Die Frau des Diplomaten (German Edition)
du bist verärgert, aber ich brauche wirklich deine Hilfe.“
Seine Miene wurde tatsächlich etwas sanfter. „Darin befindet sich eine Liste mit wichtigen Kontaktdaten für Marcelitis, falls er einverstanden sein sollte, mit uns zu kooperieren“, erklärte er. „Männer, die für uns arbeiten. In der Tschechoslowakei, Ungarn, Polen und Deutschland.“
„Der Minister war tatsächlich damit einverstanden, diese Namen herauszugeben?“
„Du hast gesagt, wir müssen ihm etwas bieten, um sein Vertrauen zu gewinnen. Das ist es, was wir ihm bieten. Mit der Liste wird Marcelitis in der Lage sein, sein Netzwerk zu festigen. Ich muss dir ja nicht erst erklären, wie wertvoll diese Angaben sind und was einige unserer Feinde dafür tun würden.“ Ich nickte und war sprachlos. Mir war wirklich nicht klar, dass ich solch wichtige Informationen mit mir herumtragen würde. „Außerdem befindet sich die Zugangsnummer zu dem Schweizer Konto in dem Umschlag. Ein halbe Million US-Dollar. Wir könnten uns mit dem Geld absetzen“, fügte er mit einem schiefen Lächeln hinzu, sodass ich für einen kurzen Moment überlegte, ob er das vielleicht ernst meinte. „Natürlich bekommt er das alles nur, wenn er den Dechiffrierer aushändigt.“
„Ja, natürlich.“ Ich hielt den Umschlag hoch. „Darf ich?“ Simon nickte, und ich holte einen Brief an einen gewissen Onkel George heraus, in dem der Verfasser von seinen Urlaubserlebnissen erzählt. „Was soll das?“
„Die Liste ist verschlüsselt“, erklärte Simon.
„Kennt Marcelitis den Code?“
Simon schüttelte den Kopf. „Nein, dafür muss er zur Botschaft kommen und sich mit einem gewissen George Lindt treffen. George ist Mitarbeiter des Geheimdienstes, er wird ihm den Code geben. Damit stellen wir sicher, dass Marcelitis wirklich mit uns kooperieren wird.“ Ich überlegte, ob Marcelitis uns genug vertrauen würde, um sich darauf einzulassen. „Und das ist von mir.“ Mit diesen Worten zog er eine winzige Pistole aus seiner Tasche.
Ich zuckte zurück. „Ich … ich weiß nicht …“
„Erzähl mir nicht, dass du nicht weißt, wie man damit umgeht“, schnitt er mir das Wort ab. Sein Tonfall verriet, dass er nicht viel Geduld mit mir aufzubringen gedachte.
Aber mein Zögern war durchaus ernst gemeint. Als ich das letzte Mal eine Waffe hielt, starb ein Mensch durch meine Hand. Kommandant Richwalder. „Die … die kann ich nicht nehmen.“
„Ich bezweifle, dass es einen Anlass geben wird, sie zu benutzen“, erwiderte Simon gelassen. „Aber ich würde mich wohler fühlen, wenn du sie bei dir hast.“ Widerwillig nahm ich die Waffe an mich. Das war wohl seine Art, seine Sorge um mich auszudrücken. „Ich wünschte immer noch, du würdest es dir anders überlegen“, fügte er hinzu.
„Simon, wir haben das ausgiebig besprochen, du weißt, warum ich das tue.“ Ich ging einen Schritt auf ihn zu, ich wollte, dass er meine Beweggründe verstand. Aber bevor ich etwas sagen konnte, drehte er sich weg und verließ das Zimmer.
Ich sehe zur Treppe und wünschte, er würde doch noch nach unten kommen und sich von mir verabschieden. Mir ist klar, dass meine Entscheidung ihn sehr verärgert hat. Doch ich bin mir nicht sicher, ob er tatsächlich nur um mein Wohl besorgt ist, oder ob da womöglich Eifersucht im Spiel ist, weil ich einen Beitrag leiste, den er nicht leisten kann.
Ein letztes Mal sehe ich mich um, dann nehme ich den Koffer, öffne die Haustür und gehe nach draußen. Es ist frisch, und ich ziehe den Mantel zu, um mich vor der herbstlichen Luft zu schützen. Die kargen Äste eines Baums kratzen im Wind an der Hausfassade. Mir fällt auf, dass die Farbe vom Türrahmen abblättert. Ich hatte mich eigentlich darum kümmern wollen, bevor die kalte Jahreszeit anbricht.
Hinter mir knarrt ein Dielenbrett, und als ich mich umsehe, entdecke ich Simons Silhouette im Türrahmen. Er trägt einen Morgenmantel über seinem Schlafanzug. „Simon …“
„Die hast du vergessen.“ Er hält mir ein Paar graue Wollhandschuhe hin. „Es soll dort erheblich kälter sein als bei uns.“
„Danke.“ Ich nehme die Handschuhe an mich und fühle mich von seiner Sorge gerührt. Ich hatte bereits vergessen, wie bitterkalt es im Osten sein kann, und wie schnell und heftig manchmal der Schnee einsetzt. Erst jetzt wird mir so richtig bewusst, worauf ich mich einlasse. „Simon, ich …“
„Wenn Delia heute kommt, werde ich sie wissen lassen, dass du für ein paar Tage fort bist,
Weitere Kostenlose Bücher