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Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Titel: Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Sandmann
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und ließ sich in den geschlossenen Polizeikraftwagen
     befördern, wo die beiden höheren Beamten links und rechts von ihr Platz nahmen. Der Wachmann setzte sich vorne neben den Chauffeur.
     Mit gewaltigem Lärm, Rütteln, Stoßen und Bocken setzte sich das Fahrzeug in Gang, schob die drängenden Menschen links und
     rechts zur Seite wie ein Schiff, das sich durch eine unruhige See kämpft.
    Dieser erbärmliche Schuft von einem Kriminalpolizeiinspektor! Sie wusste genau, warum er sie verhaftet hatte. Vor einem halben
     Jahr hatte er ihr einen unzweideutigen Antrag gemacht, den sie empört zurückgewiesen hatte. Und nicht nur das, sie war zu
     Raoul gegangen und hatte ihn davon in Kenntnis gesetzt. Inspektor Trattenbach hatte ihr nie verziehen,dass er nach der Beschwerde des erzürnten Apothekers bei der anstehenden Beförderung übergangen worden war.
    Louise starrte durchs Fensterglas, als hätte sie ihre Umgebung nie zuvor gesehen. Die ganze Situation erschien ihr so vollkommen
     unwirklich wie die Filme in den neuen Lichtspieltheatern. Sie sah sich selbst als eine der herumzappelnden Figuren in diesen
     Filmen, und es war ihr, als könnte der Film jeden Augenblick rückwärtslaufen und sie wieder zurück an den Frühstückstisch
     befördern, eine Minute, ehe sie Frederick nach ihrem Gatten schickte.
    Als das Gefährt schließlich hielt und Trattenbach sie zum Aussteigen aufforderte, fand sie sich am Tor des Untersuchungsgefängnisses
     am Holstenglacis, das mitten in der Stadt und zugleich mitten im Zoologischen Garten lag. Von diesem herrlichen Park war jetzt
     freilich nichts zu sehen außer den kahlen, zausigen Wipfeln der Bäume. Später wurde Louise in eine Zelle geschoben, die außer
     einer Pritsche, einem Tisch und zwei Stühlen weiter kein Mobiliar enthielt.
    Trattenbach schloss die Tür hinter sich. Bedächtig zog er ein Zigarettenetui hervor, zündete eine Zigarette an und blies den
     Rauch Louise entgegen, die sich so weit wie möglich vor ihm zurückgezogen hatte. Bewegungslos kauerte sie auf einem der hölzernen
     Stühle.
    »Nun, kleine Frau?«, sagte er. »Jetzt sind wir schon viel weniger hochmütig, nicht wahr?«
    Louise war es, als greife jemand hinter ihre Rippen und presste ihr das Herz zusammen. Sie konnte kaum noch atmen, geschweige
     denn sprechen. Der entsetzliche Gedanke stieg in ihr auf, dass dieser Mann imstande war, ihr Gewalt anzutun.
    Er grinste hämisch, als er ihre Furcht sah. »Ihr Fall wurde mir übertragen, Frau Paquin«, sagte er. »Und Sie werden verstehen,
     dass ich Sie hier sitzen lassen kann, bis Sie entweder gestehen oder
sich überlegen, ob Sie mir gegenüber nicht doch ein wenig freundlicher sein sollten. Denken Sie drüber nach.« Mit dieser Drohung
     verließ er sie.
    Louise blieb allein zurück, am ganzen Leib zitternd vor Schrecken und Abscheu.
    Sie meinte in der üblen Luft der Zelle zu ersticken. War das denn möglich? Konnte man sie so einfach ins Zuchthaus, vielleicht
     sogar in den Tod schicken? Hatte dieser elende Lump wirklich die Macht, ihr das anzutun? Wie ein Messer drang es ihr durchs
     Herz, als ihr bewusst wurde, dass sie eine Frau ohne Freunde war. Ihre Eltern und Verwandten hatte 1892 die Cholera dahingerafft,
     und die Familie ihres Gatten hatte sie von Anfang an nicht ausstehen können: Aschenputtel aus dem Waisenhaus, das von Rechts
     wegen den Ofen heizen und die Fliesen scheuern sollte, anstatt die vornehme Dame zu spielen! Rothaarige Hexe, die den verliebten
     alten Narren erst verführt und dann umgebracht hat! Wer konnte ihr jetzt noch beistehen? Wem konnte sie vertrauen? Der Geschäftsführer
     der Apotheke, Sigmund Schlesinger, war ein treuer Angestellter, aber außerhalb der Apotheke völlig nutzlos. Abbé Maxiant fiel
     ihr ein, der Beichtvater ihres Mannes. Der war moralisch sicher untadelig, aber ein zerfahrener, unsicherer alter Herr, absolut
     unbrauchbar in einer Krisensituation. Und von all den Prominenten, mit denen Raoul geschäftlich verkehrt hatte, hatte er sie
     immer ferngehalten, überzeugt, dass Gespräche über Geschäfte und Politik ohnehin über ihren Verstand gingen. Selbst wenn er
     das nicht getan hätte: Welcher Schiffseigner, Senator oder Großkaufmann würde sich den Bitten der Frau öffnen, die im Verdacht
     stand, einen Geschäftsfreund ermordet zu haben?
    Sie war wieder so verlassen, so hilflos wie damals, als mansie durchs Tor des Waisenhauses geschoben hatte, ein verstörtes kleines Mädchen, das man vom

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