegenargumente nicht und hielten sozusagen im Dreierpack an der einmal gestellten Diagnose fest: Lichtallergie.
Kapitel 9
SPENDENAFFÄRE
Die ehemalige Kanzlergattin hatte die Abwahl ihres Mannes noch längst nicht verarbeitet, als sie sich trotz ihrer gesundheitlichen Probleme und der damit verbundenen Einschränkungen mit ganzer Kraft weiter ihrer Stiftungsarbeit widmete. Als ob der Absturz ihres Mannes keinerlei Auswirkungen auf ihr Gemüt hätte, glänzte sie im Oktober 1998 als Moderatorin beim »Ball der Sterne« im Mannheimer Rosengarten. Anders bei der Goldberg-Gala im gleichen Jahr in Berlin: Erstmals musste Hannelore aus gesundheitlichen Gründen auf eine Anwesenheit bei dieser wichtigen Veranstaltung verzichten.
Ende Januar 1999 präsentierte sie sich in scheinbar guter körperlicher Verfassung bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes im Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten. Roman Herzog, ein alter Bekannter und wirklich guter Freund ihres Mannes, überreichte der Präsidentin des Kuratoriums ZNS das »Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland«. In einem maßgeschneiderten schwarzen Kostüm nahm sie den Orden entgegen, der ihr in Anerkennung ihres Einsatzes für Unfallopfer mit Verletzungen des zentralen Nervensystems verliehen wurde. In ihrer Dankesrede hob sie den Einsatz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hervor und machte keinen Hehl daraus, wie sehr sie sich über die Auszeichnung freute. Diese sei ihr ein Ansporn, sich auch weiterhin mit aller Kraft für die Arbeit des Kuratoriums einzusetzen. Und das tat sie: Bei der Vergabe des Förderpreises der Hannelore-Kohl-Stiftung und des Kuratoriums ZNS im März in Hamburg war sie ganz in ihrem Element, ebenso bei der ARD-Talkshow Fünf Jahre Fliege und bei der ZDF-Sendung 30 Jahre Dieter Thomas Heck im Baden-Badener Kurhaus. Auch beim Mannheimer »Ball der Sterne« 1999, diesem längst zur Tradition gewordenen Treffen von Stars und Sternchen, trat Hannelore Kohl auf – gemeinsam mit ihrem Mann. Niemand konnte ahnen, dass es das letzte Mal sein würde.
* * *
Schon seit langem träumte Hannelore von einer eigenen Wohnung in Berlin. In ihrer Geburtsstadt fühlte sie sich seit jeher sehr wohl, selbst zu Zeiten des geteilten Deutschlands, als die Mauer gerade die Bürger Berlins täglich an diese schmerzliche Teilung erinnerte. Jetzt waren beide deutschen Staaten vereint, jetzt blühte die Stadt wie nie zuvor auf – und Hannelore wollte dabei sein. Wie gehabt überließ Helmut Kohl seiner Frau die Suche nach einer geeigneten Berliner Bleibe. Hannelore war froh um dieses neue Projekt, das sie vorübergehend von ihren Handicaps ablenkte und in dem sie völlig aufging. Nach dem Kauf von zwei Etagenwohnungen in einem Altbau im Berliner Stadtteil Wilmersdorf steuerte sie kompetent die Renovierungsarbeiten in den Wohnungen, die zu einem 220 Quadratmeter großen Domizil zusammengelegt worden waren. Auch diesmal mussten zwingende Sicherheitsvorgaben beachtet und sämtliche Fenster sowie die Wohnungstür entsprechend umgerüstet werden. Trotz ihrer zunehmenden gesundheitlichen Probleme überwachte sie sachkundig sämtliche Baumaßnahmen, die Anfang Oktober 1999 abgeschlossen werden konnten. Für
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