Die Frau an Seiner Seite
endgültige Entscheidung. Ihre Wahl fiel auf den Namen Walter – eine Reminiszenz an Helmuts im Krieg gefallenen Bruder. Naturgemäß waren Helmut und seine Eltern darüber hocherfreut. Schwiegermutter Cäcilie soll Tränen in den Augen gehabt haben, als sie erfuhr, dass Helmuts Erstgeborener den Namen ihres so früh verstorbenen ältesten Sohnes Walter tragen sollte. Mit dieser Wahl stieg Hannelore im Ansehen ihrer Schwiegermutter erheblich.
Hannelore hatte sich auf ihre Mutterrolle gut vorbereitet und kannte sich bestens aus in Fragen der Säuglingspflege. Aufmerksam verfolgte sie die Entwicklung des Wunschkindes, notierte die Fortschritte des Babys bei Wachstum und Gewichtszunahme. Besuche beim Kinderarzt bescheinigten, dass sich der Erstgeborene blendender Gesundheit erfreute. Ihr Perfektionismus machte Hannelore zu einer umsorgenden und stets wachsamen Kindsmutter, die nichts dem Zufall überließ. Mit dem ersten Kind kam eine fleißige Haushaltshilfe in die Tiroler Straße 41, die stundenweise der Mutter zur Seite stand. Eine Putzhilfe gehörte inzwischen ebenfalls zum Personal im Hause Kohl. Später kam noch ein Kindermädchen hinzu, das Hannelore sorgfältig aus einer Reihe von Bewerberinnen ausgewählt hatte. Die junge Mutter wusste aus eigener Erfahrung, wie wichtig das richtige Kindermädchen sein konnte. Auch wenn sie selbst ihrem Kind emotional ganz anders begegnen wollte, wusste sie nur zu gut, wie wichtig die geliebte Hilde für sie gewesen war, ihre Wärme und all die Streicheleinheiten, die sie von ihrer Mutter damals nicht bekam und sehr vermisste.
Nach gut zwei Jahren musste Walter seine bisherige Hauptrolle im Leben der Mutter abgeben, weil sich die Geburt eines zweiten Kindes ankündigte. Am 28. August 1965 kam Peter in einem Ludwigshafener Krankenhaus zur Welt. Hannelore hatte die Zeit der Schwangerschaft relativ problemlos überstanden, wenngleich sie auch diesmal schlaflose Nächte mit Rückenschmerzen gequält hatten.
Peters Geburt fiel mitten in die heiße Wahlkampfphase zur Bundestagswahl 1965. Kein geringerer als Bundeskanzler Ludwig Erhard hielt sich einen Tag später zu einer CDU-Veranstaltung in Mannheim auf. Nachdem ihm Helmut Kohl von seinem neuerlichen Vaterglück berichtet hatte, entschied sich der alte Herr spontan zu einem Besuch bei Hannelore in der Klinik. Kohls Memoiren ist zu entnehmen, dass die junge Mutter äußerst überrascht war und sich sehr geschmeichelt fühlte, als der Vater des Wirtschaftswunders ihr im Krankenhaus gratulierte.
Kurz darauf erfuhr sie, dass es Komplikationen bei Peters Geburt gegeben hatte, die aber zu keinen bleibenden Beeinträchtigungen führten, auch dank der Hilfe von Professor Dr. med. Helmut Gillmann, damals Direktor der Medizinischen Klinik in Ludwigshafen, und bis zu ihrem Tod einer der wichtigsten Hausärzte der ganzen Familie. Für die Kohl-Söhne wurde er später sogar zu einer Art Vaterersatz, dem sie immer wieder ihr Herz ausschütteten.
Unterstützt von seiner unermüdlichen Mutter legte Peter später auf dem städtischen Gymnasium ein glänzendes Abitur ab. Nach seinem Dienst bei der Bundeswehr ging er ans Massachusetts Institute of Technology nach Amerika, um Wirtschaftswissenschaften zu studieren.
Die – zumindest, was den Alltag anging – alleinerziehende Mutter kümmerte sich rund um die Uhr um ihre beiden Jungs. Sie wurden beide katholisch getauft und, ganz im Sinne des Vaters, früh mit den katholischen Ritualen vertraut gemacht. Dazu gehörte der sonntägliche Kirchgang, den Helmut mit den Kindern alleine unternahm. Lediglich zu besonderen kirchlichen Feiertagen wie Ostern und Weihnachten schloss sich Hannelore Mann und Kindern an und ging mit zu den feierlichen Gottesdiensten im Speyerer oder Wormser Dom. Im Gegensatz zu ihrem Vater dienten die Söhne später als Ministranten und engagierten sich als junge Christen in der katholischen Pfarrei.
Walter war knapp sechs und Peter knapp vier Jahre alt, als ihr Vater am 19. Mai 1969 zum Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz gewählt wurde. Zwei Wochen später beendete Helmut Kohl seine Tätigkeit beim Verband der chemischen Industrie. Dabei hätte es Hannelore viel lieber gesehen, wenn ihr Mann auf ein attraktives Angebot aus der Wirtschaft eingegangen wäre. Doch selbst der verlockendste Vorstandsjob hätte den Ludwigshafener nicht davon abbringen können, die Spitze der Landespolitik zu übernehmen. Seit März 1966 war er bereits Landesvorsitzender der CDU
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