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Die Frau aus Alexandria

Die Frau aus Alexandria

Titel: Die Frau aus Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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ihren Henkeln aufgehängte große Kochgefäße, und am Boden standen in einer Ecke Krüge, die verschiedene Arten von Essig, Öl und möglicherweise Kochwein enthalten mochten.
    »Ich heiß’ Dorothy«, erklärte die andere. »Meine Mama hat mich Dora gerufen, aber hier sag’n alle Dottie. Das stört mich aber nich weiter. Zu wem willst du denn?«
    Gracie öffnete und schloss die Augen, als müsse sie gegen ihre Tränen kämpfen. Sie konnte unmöglich sofort den Namen Martin Garvie nennen, sonst würde man ihr rundheraus mitteilen, er sei nicht da, und sie fortschicken. Das brächte sie keinen Schritt weiter. Vielleicht war hier ein wenig Schauspielerei am Platze. »Es geht um meine Freundin Tilda«, sagte sie. »Die is schwer krank un hat sons kein’ Mensch’n. Von ihrer ganz’n Verwandtschaft lebt nur noch der Bruder, un dem muss ich das sag’n, bevor ...« Sie hielt inne. Sie wollte nicht so weit gehen zu behaupten, dass Tilda im Sterben liege, solange es nicht unerlässlich war, aber sie hatte nichts dagegen, wenn man ihre Worte so auslegte. Wo es keine andere Möglichkeit gab, waren alle Mittel erlaubt!
    Im Stillen hoffte sie, Tilda möge, als sie sich dort nach Martin erkundigt hatte, so elend ausgesehen haben, dass ihre schwere Krankheit glaubwürdig war.
    »Ach je«, sagte Dottie voll Mitgefühl. »Wie schrecklich!«
    »Ich muss es ihm unbedingt sag’n«, wiederholte Gracie. »Die beid’n haben nur noch sich. Bestimmt nimmt ’n das schrecklich mit ...« Sie überließ es der Vorstellungskraft der anderen, sich das Bild auszumalen.
    »Is ja klar«, gab ihr Dottie Recht und ging die Stufen zur Küche empor, von wo aus Wärme und angenehme Gerüche zu ihnen herübergeweht waren. »Komm mit und trink ’n Schluck Tee. Du siehs ja ganz mitgenommen aus.«
    »Danke«, nahm Gracie die Einladung an. »Herzlichen Dank.« Zwar fror sie nicht – der Tag war herrlich, und sie war kräftig ausgeschritten  –, aber die Angst, die in ihr aufgestiegen war, ließ sie wohl so verkrampft aussehen, als wenn ihr kalt wäre. Sie hatte ins Haus gelangen wollen, um sich ein Bild machen zu können, und der erste Schritt dazu war getan. Sie folgte Dottie die hölzernen Stufen empor in eine große Küche. Ein Trockengestell war hoch an die Decke gezogen, an dem zur Zeit lediglich Geschirrtücher und mehrere Büschel getrockneter Kräuter hingen. Schimmerndes Kupfergeschirr an den Wänden verbreitete einen warmen Glanz.
    Die rundliche Köchin, die wohl gern probierte, was sie zubereitete, brummte etwas vor sich hin, während sie in einer außen braun und innen weiß glasierten Steingutschüssel einen Teig rührte. Sie hob den Blick, als Gracie ängstlich eintrat.
    »Was ha’m wir denn da?«, fragte sie und sah sie mit ihren Knopfaugen an. »Wir brauchen keine Haushaltshilfe, un wenn aber doch, kümmern wir uns da selber drum. Du siehs j a aus wie ’n Strich in der Landschaft. Kriegst du eigentlich nix zu ess’n?«
    Rasch schluckte Gracie die schlagfertige freche Erwiderung herunter, die ihr schon auf der Zunge lag – für diesen Akt der Selbstverleugnung würde Tilda ihr noch etwas schulden!
    »Ich such keine Arbeit, Ma’am«, sagte sie respektvoll. »Ich hab ’ne gute Stellung als Dienstmädchen bei Herrschaft’n in der Keppel Street und kümmer mich da um das and’re Personal un zwei Kinder.« Zwar übertrieb sie damit, denn lediglich der Frau, die zum Putzen ins Haus kam, durfte sie Anweisungen erteilen, doch empfand sie das nicht als wirkliche Lüge. Befriedigt sah sie, wie der
Ausdruck von Ungläubigkeit auf das Mondgesicht der Köchin trat. »Ich bring nur ’ne Nachricht«, sagte sie rasch.
    »’ne Freundin von ihr liegt im Sterben, Mrs Culpepper«, fügte Dottie hilfsbereit hinzu. »Gracie will das dem Bruder sagen.«
    »Im Sterben?«, entfuhr es der Köchin. Man konnte deutlich sehen, dass sie nicht von ferne an dergleichen gedacht hatte und es auch nicht wirklich glaubte. »Was hat se denn?«
    Auf diese Frage war Gracie vorbereitet. »Rheumatisches Fieber«, sagte sie, ohne zu zögern. »Es geht ihr entsetzlich schlecht.« Es fiel ihr nicht schwer, die wirkliche Angst um Martin, die tief in ihr nagte, zu zeigen, sodass sie ganz gequält wirkte.
    Diesen Ausdruck musste die Köchin erkannt haben. »Wie schrecklich«, sagte sie, und es kam Gracie so vor, als liege echtes Mitgefühl auf ihren Zügen. »Was willste dann hier? Steh nich rum, Dottie! Hol der Kleinen ’ne Tasse Tee!« Dann sah sie wieder zu

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