Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau an Seiner Seite

Die Frau an Seiner Seite

Titel: Die Frau an Seiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heribert Schwan
Vom Netzwerk:
Bundesarchiv weder ein Nachweis darüber, dass Renner tatsächlich dieses Amt bekleidete, noch gibt es Belege für eine Mitgliedschaft in der »Sturmabteilung« (SA), der früheren paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP während der Weimarer Republik und späteren »Hilfspolizei«. Der Rang eines SA-Obersturmbannführers lässt sich ebenfalls nicht stichfest nachweisen, wenngleich Renner nach Zeitzeugenaussagen im Leipziger Telefonbuch als SA-Mann verzeichnet gewesen sein soll. Auch sind die Mitgliederverzeichnisse von NSDAP-Unterorganisationen im Bundesarchiv zum Teil lückenhaft und können insofern nicht als eindeutige Quellen herangezogen werden.
    Mit diesem Schreiben wandte sich die Kriminalpolizei Döbeln an ihre Kollegen in Leipzig mit der Bitte um Unterstützung bei der Fahndung nach Wilhelm Renner und bei der Nachforschung, welche politische Rolle Wilhelm Renner im Nationalsozialismus gespielt hat. Quelle: Sächsisches Staatsarchiv
    Ermittlungsbericht vom Kriminalamt Leipzig, in dem aufgeführt wird, welche Gegenstände bei der Durchsuchung der Garage des zerstörten Leipziger Elternhauses von Hannelore Kohl gefunden und sichergestellt wurden. Quelle: Sächsisches Staatsarchiv
    Hannelores Vater erfuhr von den Fahndungsmaßnahmen, die in Döbeln und Leipzig angestrengt wurden, nichts. Von den Franzosen in der Pfalz ging für ihn keine Gefahr aus. Die französische Besatzungsmacht beschränkte sich auf die Suche nach NS-Spitzenfunktionären, zu denen der frühere Leipziger Fabrikdirektor in ihren Augen offenbar nicht gehörte. Die Militärregierung hatte die Durchführung der Entnazifizierung bereits im Herbst 1945 in deutsche Hände gelegt und kontrollierte lediglich die Einhaltung der Bestimmungen. Den aus 131 Punkten bestehenden Fragebogen mussten nur Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und Inhaber verantwortlicher Posten im öffentlichen Leben und in der Privatwirtschaft ausfüllen. Dazu zählte Renner zweifellos; dennoch scheint es ihm gelungen zu sein, sich erfolgreich einer Ermittlung der Entnazifizierungsbehörde in der französischen Besatzungszone zu entziehen. Er beantragte nicht einmal einen »Persilschein« für Angestellte in den »Mitläuferfabriken«. Jedenfalls gibt es darüber keine Belege. Zwar stand er im Januar 1948 auf der Liste von weit über 70 Personen des Bürgermeisters von Mutterstadt, die aufgefordert wurden, sich dem Meldeverfahren der Landesverordnung zur politischen Säuberung zu unterziehen. Doch ein von ihm persönlich ausgefüllter Meldebogen konnte in dem einschlägigen Archiv nicht gefunden werden. Dem ehemaligen HASAG-Direktor war es mit frei erfundenen Legenden gelungen, sein wahres Leben und das seiner Frau im nationalsozialistischen Deutschland zu verschleiern.
    Von all dem ahnte seine geliebte Tochter Hannelore nichts. Sie verehrte ihren Vater als rechtschaffenen, völlig unpolitischen Spitzen ingenieur und beschrieb ihn sicherlich nach bestem Wissen und Gewissen als ehrbaren Bürger. Irene indes musste es besser wissen. Sie war sicherlich in alle Einzelheiten seiner beruflichen Verantwortlichkeiten, parteipolitischen Aktivitäten und Verstrickungen eingeweiht. Doch darüber schwieg sie gegenüber Hannelore bis zu ihrem Tod.
    Das Ausblenden des Gewesenen war eine damals von Vielen verfolgte Strategie, die auch gezielte Lügen einschloss, wenn es als notwendig angesehen wurde. Irene Renner hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie seit dem Kirchenaustritt ohne jegliche religiöse Bindung war. In ihrer Bremer Geburtsurkunde vom 4. Januar 1898 noch als Angehörige der »evangelischen Religion« geführt, fand bereits ihre kirchliche Trauung mit Wilhelm am 2. Februar 1929 nicht in einem protestantischen Gotteshaus statt, sondern wurde als »Haustrauung« in der elterlichen Wohnung vollzogen. Der Kirchenaustritt vom 19. September 1940 schließlich führte zum Kappen jeglicher Verbindungen zur Amtskirche, die auch in der neuen Heimat beibehalten wurde. Nach dem Willen der Eltern wurde Hannelore nicht konfirmiert. Es gibt Gerüchte, wonach sich der damalige Mutterstädter Pfarrer Johannes Bähr geweigert habe, Hannelore zum Konfirmandenunterricht zuzulassen, weil sie der evangelischen Kirche nicht angehöre. Belegen lässt sich dies nicht. Dokumentiert ist aber, dass Johannes Bähr auf Bitten von Hannelores Mutter eine Patenschafts-Urkunde ausstellte. Hannelore sollte in der Verwandtschaft eine Patenschaft übernehmen, wozu sie als Voraussetzung den Nachweis

Weitere Kostenlose Bücher