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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Arminius’ Familie sich Stück für Stück von ihr entfernen.
    Das böse Omen! Wiete wurde nicht müde, darauf hinzuweisen, und auch Thordis ließ keine Gelegenheit aus, von der Strafe der
     Göttin zu sprechen, die Thusnelda getroffen hatte, weil sie ohne den Segen ihres Vaters in die Ehe gegangen war. Thusnelda
     selbst nannte es die Strafe ihres Vaters, der dafür gesorgt hatte, dass an ihrem Hochzeitstag Blut geflossen und der Kreis
     vorzeitig aufgebrochen worden war. Anscheinend aber hatte die Göttin den Plan ihres Vaters gutgeheißen. Das böse Omen erfüllte
     sich, als hätte die Göttin selbst es hervorgebracht.
    Die Windaugen der Teutoburg waren nicht verhängt worden, die Nacht war lau, niemand fror. Thusnelda konnte von ihrem Lager
     aus beobachten, wie der Himmel einen zarten, hellen Rand bekam. In der Nähe des Mondes war er noch tiefschwarz, doch hinter
     den Bäumen wurde er lichter, aus dem Schwarz wurde ein |227| tiefes Grau. Sie erhob sich, wickelte sich in ein großes Wolltuch, band die Haare im Nacken zusammen und verließ das Haus.
     Auf den höchsten Punkt der Burgmauer wollte sie sich setzen, um Arminius’ Rückkehr zu erwarten. Oder … die Reiter, die kamen,
     um ihr mitzuteilen, dass Arminius verraten worden war.
    Ihre knirschenden Schritte, die kleinen Steine, die sich unter ihren Füßen lösten und den Weg hinabrollten, das Flüstern der
     Büsche, wenn sie ihre Blätter streifte, das alles schien die Nacht nicht zu stören – sie war sowieso ohne Stille. In ihr wisperte,
     tuschelte und schnaufte es. Eine Frühlingsnacht eben! Sie erzählte vom vergangenen und vom kommenden Tag, nur Winternächte
     lagen starr und schweigend da wie tot.
    Die Bewohner der Teutoburg schliefen noch, dennoch wurde die Last der Einsamkeit von Thusnelda genommen, als sie nicht mehr
     in ihren eigenen vier Wänden, sondern Teil der Nacht geworden war. Plötzlich wog die Angst leichter, das Alleinsein tat ihr
     nun sogar gut. Es war schön, dem Morgen dabei zuzusehen, wie er erwachte. Als sie an der Burgmauer angekommen war, breitete
     sie die Arme aus, als könnte sie den Morgen an ihre Brust ziehen, wie sie es mit Arminius tat, der so gern in ihren Armen
     erwachte.
    Kurz darauf stellte sie fest, dass sie nicht die Einzige war, die ihr Lager verlassen hatte. Hermut tauchte hinter ihr auf.
     »Ihr könnt auch nicht schlafen?«
    Thusnelda schüttelte den Kopf. »Wie geht es Inaja?«
    »Sie schläft.«
    Sie betrachtete ihn von der Seite. Wie immer wich er ihrem Blick aus. Er starrte ins Dämmerlicht, um sie nicht ansehen zu
     müssen. Noch immer war es schwer, ihm zu zeigen, dass er für sie der beste Freund ihres Mannes war, der Mann, dem Arminius
     voll und ganz vertraute, dass es keine Rolle spielte, dass er ein einfacher Bauernsohn war. Nein, er wagte es nicht, der Gemahlin
     eines Fürsten näher als auf drei Schritte heranzukommen. Sie wollte ebenfalls mehr für ihn sein – nicht die Frau des obersten
     Cheruskers, sondern die Frau seines besten Freundes. |228| Aber Hermut sah in ihr doch immer und vor allen Dingen die Tochter und die Frau eines germanischen Fürsten. Die Freundschaft,
     die sie ihm anbot, wagte er nicht anzunehmen und ermahnte auch Inaja häufig, sich daran zu erinnern, dass sie nur eine Magd
     war, die ihrer Herrin zu dienen hatte und ihr nicht freundschaftlich verbunden sein konnte. Dass die Flucht und das Gemeinsame,
     was zu dieser Flucht geführt hatte, Thusnelda und Inaja verband, wollte Hermut nicht sehen.
    Natürlich wollte er sie nicht mit seinen Sorgen belasten, nicht mit ihr darüber sprechen, dass er Angst um Inaja hatte, und
     ihr nicht zeigen, wie unglücklich er über diese erneute Fehlgeburt war. Nein, Thusneldas Sorgen waren bedeutsamer, deswegen
     verband er sich mit ihnen, ließ seine eigenen hinter sich und erklärte die Unruhe, die ihn nach draußen getrieben hatte, mit
     der Angst, die auch Thusnelda erfüllte. Wie sie wollte er auf Arminius warten, damit er sicher sein konnte, dass das Thing
     gut verlaufen war.
    »Hoffentlich haben Arminius’ Onkel und Euer Vater nichts bemerkt«, sagte Hermut leise. »Beide würden nicht zögern, Arminius
     an Varus auszuliefern, wenn sie herausbekommen, was er vorhat.«
    Thusnelda nickte traurig. Dass ihr Vater den Mann, den sie liebte, schonen würde, daran glaubte auch sie nicht mehr. »Aber
     alle Stammesfürsten wissen, was auf dem Spiel steht. Keiner wird so dumm sein, Ingomar und meinem Vater etwas zu verraten.«
    

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