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Die Frau aus Alexandria

Die Frau aus Alexandria

Titel: Die Frau aus Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Stechmücken anbieten konnte, vermutlich binnen einer Woche mit Gold aufwiegen lassen könnte.
    Sie kamen an einer alten Frau vorüber, die allein unterwegs zu sein schien, danach an mehreren Männern, die Kamele am Halfter führten, und einem Jungen mit einem Esel. Eine Gruppe von Männern schien von einer Festlichkeit zurückzukommen, denn sie sangen fröhlich und schwangen munter die Arme.
    Als die Sonne unterging und den Himmel mit einem sanften goldenen Glanz erfüllte, erreichten sie das Ufer einer breiten Wasserstraße. Drei, vier Watvögel mit langen Schnäbeln standen nah am Uferschilf im Wasser, und zwanzig Schritt weiter waren es doppelt so viele. Bald darauf waren sie am Rande des Dorfs. Einige Häuser waren aus Feldsteinen errichtet. Ihre Mauern schimmerten bronzefarben, und die in ihrer Nähe aufragenden Palmen wirkten
wie sonderbare Kopfbedeckungen auf Stelzen, ragten wie Federschmuck in die reglose Luft. Das einzige Geräusch, das man hörte, kam von dem halben Dutzend Ochsen, die mit gesenktem Kopf knietief im Wasser standen und tranken. Ihre langen Hörner sahen im schwindenden Licht der Sonne aus wie poliertes Gold. Nach und nach verfärbten sich die Schatten purpurn, dann maulbeerfarben.
    »Hier bleiben wir«, sagte Avram. »Wir werden essen, danach können wir damit anfangen, Eure Fragen zu stellen.«
    Pitt stimmte zu. Er hätte ohnehin keine Wahl gehabt. Noch hatte er nichts erfahren, was Miss Sachari nützen konnte, geschweige denn Ryerson. Falls der Mord an Lovat mit irgendetwas zusammenhing, was hier in Ägypten geschehen war, ahnte Pitt nicht, worum es sich dabei handeln konnte, und lediglich Avram oder jemand wie er konnte die Menschen, die hier lebten, danach fragen.
    Sie betraten ein kleines, aus luftgetrockneten Lehmziegeln errichtetes Gebäude. Ein etwa fünfundzwanzigjähriger Mann mit einer braun-rot gestreiften Dschellaba und einem Turban, dessen Farbe im düsteren Licht der Kerzen und des niedergebrannten Feuers nicht zu erkennen war, begrüßte Avram. Sie wechselten einige Worte miteinander. Offensichtlich sagte Avram, wer Pitt war, und erklärte wohl auch den Zweck ihres Besuchs.
    Dann wandte sich Avram an Pitt: »Das ist Ishaq El Sharnoubi. Sein Vater Mohammed war ein Imam, ein Vorbeter in der Moschee. Er wusste viel über das, was früher hier geschehen ist, auch bei den britischen Soldaten. Ishaq hat gelegentlich Botengänge für sie unternommen, und er hat ein gutes Gedächtnis — wenn er will. Er versteht Englisch sehr viel besser, als er zugibt.«
    Pitt lächelte. Er konnte sich die Situation recht gut ausmalen, wenn auch nicht unbedingt in Einzelheiten. Es war nicht schwer, sich vorzustellen, dass ein junger Araber für britische Soldaten mehr oder weniger unsichtbar war, etwa so wie zu Hause in England ein Dienstbote für seine Herrschaft. In Anwesenheit solcher Menschen sagte man manches, ohne sich besonders zusammenzunehmen, weil man annahm, dass es nicht weitergetragen würde.
    Er verneigte sich vor Ishaq.
    Dieser erwiderte den Gruß. Seine Augen waren so dunkel, dass sie im flackernden Licht schwarz erschienen. Inzwischen war alle Helligkeit geschwunden, die Röte des Sonnenuntergangs einem dunklen Goldton gewichen. Die Ochsen draußen schienen sich im Wasser zu bewegen, denn Pitt hörte es platschen.
    Avram hatte ihm klar gemacht, dass er die Gastfreundschaft ohne Gegenleistung annehmen müsse. Später konnte man etwas schenken, wenn es nicht nach einer Bezahlung aussah, denn das käme einer Beleidigung gleich. Auch hatte er darauf hingewiesen, dass Pitt seine Fragen erst am Ende der Mahlzeit stellen dürfe. Es sei Brauch, zuerst in aller Ruhe zu essen. Diese Belehrung war nicht nötig, hatte Pitt doch mittlerweile gelernt, dass selbst versteckte Andeutungen über den eigentlichen Zweck eines Besuchs als unhöflich dem Gastgeber gegenüber galten.
    Mit untergeschlagenen Beinen nahm Pitt am Boden Platz, als man ihn zum Sitzen aufforderte. Er hoffte, dass er nach einer Stunde noch imstande sein würde, wieder aufzustehen. Im Laufe der Mahlzeit wuchsen seine diesbezüglichen Zweifel immer mehr. Er rutschte ein oder zwei Mal unruhig hin und her und fing sogleich Avrams warnenden Blick auf. Dieser schien die Suche zu seiner eigenen Sache gemacht zu haben, als sei es für ihn ebenso wichtig wie für Pitt, die Wahrheit über Lovats Dienstzeit zu erfahren. Pitt fragte sich, ob der Grund dafür eine dem Mann wesenseigene Neugier war, eine intellektuelle Freude, mittels seiner

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