Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau des Diplomaten (German Edition)

Die Frau des Diplomaten (German Edition)

Titel: Die Frau des Diplomaten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
Vom Netzwerk:
Jahren war ich auch verliebt, und wir wollten heiraten, doch mein Vater war strikt dagegen. Er drohte damit, mich zu enterben, sollte ich den Mann heiraten, der als unser Butler angestellt war.“
    „Charles?“, frage ich überrascht. Mir war seit einiger Zeit klar, dass das Verhältnis zwischen den beiden nicht nur rein professionell ist. Aber ich hatte keine Ahnung, dass ihre gemeinsame Vergangenheit so weit zurückreicht.
    „Mein Vater kündigte ihm die Anstellung“, fährt sie nickend fort. „Charles flehte mich an, ich solle meine Familie verlassen und mit ihm zusammenleben. Aber vor einem solchen Schritt fürchtete ich mich einfach zu sehr. Also ging er weg und heiratete eine andere Frau, mit der er mehrere Kinder hatte. Ich dagegen blieb allein. Viele Jahre nach dem Tod seiner Frau kehrte er zu mir zurück. Mein Vater lebte schon lange nicht mehr. Geheiratet haben wir nicht mehr, zum einen wäre es für seine Kinder zu schmerzhaft gewesen, zum anderen brauchen wir keinen Trauschein als Beweis für unsere Liebe. Wir sind glücklich. Aber wenn ich an all die verlorenen Jahre denke, an die Familie, die wir hätten haben können … Ich weiß nicht, Marta, ich kann dir nicht vorschreiben, was du tun sollst. Du führst ein gutes Leben in geordneten Verhältnissen, doch eine zweite Chance bekommt man nur sehr selten.“
    Minutenlang sitzen wir schweigend da, bis die Uhr im Salon zu schlagen beginnt. „Sieben Uhr?“, wundert sich Delia. „Ich wusste gar nicht, dass es bereits so spät ist.“
    „Du solltest dich besser auf den Heimweg machen“, sage ich. „Charles wird sicher in Sorge um dich sein.“
    Delia erwidert nichts, sondern geht in den Flur und zieht den Mantel an. Ich folge ihr. Einen Moment lang fürchte ich, sie könnte wegen meiner Gefühle für Paul wütend auf mich sein. Doch dann merke ich ihr an, dass sie sich in ihren Erinnerungen an frühere Zeiten verloren hat. „Delia?“ Sie dreht sich zu mir um. „Danke für dein Verständnis.“
    Sie lächelt mir zu. „Gute Nacht. Und bis morgen.“
    Nachdem sie die Tür hinter sich zugezogen hat, sitze ich eine Weile da und denke nach. Delias Worte gehen mir durch den Kopf – eine zweite Chance … Ich denke an Paul und mich in diesem Keller in Berlin, wie wir uns aneinanderklammerten, und sofort erwacht die Sehnsucht in mir. Doch diesmal wird sie nicht von Schuldgefühlen begleitet. Das Geschehene löst keine Reue in mir aus. Was für eine Frau bin ich, dass ich meinen Ehemann betrüge und mich nicht einmal schuldig fühle?
    Es war nur ein Augenblick, rede ich mir ein. Zwei Menschen, die ihre Erinnerungen aufleben ließen. Aber noch während ich das denke, weiß ich, dass es nicht wahr ist. Unsere Gefühle füreinander sind so lebendig wie vor zwei Jahren. Und nun ist Paul genauso plötzlich wie vor zwei Jahren aus meinem Leben verschwunden. Im Geiste höre ich seine Stimme, und wieder wird mein Verlangen wach. Wie soll ich es ertragen, von ihm getrennt zu sein? Ich starre das Telefon an und kämpfe gegen den dringenden Wunsch an, nach dem Hörer zu greifen und seine Nummer zu wählen. Aber was könnte ich ihm schon sagen, das den Dingen eine Wendung geben würde?
    Ein Geräusch an der Tür holt mich aus meinen Gedanken. „Hallo?“
    Simon. Ich wische mit dem Ärmel über meine Augen und streiche mein Haar zurecht. „Ich bin hier“, rufe ich.
    „Hallo, Schatz. Wie war dein Tag?“ Ein schwacher Hauch nach Klee kitzelt mich in der Nase, als er sich vorbeugt, um mir einen Kuss zu geben.
    „Gut, und deiner?“ Es ist unser allabendliches Ritual, und doch kommt es mir vor, als wäre heute irgendetwas anders als sonst. Sein Anzug, der normalerweise noch nach Feierabend wie frisch gebügelt aussieht, ist auffallend zerknittert. Und sein schütteres Haar wirkt zerzaust. Im Bus muss es voller als üblich gewesen sein.
    „Anstrengend.“ Er hält die Aktentasche hoch. „Ich muss mir heute Abend noch bergeweise Unterlagen ansehen. Am besten fange ich gleich damit an.“
    „Der Braten steht im Ofen. Wenn du Hunger hast, kann ich dir etwas fertig machen“, biete ich ihm an, aber er schüttelt den Kopf.
    „Nein, ich habe einfach zu viel zu tun. Außerdem habe ich bei einer Besprechung einen Happen essen können. Aber es wäre schön, wenn du mir eine Portion für später hinstellen könntest.“ Ehe ich noch etwas sagen kann, ist er auch schon die Treppe hinaufgegangen. Erleichtert atme ich auf. Vor meiner Reise habe ich mir oft gewünscht, Simon

Weitere Kostenlose Bücher