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Die Frau an Seiner Seite

Die Frau an Seiner Seite

Titel: Die Frau an Seiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heribert Schwan
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ebenso wie ihre Mutter Irene – bis zum Tod konfessionslos.
    Der damalige Friesenheimer Pfarrer Rupprecht Ripp traute die beiden: Hannelore ganz in Weiß mit Schleier, Helmut in einem dunklen Anzug. Der Gottesdienst hatte kaum Höhepunkte. Es wurde weder das eigentlich unvermeidliche »Ave Maria« vorgetragen, noch gab es eine Darbietung des örtlichen Kirchenchores oder eine besonders gelungene Orgeleinlage. Welche Worte der befreundete Pfarrer zur Schließung der »Mischehe« sprach, ist nicht überliefert. Die anschließende Hochzeitsfeier fand in der Nähe des Mannheimer Nationaltheaters statt. Helmut Kohls Memoiren sind zu entnehmen, dass etwa dreißig Gäste – Verwandte und Freunde – in die »Theaterklause« eingeladen waren. Der Hochzeitsschmaus soll gediegen-festlich, die Geschenke sollen reichlich und funktional gewesen sein. Da eine üppige Aussteuer von Hannelores Mutter nicht zu erwarten war, freuten sich die Jungvermählten über jedes praktische Geschenk.
    Einen Tag nach der kirchlichen Trauung ging es in die dreiwöchigen Flitterwochen. Helmuts Peugeot 404 brachte die beiden in eine Pension nach Süditalien ans Meer. Selbstversorgung war angesagt, preiswert musste der Urlaub sein angesichts knapper Kassen: einkaufen, kochen, essen, wandern, schwimmen und am Strand die Sonne genießen. Für die damaligen Verhältnisse und für diese Generation war es gleichwohl eine wunderschöne Zeit.
    Hannelore und Helmut hatten bis dahin noch nie so lange unter einem gemeinsamen Dach gelebt, wie während der Flitterwochen in Italien. Eine ganz neue Erfahrung. Seit zwölf Jahren kannten sie sich, vor sechs Jahren hatte Helmut ihr einen Heiratsantrag gemacht. Ehe auf Probe gab es damals nicht, ebenso wenig wie Übernachtungen in einem Bett. Aber Dank der engen freundschaftlichen Beziehungen über so viele Jahre schienen die beiden bestens für eine gemeinsame Zukunft gerüstet zu sein.
    * * *
    Obwohl es Hannelore nicht schwergefallen war, den wenig aussichtsreichen Job bei BASF aufzugeben, bereitete es ihr Probleme, auf ihre berufliche Selbständigkeit mit eigenem Einkommen zu verzichten. Helmut indes kam es entgegen, dass die Frau an seiner Seite nun ganz für ihn da sein konnte. Hannelore fügte sich in die neue Rolle und stürzte sich mit ihrer ganzen Energie auf die Fertigstellung ihres Hausbauprojektes. Mangels finanzieller Mittel wurde der Außenverputz des Hauses verschoben, auch verzichtete man einstweilen auf den Bau der geplanten Garage wie auf die Fertigstellung der Gartenanlage. Helmut überließ seiner Frau auch die komplette Inneneinrichtung des neuen Eigenheims. Die einzige Vorgabe war, dass sich alle Anschaffungen im abgesprochenen finanziellen Rahmen bewegen sollten. Die »Projektleiterin« entschied sich für eine moderne, funktionale und pflegeleichte Ausstattung, die von Helmut rundum für gut befunden wurde.
    Dann konnte das Haus endlich bezogen werden. Da so gut wie alles neu angeschafft worden war, reichte ein kleiner Möbeltransporter, um den Umzug in die Tiroler Straße 41 zu bewältigen. Irene Renner fand wie geplant eine neue Bleibe im Haus der Jungvermählten und bezog im oberen Stock eine steuergünstige Einliegerwohnung. Ob dies eine gute Entscheidung war, darf bezweifelt werden. Denn nach wie vor zwang sie ihre längst erwachsene Tochter, ihren Wünschen und Bitten zu folgen. Hannelores Mutter konnte einfach nicht loslassen, wollte nicht auf das Bestimmen verzichten. Schließlich hatte sie mit ihrem Flüchtlingsausweis ja auch indirekt zur Mitfinanzierung des Hauses beigetragen, auch wenn sie mit der Abzahlung des Darlehens nichts zu tun hatte. Bis 1980 saß sie ihrer Tochter wortwörtlich auf der Pelle. Die Belastung durch die nicht einfache Mutter-Tochter-Beziehung endete für Hannelore erst mit dem Tod der Mutter.
    Dass Helmut keine Einwände gegen den Einzug seiner Schwiegermutter hatte, zeugt einerseits von einer gewissen Toleranz, andererseits aber auch von der Einsicht, dass Mutter und Tochter gleichermaßen nicht voneinander loskamen. Sicherlich war es für die Tochter nicht immer einfach, die eigene dominante Mutter bis zu deren Tod im eigenen Haus wohnen zu haben.

Kapitel 4
ALLEINERZIEHEND
    Das Haus in der Tiroler Straße 41 wurde rasch zur Zentrale für politische Begegnungen und ausgiebige Diskussionen der Kohl-Verbündeten. Die junge Ehefrau musste sich schnell daran gewöhnen, eine freundliche Gastgeberin zu sein, Sorge zu tragen für das leibliche Wohl auch bei

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