Die Frau des Diplomaten (German Edition)
der blonde Mann den Kopf schüttelt. Mit enttäuschter Miene kehrt Paul zu mir zurück. „Nichts zu machen.“
„Ich verstehe nicht.“
„Ich dachte, mein Kumpel Mickey könnte bei deinem Visum behilflich sein. Er hat schon ein paar Leuten geholfen.“ Da ich ihn bei diesem Lärm nur mit Mühe verstehen kann, beuge ich mich ein Stück vor, gleichzeitig kommt er mir entgegen, sodass sich unsere Wangen leicht berühren. Jetzt rieche ich wieder diesen vertrauten Duft nach Kiefern, unter den sich Seife und Pfefferminz mischen. „Er hat ein Mädchen in der britischen Botschaft, das was für ihn übrig hat. Hatte , sollte ich besser sagen. Wie es aussieht, will sie nichts mehr von ihm wissen. Tut mir leid, Marta.“
„Danke, dass du es versucht hast“, erwidere ich und versuche, meine Enttäuschung im Zaum zu halten.
Paul sieht mich an, dann presst er entschlossen die Lippen zusammen. „So leicht geben wir nicht auf.“ Ohne ein weiteres Wort fasst er meinen Unterarm und führt mich zur Tür. Ich versuche, mir den wohligen Schauer nicht anmerken zu lassen, den seine Berührung in mir auslöst.
„Wohin gehen wir?“, will ich wissen.
„Zurück zur Botschaft.“
Ich will ihm sagen, dass das ein sinnloses Unterfangen ist und dass mir niemand dort helfen wird. Stattdessen bemerke ich: „Ich hätte nicht gedacht, dass du in Paris sein würdest. Jedenfalls nicht so bald.“
„Ich auch nicht“, antwortet er. „Kurz nachdem wir das Lager verlassen hatten, gab die Achse wieder mal den Geist auf. Anstatt uns auf die anderen Transporter zu verteilen, haben sie uns einen Flug spendiert. Wir sind erst vor ein paar Stunden gelandet.“
An der britischen Botschaft angekommen, muss ich mit Schrecken feststellen, dass die Warteschlange noch immer unverändert lang ist. „Du musst nicht …“, setze ich zum Reden an, aber Paul führt mich an der Schlange vorbei bis nach vorn zur Treppe. Ich spüre die Blicke der Wartenden, die sich fragen, wer ich wohl sein mag, dass ich eine solche Sonderbehandlung erfahre.
„Bei wem warst du?“, fragt er, als wir den überfüllten Schalterraum betreten.
„Bei der Frau“, sage ich und zeige auf den rechten Schalter.
„Wollen wir mal hoffen, dass das nicht Micks Mädchen ist“, murmelt er und lässt mich allein zurück. Als der Schalter frei wird, drängt sich Paul vor. Die Frau will protestieren, doch dann bemerkt sie seine Uniform. Ehe sie etwas sagen kann, holt er mein Visum heraus und schiebt es ihr unter der Trennscheibe durch. Er beginnt zu reden, zwischendurch zeigt er auf mich, aber ich kann kein Wort verstehen. Die Frau sieht über seine Schulter zu mir, offenbar erkennt sie mich nicht wieder. Ich war nur eine unter Vielen. Sie wird seinen Wunsch ablehnen, wird mir in diesem Moment bewusst. Nicht mal Paul kann mir aus dieser Klemme helfen. Aber dann notiert sie etwas auf dem Dokument, stempelt es ab und gibt es ihm zurück.
„Was ist passiert?“, frage ich, als er zu mir zurückkommt.
„Bitte sehr, Mylady“, entgegnet er und überreicht mir das Visum. Das ursprüngliche Datum ist durchgestrichen und durch das morgige ersetzt. Ein Stempelaufdruck. Mehr war nicht nötig, um meinem neuen Leben eine Chance zu geben.
„Sie wollte es nur bis morgen verlängern, deshalb musst du dich gleich morgen früh auf den Weg machen.“
„Tatsächlich?“ Erleichterung überwältigt mich, ich mache einen Freudenhüpfer und schlinge meine Arme um Pauls Hals. „Danke!“
Er legt seinerseits die Arme um mich, und für einen kurzen Moment kommt es mir so vor, als wären wir wieder in Salzburg. Dann höre ich jemanden aus der Warteschlange hinter uns in die Hände klatschen, und mein Verstand meldet sich zurück. Wir sind nicht in Salzburg. Als mir wieder einfällt, dass Paul mit dieser schönen Französin an einem Tisch gesessen hat, muss ich mich räuspern. „Wir sollten jetzt gehen.“
Verwirrt mustert er mich, sagt dann aber: „Okay.“ Ich falte das Dokument sorgfältig zusammen und stecke es in meine Tasche, während ich Paul nach draußen folge. „Dann können wir jetzt zum Hotel gehen und deine Fahrkarten besorgen …“, beginnt er, als wir auf die Straße hinaustreten.
„Das ist nicht nötig“, unterbreche ich ihn. „Ich weiß deine Hilfe wirklich zu schätzen, aber du hast bestimmt etwas Besseres vor.“
„Etwas Besseres?“, wiederholt er ratlos.
„Ja.“ Ich muss schlucken, erst dann fahre ich fort: „Deine Freunde aus dem Café werden sich bestimmt
Weitere Kostenlose Bücher