Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Sie merkte, dass sie nicht nur Hermut, sondern auch sich selbst die Sorge nehmen wollte. »Nur in der Einigkeit können die
     Germanen stark sein, das wissen alle«, bekräftigte sie.
    Hermut nickte. »Es ist bald geschafft. Arminius’ Krieger werden immer mehr, das germanische Heer wächst heimlich und unbemerkt
     heran.«
    Nun konnte sie Hermuts Gesicht erkennen. Der Punkt am Horizont, an dem die Sonne aufgehen würde, war bereits zu erkennen.
     Er schwoll an, ein schwacher Glanz entstand dort, der schnell heranwachsen und für Helligkeit sorgen würde, noch ehe die Sonne
     aufging. Er spiegelte sich bereits auf Hermuts Gesicht.
    |229| »Tiberius hat die Zwietracht unter den germanischen Stämmen oft als seine beste Verbündete bezeichnet«, fuhr Hermut fort.
     »Er wird sich wundern, wenn er merkt, dass es damit vorbei ist!«
    »Auch er hat nichts davon mitbekommen, dass die Stämme vereint sind?« Thusnelda zögerte, dann wandte sie sich Hermut zu. »Ist
     das sicher?«
    Er sah sie immer noch nicht an, aber es schien, als sei er nun bereit, den Abstand zwischen ihnen zu verringern. »Wenn Tiberius
     oder Varus etwas witterten, dann hätten sie längst reagiert.«
    »Ich bin stolz darauf, dass Arminius es geschafft hat, die Stammesstreitigkeiten endlich zu beenden. Er ist ein guter Stratege.«
    »Ein schlauer Fuchs«, bestätigte Hermut lächelnd. »Aber er hatte auch Glück. Varus hat ihm quasi geholfen, ohne es zu ahnen.
     Immer neue Steuern hat er erfunden und sich immer neue Feinde geschaffen. Der Hass gegen Varus, das ist die Einigkeit der
     Stämme! Und dann der harte Winter! Die römischen Streifen, die überall patrouillieren, konnten nur selten ausreiten. Und wenn,
     dann haben sie wenig gesehen, weil sie ihre Gesichter dick vermummt haben zum Schutz gegen die Kälte und das Schneegestöber.
     Beides sind die Römer nicht gewöhnt.« Er lachte, um Thusnelda zu zeigen, wie sicher er war, dass Arminius nichts zustoßen
     konnte. Er lachte noch einmal, aber in Thusneldas Gesicht zeigte sich trotzdem keine Zuversicht.
    »Ich habe Angst, Hermut«, flüsterte sie, ohne ihn anzusehen. »Ich glaube, Arminius hat einen Fehler gemacht.«
    Nun ließ Hermut sich ebenfalls auf der Burgmauer nieder. Den Abstand von ungefähr drei Schritten hielt er jedoch auch jetzt
     ein. »Gibt es etwas, was ich nicht weiß?«
    Thusnelda nickte. »Flavus wollte Arminius warnen. Aber nur unter vier Augen.«
    Hermut sah sie verständnislos an. »Und?«
    »Arminius wollte mich nicht fortschicken, obwohl Flavus es verlangt hat.«
    Hermuts Blick war noch immer fragend. Dann plötzlich erhob er sich. Obwohl er ihr den Rücken zuwandte, wusste sie, |230| welche Miene er trug. Hermut hatte genauso wenig Verständnis für Arminius’ Haltung wie Flavus. »Er hat auf eine Warnung verzichtet
     wegen … wegen …« Hermut suchte nach Worten, die Thusnelda nicht beleidigen konnten, aber anscheinend fand er keine. Kraftlos
     ließ er die Hände sinken und schüttelte den Kopf.
    Thusnelda erhob sich, griff nach seinen Schultern und drehte ihn zu sich herum. »Du findest auch, dass Frauen nichts von großen
     Problemen verstehen? Dass sie sich nur um die kleinen Probleme kümmern sollen?«
    Natürlich war Hermut dieser Ansicht, aber er hätte sich niemals erlaubt, sie zu äußern. Vorsichtig antwortete er: »Darauf
     kommt es nicht an. Worauf es ankommt, ist, ob Arminius in eine Falle getappt ist, weil er sich die Warnung seines Bruders
     nicht angehört hat.«
     
    Zu Tausenden strömten sie in das Stadion, in dem die Wagenrennen stattfinden sollten. An diesem Tag wurden sie mit besonderer
     Spannung erwartet, weil Naso, einer der erfolgreichsten Wagenlenker, um seine Freilassung kämpfte. Wenn er auch dieses Rennen
     gewann, konnte er den hundertsten Sieg feiern und würde fortan als freier Römer leben können. So war es Sitte, wenn der Wagenlenker
     dem Sklavenstand entstammte. Das war meistens der Fall, nur gelegentlich schafften es auch begabte junge Männer aus einfachen
     Verhältnissen, sich auf diese Weise einen Namen zu machen und zu Reichtum zu kommen. Nasos Herr hatte sich zwar großzügig
     gegeben, als er versprach, Naso aus dem Sklavenstand zu entlassen, aber natürlich wusste er, dass er beim Kaiser in Ungnade
     gefallen wäre, wenn er anders gehandelt hätte. Kaiser Augustus wusste um die Beliebtheit der Wagenrennen, und er förderte
     sie, weil sie seine eigene Beliebtheit steigerten. Außerdem scherte sich ein Volk, das sich

Weitere Kostenlose Bücher