Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau des Diplomaten (German Edition)

Die Frau des Diplomaten (German Edition)

Titel: Die Frau des Diplomaten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
Vom Netzwerk:
ich bei der Telefongesellschaft nachfragen.“
    „Und du, junge Lady, nimmst jetzt ein Bad“, erklärt Delia und nimmt mir Rachel ab. „Im Ofen steht ein Braten“, ruft sie mir noch zu und geht dann nach oben. „Wenn ich sie ins Bett gebracht habe, mache ich dir einen Teller fertig.“
    Ich will erwidern, dass das nicht nötig ist, doch sie hat bereits den Kopf der Treppe erreicht. Ich schaue wieder ins Kaminfeuer, sehe aber nach wie vor das Gesicht meiner Tochter vor mir. Seit meiner Rückkehr erinnert sie mich mehr als je zuvor an Paul. Plötzlich sehe ich ihn wieder vor mir, wie sie ihn zum Krankenwagen tragen. Wie blass er doch war. Vor ein paar Tagen hat mich Simon nebenbei wissen lassen, dass er etwas über den Amerikaner gehört habe. „Er hat die Operation gut überstanden und erholt sich in diesem Militärkrankenhaus.“ Ich konnte meine Erleichterung nur mit Mühe verbergen. „Sobald er transportfähig ist, werden sie ihn in die Staaten bringen“, fügte er hinzu. Ich überlegte, ob das wohl stimmte. Paul selbst hatte mir erzählt, dass er nie in die Staaten reist. Sicher würde er bald einen neuen Auftrag übernehmen. Ein Stich ging mir durchs Herz, als ich daran dachte, dass er England verlassen würde. „Wenn du eine Karte schicken willst, dann kann ich dir die Adresse geben, unter der er zu erreichen ist“, bot Simon mir noch an.
    „Ich bin mir sicher, dass das Ministerium ihn mit Dank überschüttet hat“, gab ich zurück. Was sollte ich ihm auch schreiben? Dass ich seit meiner Rückkehr aus Deutschland nur noch an ihn denke? Dass ich von ihm träume, sobald ich mich schlafen lege? Die Wahrheit kann ich nicht aussprechen, und alles andere wäre eine Lüge. Nein, ein Brief von mir würde ihn nur an das erinnern, was niemals sein kann.
    Wieder klingelt das Telefon und reißt mich aus meinen Gedanken. „Ich gehe schon!“, rufe ich Delia zu und stehe auf. Als ich den Hörer abnehme und mich mit „Hallo“ melde, herrscht Stille. Ich muss an die beiden Anrufe denken, von denen Delia sprach. Falsch verbunden? Oder ist die Leitung gestört? Aber dann höre ich am anderen Ende der Leitung jemanden atmen. Die Art, wie dieser unbekannte Anrufer atmet, hat etwas seltsam Vertrautes, und mein Herz setzt einen Schlag lang aus. „Paul?“, flüstere ich.
    „Ich bin ein Idiot. Ich benehme mich wie ein verliebter Idiot.“
    Beim Klang seiner Stimme erfüllt mich eine wohlige Wärme. Ich muss schlucken und mich zum Atmen zwingen. „Wie geht es dir?“
    „Gut“, erwidert er rasch. „Ich habe schon mal angerufen, aber da meldete sich eine fremde Frau, und ich habe wieder aufgelegt.“
    „Das war Delia.“
    „Ja, das dachte ich mir. Als du eben abgenommen hast, da hat mich beinahe der Mut verlassen. Ich weiß, ich sollte dich nicht anrufen, aber ich kann einfach nicht anders.“ Er macht eine kurze Pause. „Ich musste deine Stimme hören.“
    Ich lege die Hand um die Sprechmuschel. „Mir geht es nicht anders“, wispere ich, wobei mir fast die Stimme versagt und ich mich räuspern muss. „Ich dachte, du bist noch im Krankenhaus.“
    „Das ist die offizielle Version. Wir haben das verlauten lassen, weil …“ Er unterbricht sich. Hat er Angst, am Telefon frei zu reden? Oder fürchtet er, er könnte mir zu viel verraten? In Deutschland waren wir ein Team. Aber jetzt, da jeder von uns wieder in seiner eigenen Welt ist, gibt es Dinge, die nicht ausgesprochen werden dürfen.
    „Ich bin froh, dass es dir gut geht“, sage ich.
    „Es geht mir nicht gut“, entgegnet er. „Ich meine, körperlich bin ich fast wieder der Alte, aber … ich muss immerzu an uns denken … und an …“ Wieder bleibt sein Satz unvollendet.
    „Ich auch.“ Ich muss an diesen Keller in Berlin denken. Der Gedanke nimmt ein jähes Ende, als mir einfällt, dass Delia und Rachel im Stockwerk über mir sind und dass Simon jeden Moment nach Hause kommen kann. „Aber das können wir nicht machen, Paul.“
    „Ich weiß, und es tut mir leid“, pflichtet er mir mit erstickter Stimme bei. „Leb wohl, Marta.“
    „Paul, warte …“ Ich höre ein Klicken, dann ist die Leitung tot. Sekundenlang starre ich den Hörer an. Paul hat angerufen. Er hat mich nicht vergessen. Tränen steigen mir in die Augen. Spontan rufe ich die Vermittlung an. „Könnten Sie mir bitte die Nummer des letzten Anrufers auf dieser Leitung geben?“, frage ich. Nach einer kurzen Pause gibt mir die Dame die Ziffern durch, die ich rasch auf einem Zettel

Weitere Kostenlose Bücher