Die Frau an Seiner Seite
Belastendes« vorliege. Doch die Döbelner gaben nicht auf und wandten sich im Auftrag der Staatsanwaltschaft mit einem Schreiben vom 5. November 1945 an das Kriminalamt in Leipzig. In diesem Dokument wurde der ehemalige HASAG-Direktor nicht nur als »Wehrwirtschaftsführer« sondern auch als »Mitkonstrukteur verschiedener moderner Panzerabwehrwaffen« bezeichnet. Er sei »Geheimnisträger verschiedener nazistischer Befehle« gewesen und für die Landesverwaltung und die Behörde von größter Wichtigkeit. Man möge alle Hebel in Bewegung setzen, um Renners Aufenthaltsort zu ermitteln und ihn festzunehmen. In dem Schreiben der Döbelner Kripo wird auch Irene Renner erwähnt, die längere Zeit in Döbeln gewohnt habe und erst am 5. Mai 1945 vor dem Einmarsch der Roten Armee mit ihrer Tochter aus Döbeln geflüchtet sei. Abschließend heißt es: Sollte die Festnahme des Wilhelm Renner erfolgt sein, werde um sofortige telefonische Nachricht gebeten. Unterzeichnet war das Schreiben vom Leiter der Döbelner Kriminalpolizei.
Es dauerte mehr als zwei Monate, bis die Kriminaldienststelle Döbeln dem Landeskriminalamt in Dresden die »erfolgreich durchgeführte Fahndung nach einem führenden Nationalsozialisten« meldete. In diesem Schreiben vom 18. Januar 1946 wurde festgehalten, dass der ehemalige HASAG-Direktor Wilhelm Renner in den HASAG-Werken als der »Wirtschaftsführer usw.« tätig war. Er sei »Mitkonstrukteur verschiedener, moderner Panzerabwehrwaffen« und es sei bekannt, »dass Renner KZ-Häftlinge in Sachsenhausen mit Panzerfaustteilen beschäftigen ließ und diese besonders ausbeutete«. Er soll laut polizeilichen Akten den Ausspruch getan haben: »Ich lasse die verantwortlichen Leute, die sich in Zukunft etwas zu Schulden kommen lassen, einfach hinrichten.« Zu dieser erfolgreich durchgeführten Fahndung nach Wilhelm Renner hätten auch die aktuellen Daten des Einwohnermeldeamtes von Mutterstadt beigetragen, wonach die Renners seit dem 16. Juli 1945 polizeilich im Neuweg 2 angemeldet seien. Schließlich verwies die Kriminaldienststelle Döbeln noch darauf, die über Renner gesammelten Akten seien dem Amtsgericht Döbeln übergeben worden. Von dort seien Maßnahmen eingeleitet worden – in Verbindung mit der Militärkommandantur –, den »Renner nach hier überführen zu lassen«.
Im Rahmen ihrer Fahndung nach »dem flüchtigen Obersturmbannführer Renner« waren Kriminalbeamte durch die Information eines ehemaligen HASAG-Mitarbeiters auf die frühere Renner-Garage neben dem zerstörten Haus in der Montbéstraße 41 gestoßen. In einem Ermittlungsbericht mit der Überschrift »Betr. den flüchtigen Obersturmbannführer Renner« wurden am 8. Juli 1946 in der Garage folgende Gegenstände sichergestellt:
2 Kisten Kinderspielzeug und eine mit Märchenbüchern
5 HASAG-Lampen
1 Gartentisch
1 Kindergartenlaube
2 Mandolinen
2 kleine Autoheizöfen
Nach dem Protokoll vom 3. September 1946 erhielt die »Freie Deutsche Jugend« eine Mandoline und eine Gitarre. Die beiden Wärmeöfen fürs Auto und die fünf HASAG-Laternen wurden zur Verwendung der KA (Kriminalabteilung) Leipzig übergeben. Zwei Kisten Kinderspielzeug und eine Kiste Märchenbücher erhielt die Leipziger Volkssolidarität, ebenso einen Gartentisch und eine Kindergartenlaube.
Im Protokoll über die Einstellung des Verfahrens gegen Wilhelm Renner vom 26. April 1948 heißt es wörtlich: »Die Unterlagen erbringen den Beweis, dass der R. Abwehrbeauftragter und Wehrwirtschaftsführer war. In dieser Beziehung sich laufend Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben (sic!). Das Verfahren wurde eingestellt, weil der Beschuldigte sich in der Westzone aufhält.« Doch noch einmal wurde die Kriminaldienststelle in Döbeln aktiv. Mittlerweile hatte das sogenannte Kommissariat K 5, der politische Teil der Kriminalpolizei und die Vorgängerorganisation der berüchtigten Staatssicherheit der DDR, das Sagen. Das Kommissariat eröffnete am 3. Juni 1948 die »Zonenfahndung« gegen den »Beschuldigten Renner, Wilhelm«. Damit wurde die Akte Renner offenbar endgültig geschlossen. Weitere Dokumente konnten in den einschlägigen Archiven nicht gefunden werden.
In den zitierten Papieren ist immer wieder nachzulesen, Wilhelm Renner sei »Wehrwirtschaftsführer« gewesen. Unter dieser Bezeichnung wurden im nationalsozialistischen Deutschen Reich die Leiter kriegswichtiger Betriebe geführt. Tatsächlich findet sich im Berliner
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